Entscheidungsstichwort (Thema)
Progressionsvorbehalt von ausländische Kapitaleinkünften bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Für die Anwendung des § 32b EStG im Zusammenhang mit Kapitaleinkünften bei Auslandssachverhalten ist maßgeblich, ob diese Kapitaleinkünfte bei Bestehen einer inländischen Steuerpflicht der Abgeltungssteuer unterlegen hätten.
2) Kapitaleinkünfte, die bei einem inländischen Sachverhalt der Abgeltungssteuer nach § 32d Abs. 1 Satz 1 oder § 43 Abs. 5 EStG unterliegen, unterliegen nicht dem Progressionsvorbehalt.
3) Einkünfte nach § 32d Abs. 1 EStG sind solche Kapitalerträge, die dem dort genannten Besteuerungsregime in Höhe von grundsätzlich 25% unterliegen.
Normenkette
EStG §§ 32b, 32d, 43, 2 Abs. 5b, § 1 Abs. 3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anwendung des Progressionsvorbehalts nach § 32b des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf in Österreich bezogene Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers in den Jahren 2011 bis 2013 (Streitzeitraum).
Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitzeitraum gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Bis zum Jahr 2008 wohnten die Kläger in Österreich. Im Jahr 2008 ist die Klägerin nach C. gezogen, wo sie seitdem und mittlerweile auch der Kläger lebt. Der Kläger besaß ausweislich der vom österreichischen Finanzamt T./E. ausgefüllten Bescheinigung EU/EWR vom 20.05.2014 im Streitzeitraum (weiterhin) einen Wohnsitz in Österreich, … in X., wo er auch lebte. Im Streitzeitraum unterhielten die Kläger eine Wirtschaftsgemeinschaft und lebten nicht dauerhaft getrennt.
Der Kläger bezog in Österreich Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die österreichische Kapitalertragsteuer gezahlt wurde. Ausweislich der Bescheinigung des österreichischen Finanzamts T./E. vom 30.10.2015 kam es zu keiner Steuerrückvergütung an den Kläger. Zudem bezog der Kläger im Streitzeitraum sonstige Einkünfte in Form einer Leibrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung. In den Einkommensteuererklärungen 2011-2013 beantragt der Kläger die Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG.
In der Einkommensteuererklärung 2011, die zunächst beim Finanzamt … aufgrund dessen zentraler Zuständigkeit für Rentenempfänger im Ausland abgegeben worden ist, erklärte der Kläger u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 13.299 EUR. Aus der beigefügten Ertragsaufstellung der Bank Austria vom 11.04.2014 ist ein österreichischer Kapitalertrag i.H.v. 9.733,20 EUR ersichtlich, auf den österreichische Kapitalertragsteuer i.H.v. 1.539,07 EUR gezahlt worden ist.
In der Einkommensteuererklärung 2012 erklärte der Kläger u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 15.101 EUR. Aus der beigefügten Ertragsaufstellung der Bank Austria vom 24.01.2014 ist ein österreichischer Kapitalertrag i.H.v. 14.750,47 EUR ersichtlich, auf den österreichische Kapitalertragsteuer i.H.v. 2.835,14 EUR gezahlt worden ist. Aus der beigefügten Steuerbescheinigung der Deutschen Bank vom 24.01.2013 ist ersichtlich, dass dem Kläger am 24.01.2013 ein deutscher Kapitalertrag i.H.v. 351 EUR zugeflossen ist, auf den deutsche Kapitalertragsteuer i.H.v. 87,75 EUR gezahlt worden ist.
In der Einkommensteuererklärung 2013 erklärte der Kläger u.a. Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers i.H.v. 16.510 EUR. Aus der beigefügten Ertragsaufstellung der Bank Austria vom 24.01.2014 ist ein österreichischer Kapitalertrag i.H.v. 14.515,05 EUR ersichtlich, auf den österreichische Kapitalertragsteuer i.H.v. 2.910,83 EUR gezahlt wurde. Aus den beigefügten Steuerbescheinigungen der … Volksbank vom 28.06.2013, der … Bank AG vom 31.12.2013 und der Deutschen Bank vom 16.05.2013 und 24.01.2013 ist ein deutscher Kapitalertrag des Klägers i.H.v. 1.995,54 EUR ersichtlich, auf den deutsche Kapitalertragsteuer i.H.v. 203,02 gezahlt wurde. Die Klägerin erklärte deutsche Kapitaleinkünfte i.H.v. 188,80 EUR, für die ausweislich aus der Steuerbescheinigung der J. AG vom 31.12.2013 der Sparerpauschbetrag in Anspruch genommen worden ist.
Am 19.12.2014 erließ der Beklagte die streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid 2011, 2012 und 2013. Hierin berücksichtigte der Beklagte im Rahmen des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG die österreichischen Einkünfte aus Kapitalvermögen des Klägers und setzte die Einkommensteuer für 2011 auf 3.397 EUR, für 2012 auf 1.332 EUR und für 2013 auf 363 EUR fest. Dabei ging er unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrages bei Zusammenveranlagung i.H.v. 1.602 EUR von einem Betrag für 2011 i.H.v. 11.697 EUR, für 2012 i.H.v. 13.499 EUR und für 2013 i.H.v. 15.096 EUR aus.
Die Kläger legten gegen die streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheide am 23.12.2014 Einspruch ein. Sie waren unter Bezugnahme auf das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 22.02.2014, 4 K 2001/13, EFG 2014, 766. im Wesentlichen der Auffassung, die österreichischen Zinsen seien nicht dem Progressionsvorbehalts zu unterwerfen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Einspruchsbegründungen verwi...