Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung eines besonderen Kirchgeldes, wenn nur ein Ehegatte Angehöriger einer steuererhebenden Kirchengemeinde ist und der kirchenangehörige Ehegatte eigene Einkünfte erzielt
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Klageverfahren gegen einen Kirchensteuerbescheid kommt der Kirchengemeinde als zutreffende Beklagte die passive Prozessführungsbefugnis zu.
2. Die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes bei Ehegatten findet im KiStG NRW eine ausreichende gesetzliche Grundlage und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn das Kirchgeld nach dem gemeinsamen Einkommen der zusammenveranlagten Ehegatten bemessen wird und es bei eigenen Einkünften des alleinigen kirchensteuerpflichtigen Ehegatten wie eine Mindestkirchensteuer wirkt.
Normenkette
KiStG NW § 14 Abs. 1-2, 5; KiStO § 6 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 S. 2, Abs. 5 S. 1, § 25 Abs. 2 S. 1, Abs. 5 S. 1; EStG § 51a Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines besonderen Kirchgelds gegenüber der Klägerin für das Jahr 2019.
Die Klägerin gehörte im Streitjahr ganzjährig der Evangelischen Kirchengemeinde S an. Ihr Ehemann gehörte im Streitjahr keiner steuererhebenden Religionsgemeinschaft an.
Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von xxxxx,xx EUR und wurde mit Bescheid des Finanzamtes C-Stadt vom 13.08.2020 mit ihrem Ehemann gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Das gemeinsam zu versteuernde Einkommen der Ehegatten belief sich auf yyyyyyy,yy EUR. Der Bescheid enthielt zugleich die Festsetzung der Kirchensteuer in Gestalt des besonderen Kirchgeldes nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 der für die evangelischen Kirchengemeinden in Westfalen maßgeblichen Kirchensteuerordnung (KiStO) i. V. m. dem Kirchensteuerbeschluss vom 21.11.2018 für 2019 in Höhe von kkk EUR.
Gegen die Festsetzung der Kirchensteuer in der Form des besonderen Kirchgeldes legte die Klägerin am 17.08.2020 beim Finanzamt C-Stadt Einspruch ein. Dieses leitete den Einspruch an den Evangelischen Kirchenkreis C-Stadt weiter und dieser wiederum leitete ihn an die Gemeinsame Kirchensteuerstelle beim Landeskirchenamt weiter. Die Klägerin trug zur Begründung des Einspruchs vor, dass durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Bindungswirkung geklärt sei, dass das besondere Kirchgeld nur erhoben werden dürfe, wenn das Einkommen der kirchenangehörigen Person ansonsten kirchensteuerfrei bleibe (BVerfG-Urteil vom 14.12.1965, 1 BvR 606/60). Sie, die Klägerin, habe hingegen ein eigenes Einkommen erzielt und nur dieses dürfe die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer bilden. Wenn anlässlich ihrer Kirchensteuerfestsetzung hingegen das gemeinsam zu versteuernde Einkommen beider Ehegatten für die Kirchensteuer der Klägerin als Bemessungsgrundlage herangezogen werde, dann verstoße dies gegen die vom BVerfG vorgegebenen Individualbesteuerungsgrundsätze. Die Maßgeblichkeit des gemeinsamen Einkommens der Ehegatten entsprechend der Kirchgeldtabelle führe zu einer unzulässigen Besteuerung der Ehe und nicht lediglich des Kirchenmitgliedes. Infolgedessen sei in ihrem Fall eine Kirchensteuer i. H. v. k EUR anzusetzen. Die von der Gemeinsamen Kirchensteuerstelle beim Landeskirchenamt zitierte, vermeintlich anderslautende Rechtsprechung des BVerfG, des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) werde von der Gemeinsamen Kirchensteuerstelle beim Landeskirchenamt entweder falsch wiedergegeben oder sei unzutreffend.
Mit Schreiben der Gemeinsamen Kirchensteuerstelle vom 26.01.2021 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Die Einspruchsentscheidung führte die Kirchengemeinde S als Steuergläubigerin und die Gemeinsame Kirchensteuerstelle beim Landeskirchenamt als Bevollmächtigte. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Festsetzung der Kirchensteuer in Form des besonderen Kirchgeldes auf den Vorschriften des Kirchensteuergesetzes (KiStG) NRW und der KiStO beruhe. Aufgrund der Höhe der Einkünfte der Klägerin sei die nach der Einkommensteuer bemessene Kirchensteuer niedriger als das besondere Kirchgeld und daher sei das besondere Kirchgeld festzusetzen. Die maßgeblichen Vorschriften des KiStG NRW und der KiStO seien auch verfassungsgemäß. Es sei auch in der Konstellation eigener Einkünfte des kirchenangehörigen Ehegatten zulässig, dass für die Bemessung des Kirchgeldes der durch die Einkünfte des konfessionslosen Ehegatten zumindest teilweise vermittelte Lebensführungsaufwand des kirchensteuerpflichtigen Ehegatten herangezogen werde. Das BVerfG habe in seiner Entscheidung vom 14.12.1965 1 BvR 606/60 hervorgehoben, dass zwar nicht das einkommensteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörenden Ehegatten, wohl aber der Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bilden könne. Wenn angesichts der Schwierigkeiten der Bestimmung des Lebensführungsaufwandes als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des kirchenangehörigen Ehepartners ...