Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Bemessungsgrundlage für Wärmelieferungen; Frage der Unentgeltlichkeit; Wärme als Liefergegenstand
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Streitfall liegt eine Leistung der Stpfl. gegen Entgelt i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vor. Die Entgeltlichkeit wird u.a. durch die Dauerrechnung der Stpfl. dokumentiert.
2. Die Lieferung von Wärme wird wie auch die Lieferung von Elektrizität, Gas und Kälte als Lieferung i.S.v. § 3 Abs. 1 UStG behandelt.
3. Der Senat ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon überzeugt, dass die Beteiligten des Mistlieferverhältnisses dieses im Tausch gegen Wärmelieferungen behandelt wissen wollten, so dass die Mistlieferungen Entgeltbestandteil für die Wärmelieferungen waren.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 10 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist noch die Bemessungsgrundlage für Wärmelieferungen durch die Klägerin, die eine Biogasanlage betreibt, an einen Mastbetrieb, der dafür Zahlungen geleistet hat und seinerseits Mist an die Klägerin geliefert hat, wobei die Zahlungen und der Mist beide zusammen einen geringeren Wert als die Selbstkosten der Klägerin für die gelieferte Wärme hatten.
Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), betreibt seit 2005 eine Biogasanlage und erzeugt Strom und Wärme. Der Strom wird gewerblich eingespeist und im Streitjahr 2008 von der Energie AG nach Maßgabe des Erneuerbare-Energien-Gesetz – EEG – vergütet. Unter anderem hat die Energie AG einen Zuschlag gemäß § 8 Abs. 3 EEG (sogenannter KWK-Zuschlag) von 2 Cent pro Kilowattstunde an die Klägerin gezahlt.
Die von der Klägerin gelieferte Wärme entsteht in Form von Kühlwasserwärme und als Abgaswärme beim Betrieb des den Strom erzeugenden Motors. Die Wärme heizt Wasser auf, das zu verschiedenen in der Nachbarschaft der Betriebsstätte der Klägerin gelegenen Abnehmern gepumpt und dort einem Wärmeaustausch zugeführt wird. Die Klägerin war nicht an ein öffentliches Fernwärmenetz angeschlossen. Sie unterlag im Streitjahr der Regelbesteuerung. Die Wärmelieferungen der Klägerin erfolgten an ihre beiden Gesellschafter K. und J., eine M GbR, die gesellschafteridentisch mit der Klägerin ist und an die Herren T., U. und V.. Im Hinblick auf die Wärmelieferungen der Klägerin an ihre Gesellschafter, die M GbR und die Herren T. und U. haben die Beteiligten sich im Verlaufe des Klageverfahrens geeinigt.
V. betreibt in der Nachbarschaft der Betriebsstätte der Klägerin einen gewerblichen Mastbetrieb. Er unterlag im Streitjahr der Regelbesteuerung und ist nicht an der Klägerin beteiligt oder mit den Gesellschaftern der Klägerin verwandt. Am 22.12.2005 schlossen V. und die Klägerin eine Vereinbarung, nach der V. die Umbauarbeiten für die Lieferung von Energie (gemeint: Wärme) trägt. Im Gegenzug sollte er im ersten Jahr die Energie kostenfrei geliefert bekommen. Es wird wegen der Einzelheiten auf die Vereinbarung vom 22.12.2005 (Gerichtsakte Bl. 160) verwiesen. Mit Dauerrechnung vom 1.7.2007 berechnete die Klägerin monatlich 500,00 € zzgl. 19 % Umsatzsteuer für die Wärmelieferung. Seit 2006 liefert V. unstreitig Mist an die Klägerin. Transportiert wurde dieser Mist von der M GbR. Der Umfang der Lieferungen ist streitig. Eine Erfassung der Mistlieferungen in der Buchführung der Klägerin erfolgte zunächst nicht. V. bezog im Streitjahr 2008 unstreitig 1.735.640 kWh Wärme von der Klägerin und bezahlte dafür unstreitig 6.000,00 € netto. Die Selbstkosten der Wärmeerzeugung der Klägerin betrugen nach den Ermittlungen des Beklagten im Streitjahr 2008 0,062 € je Kilowattstunde. Der fiktive Einkaufspreis für Fernwärme betrug im Streitjahr 2008 nach den Ermittlungen des Beklagten 0,0737 €.
Die Klägerin erklärte in ihrer Umsatzsteuererklärung für 2008 eine Umsatzsteuer i.H.v. xxx €, die ohne Änderung durch den Beklagten verarbeitet wurde und einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) gleichstand. Am 15.12.2010 begann eine Umsatzsteuersonderprüfung des Beklagten bei der Klägerin für 2006 – 2009, 1-12/2010. Der Prüfer war der Auffassung, die unentgeltlich erfolgten Wärmelieferungen seien umsatzsteuerrechtlich als unentgeltliche Wertabgaben zu erfassen. Die entgeltlichen Lieferungen an nahestehende Personen seien mit der Mindestbemessungsgrundlage zu bemessen. Für 2008 erfolgten im Hinblick auf die Wärmelieferungen an V. zunächst keine Änderungen. Außerdem wurden die KWK-Zuschläge, die von der Klägerin zunächst in 2010 erfasst worden waren, in den Jahren berücksichtigt, für die sie gezahlt wurden. Auf das Streitjahr 2008 entfiel ein KWK-Zuschlag in Höhe von netto 13.320,00 € (Umsatzsteuer: 2.530,80 €). Es wird wegen der Einzelheiten auf den Außenprüfungsbericht vom 21.2.2012 (Bp-Akte I, Bl. 22 ff) verwiesen. Der Beklagte erließ nach Maßgabe des Prüfungsberichts am 8.3.2012 einen gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr, mit dem die Umsatzsteuer auf xxx € festgesetzt wurde. Der Bescheid stand weiterhin unter dem Vorbehalt ...