Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug von Kreditvermittlungsgebühren in voller Höhe als vorweggenommene Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften aus § 22 EStG
Leitsatz (amtlich)
1) Auch wenn nach dem Wortlaut eine Vorläufigkeit des Bescheides gemäß § 165 Abs. 1 AO nur zur Frage der Einkunftserzielungsabsicht aus sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG angeordnet wurde, ist eine Änderbarkeit nach § 165 Abs. 2 AO hinsichtlich der gesamten Einkünfte aus § 22 EStG gegeben.
2) Umfang der Vorläufigkeit richtet sich nach dem objektiven, aus Empfängersicht zu beurteilenden Erklärungswert der Vorläufigkeitsbestimmung.
3) Finanzierungsvermittlungskosten, die ausschließlich im Zusammenhang mit der Kreditvermittlung für die Refinanzierung einer Einmalzahlung für einen Rentenversicherungsbeitrag angefallen sind, sind nicht den Anschaffungskosten des Rentenstammrechts sondern in vollem Umfang dem Einkunftsbereich zuzuordnen und daher Werbungskosten.
Normenkette
AO 1977 § 165 Abs. 2; EStG § 9 Abs. 1, 1 Sätze 1-2, § 22 Nr. 1; AO 1977 § 165 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist verfahrensrechtlich, ob eine Steuerfestsetzung, die hinsichtlich bestimmter Punkte vorläufig ergangen ist und im Übrigen aber bestandskräftig geworden ist, zu ändern ist und materiellrechtlich, ob und in welcher Höhe als Kreditvermittlungskosten bezeichnete Aufwendungen vorweggenommene Werbungskosten einer Rente sind.
Die Kläger sind unbeschränkt steuerpflichtig und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr (1999) schlossen sie Verträge über eine so genannte „Kombi-Rente”. Dafür war an die Versicherungsgesellschaft eine Einmalzahlung in Höhe von 285.000,00 DM zu zahlen. Diese wurde über ein bei einer Bank aufgenommenes Darlehen mit einem Nennwert von 318.739,00 DM finanziert. Unter Berücksichtigung eines Disagios in Höhe von 31.873,00 DM kamen 286.866,00 DM zur Auszahlung. Ferner fiel eine Vermittlungsgebühr in Höhe von 19.124,00 DM an. Die Rente und die Finanzierung wurden über die Firma T vermittelt, die auch die streitige Vermittlungsgebühr erhielt. Nach einer schriftlichen Bestätigung der T fällt diese Vermittlungsgebühr nur an, wenn vom Steuerpflichtigen eine Finanzierung in Form eines Kredites gewünscht wird, nicht dagegen, wenn Eigenkapital eingesetzt wird. Provisionen für die Vermittlung der Versicherung werden von der Versicherungsgesellschaft direkt an die T gezahlt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Bestätigung vom 01.07.2002 verwiesen.
In der Einkommensteuererklärung für 1999 machten die Kläger im Rahmen sonstiger Einkünfte (Leibrenten) allein die Vermittlungsgebühren in Höhe von 19.124,00 DM (= 6 % des Darlehnsbetrages) als Werbungskosten geltend. Hierzu waren zwei Unterlagen eingereicht worden, und zwar eine Berechnung der T., überschrieben mit „Nachweis und Ermittlung der Gewinnerzielungsabsicht der Kombi-Rente”
sowie eine Kopie des Kreditvermittlungsvertrages mit der T. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Unterlagen verwiesen.
Der Beklagte entsprach diesem Begehren nicht. Im Wesentlichen unter Hinweis darauf, dass Modellanbieter nicht nur die Finanzierung vermittelten, sondern auch Versicherungsabschlüsse, beschränkte er den Werbungskostenabzug auf 6.375,00 DM (= 2 % des Darlehensbetrages). Dementsprechend wurde die Einkommensteuer für 1999 mit Bescheid vom 16.01.2001 anderweitig festgesetzt. Diese Festsetzung erging gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der „Überschussabsicht aus sonstigen Einkünften gemäß § 22 EStG” und hinsichtlich der „Anwendung des § 32 c EStG”, ansonsten aber endgültig. Ferner wurden in den Erläuterungen zu dieser Einkommensteuerfestsetzung zur Prüfung der Überschusserzielungsabsicht vier näher bezeichnete Unterlagen angefordert. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Angaben zur Einkommensteuererklärung 1999 und den Festsetzungsbescheid vom 16.01.2001 Bezug genommen. Diese Einkommensteuerfestsetzung wurde bestandskräftig.
Nach Einreichung der Unterlagen zur Prüfung der Überschusserzielungsabsicht (13.02.2001) beantragten die Kläger schließlich mit Schreiben vom 07.06.2001, die sonstigen Einkünfte des Klägers in der Weise zu korrigieren, dass die Vermittlungsprovision in voller Höhe (19.124,00 DM) steuermindernd berücksichtigt wird – das entspricht einem weiteren Werbungskostenabzug in Höhe von 12.749,00 DM. Der Beklagte lehnte diesen Änderungsantrag mit Bescheid vom 29.06.2001 ab. Das hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren war erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 21.08.2001).
Im Rahmen der sich anschließenden Klage berücksichtigte der Beklagte unter Hinweis auf die Änderungsvorschrift des § 165 Abs. 2 AO weitere, erstmalig geltend gemachte vorweggenommene Werbungskosten in Höhe von insgesamt 31.923,00 DM (= Disagio von 31.873,00 DM + Kontokosten von 50 DM) bei den sonstigen Einkünften des Klägers durch Änderungsbescheid vom 31.01.2002, der gemäß § 68 FGO Gegenstand des Verfahrens ist. Dieser Bescheid ist hinsichtlich der ...