Entscheidungsstichwort (Thema)

Anteilsvereinigung bei niederländischer Stiftung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 11/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Übertragung von Anteilen an einer inländischen Grundbesitz haltenden Gesellschaft auf eine niederländische Stiftung führt zu einer steuerbaren Anteilsvereinigung.

2) § 5 Abs. 2 GrEStG findet auf eine niederländische Stiftung keine Anwendung.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 3, § 5 Abs. 2, § 1 Abs. 2a

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft auf die Klägerin, eine niederländische Verwaltungsstiftung, der Grunderwerbsteuer unterliegt.

Die A-GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in A-Stadt ist Eigentümerin eines Grundstücks in A-Stadt. An der A-GmbH ist seit 2006 allein die A-N.V. „N.V.”; im Folgenden: A-N.V.), eine Körperschaft belgischen Rechts mit Sitz in Belgien, beteiligt. Unmittelbarer alleiniger Gesellschafter dieser Gesellschaft war zunächst der niederländische Staatsbürger Person A.

Am 14.10.2009 wurde mit notariellem Vertrag (Urkunde … des Notars B, B-Stadt, Niederlande) eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts in der Rechtsform einer Besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid („B.V.”) mit Sitz in den Niederlanden, die […] Holding B.V. (im Folgenden: Holding B.V.), gegründet. Gründer waren Verwaltungsgesellschaften (jeweils in der Rechtsform einer B.V.), deren Anteile jeweils von einem Enkelkind von Person A gehalten wurden. Das Stammkapital (maatschappelijk kapitaal) betrug 90.000 EUR (Artikel 1). Zum alleinigen Geschäftsführer der Holding B.V. wurde Person A ernannt (Schlusserklärungen unter A. 1.). Es wurden 180 Anteile im Nennwert von je 100 EUR ausgegeben, jeweils 36 Anteile pro Gesellschafter (Schlusserklärungen unter A. 3.).

Am Gründungstag wurde von der Gesellschafterversammlung die Ausgabe von 442.900 weiteren Gesellschaftsanteilen mit einem Nennwert von je 100 EUR beschlossen. Diese Anteile mit den Nummern 181 bis 443.080 übernahm Person A gegen Einbringung von Anteilen an einer (für den Streitfall nicht weiter relevanten) Gesellschaft. Er hielt Anteile im Wert von 44.290.000 EUR; die Enkelkinder hielten Anteile im Wert von insgesamt 18.000 EUR (Urkunde … des Notars B, B-Stadt, Niederlande).

Am gleichen Tag gründete Person A die Klägerin, eine Stiftung nach niederländischem Recht, die ihren Sitz ebenfalls in den Niederlanden hat. Gesellschaftszweck der Klägerin ist die Herausgabe und das Verwalten der Anteile an der Holding B.V. und die Herausgabe von Zertifikaten zu diesen Anteilen. Alleiniger Vorstand der Klägerin ist Person A (Urkunde … des Notars B, B-Stadt, Niederlande).

Person A brachte seine Anteile an der Holding B.V. in die Stiftung ein, die im Gegenzug Zertifikate ausgab (Urkunde … des Notars B, B-Stadt, Niederlande). Die an Person A ausgegebenen Zertifikate schenkte er zu gleichen Teilen den Verwaltungsgesellschaften der Enkelkinder (Urkunde … des Notars B, B-Stadt, Niederlande).

Am 24.12.2009 wurde von der Gesellschafterversammlung der Holding B.V. die Ausgabe von 298.064 weiteren Gesellschaftsanteilen im Nennwert von je 100 EUR beschlossen. Am gleichen Tag übernahm Person A diese Anteile mit den Nummern 443.081 bis 741.144 und brachte als Gegenleistung unter anderem seine Anteile an der A-N.V. ein (Urkunde … des Notars B, B-Stadt, Niederlande).

Ebenfalls am gleichen Tag brachte er seine am gleichen Tag erworbenen Anteile an der Holding B.V. gegen die Ausgaben von Zertifikaten in die Klägerin ein (Urkunde … des Notars B, B-Stadt, Niederlande). Diese Zertifikate schenkte Person A am 24.12.2009 den Verwaltungsgesellschaften seiner Enkel (Urkunde … des Notars B, B-Stadt, Niederlande).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Verträge und die zur Gerichtsakte gereichten Übersetzungen Bezug genommen.

Eine Anzeige der Vorgänge beim Beklagten erfolgte nicht.

Anlässlich einer Außenprüfung bei der A-GmbH teilte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A-Stadt den Sachverhalt dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung A-Stadt („Steufa”) mit. Die Steufa traf im undatierten, mit Eingangsstempel der Klägervertreter vom 06.09.2016 versehenen Bericht folgende Feststellungen:

Die Übertragung der Anteile der Person A an der Holding B.V. auf die Klägerin habe den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG erfüllt; Stichtag sei der 24.12.2009. Steuerschuldner seien sowohl die Klägerin als auch Person A. Diese hätten den Vorgang nach § 19 Abs. 1 GrEStG anzeigen müssen, was nicht passiert sei.

Der Beklagte erließ am 06.10.2016 (unter dem Vorbehalt der Nachprüfung) einen Grunderwerbsteuerbescheid. Als Sachverhalt wurden „Anteilsübertragung A durch Person A” und das Datum „24.12.2009” angegeben. Unter Erläuterungen wurde ausgeführt, dass die Bemessungsgrundlage auf das Siebenfache des Einheitswerts geschätzt worden sei und der Bescheid nach Erlass eines Grundbesitzwertbescheids geändert werde.

Den eingelegten Einspruch begründete die Klägerin wie folgt...

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