Entscheidungsstichwort (Thema)
Formeller Bilanzzusammenhang bei Realteilung, Ergänzungsbilanz, Veräußerungsgewinn
Leitsatz (redaktionell)
1) Der in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers passivierte Minderwert für einen Mandantenstamm, der nicht entsprechend den Abschreibungen in der steuerlichen Gesamthandsbilanz ratierlich gewinnerhöhend aufgelöst wurde, ist nach Realteilung der Mitunternehmerschaft zum Buchwert aufgrund formellen Bilanzzusammenhangs in der ersten noch offenen Schlussbilanz des Realteilers bzw. der übernehmenden Mitunternehmerschaft gewinnerhöhend aufzulösen.
2) Der Gewinn aus der Auflösung der Passivierung in der Ergänzungsbilanz ist nicht Teil des im gleichen Jahr entstehenden Veräußerungsgewinns.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt die Passivierung des Mandantenstamms in der Ergänzungsbilanz der Kläger gewinnerhöhend auflösen durfte.
Im Jahre 1975 wurde durch die Kläger A und B sowie durch C eine Sozietät als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Am 02.01.1982 wurde D als weiterer Gesellschafter aufgenommen. Alle Gesellschafter waren seitdem zu ¼ beteiligt. Die Gesellschaft wurde unter der Bezeichnung „ABCD-GbR” geführt. In der Gesellschaftsbilanz dieser Gesellschaft wurden anlässlich des Eintritts des D die Wirtschaftsgüter einschließlich des Mandantenstamms mit dem Teilwert angesetzt. Korrespondierend zur Aufstockung in der Gesellschaftsbilanz wurde für die Kläger A und B sowie für C (Altgesellschafter) eine gemeinsame negative Ergänzungsbilanz (als Ergänzungsbilanz I bezeichnet) mit den Aufstockungsbeträgen entsprechenden Minderwerten gebildet, sodass sich dadurch – kompensiert – eine steuerliche Buchwertfortführung ergab.
Die Aufstockungen der Wertansätze des Anlagevermögens in der Gesellschaftsbilanz führten in der Folgezeit – aufgrund der Abschreibung – zu einer Minderung des Gesellschaftsgewinns; parallel dazu erfolgte eine zeit- und betragsgleiche Gewinnerhöhung in der Ergänzungsbilanz der Altgesellschafter. Auf den aktivierten Mandantenstamm wurden allerdings bis einschließlich 1986 keine Abschreibungen in der Gesellschaftsbilanz und dementsprechend auch keine gewinnerhöhenden Auflösungen in der Ergänzungsbilanz der Altgesellschafter vorgenommen.
Die – vollständige – Abschreibung des Mandantenstamms in der Gesellschaftsbilanz vollzog sich im Zeitraum 1987 bis 1993. Die korrespondierende Gewinnerhöhung in der Ergänzungsbilanz wurde aber nur im Zeitraum 1987 bis 1992 vorgenommen. Es verblieb demnach zum 31.12.1992 ein passivierter Minderwert des Mandantenstamms in Höhe von (umgerechnet) … EUR in der Ergänzungsbilanz für den Kläger A und in Höhe von (umgerechnet) … EUR für den Kläger B.
Zum 30.06.1997 wurde die Sozietät ABCD-GbR real geteilt unter Gründung von zwei neuen Gesellschaften, die eine bestehend aus C und D, die andere – die Klägerin (AB-GbR) – aus den Klägern A und B mit einer Beteiligung von je ½. Die Schlussbilanz der Sozietät ABCD-GbR wurde zum 30.06.1997 erstellt. Ein schriftlicher Realteilungsvertrag wurde nicht geschlossen. Im Zuge der Realteilung erfolgte auch eine Aufteilung der Mandate der ABCD-GbR. Grundsätzlich übernahm jeder der Partner die Mandate, die von ihm zuvor betreut worden waren, durch Übertragung auf die neuen Gesellschaften. Es handelte sich um alte, im Wesentlichen langjährige Stammmandate, die teilweise bereits aus der Zeit vor 1982 stammten. Einen wesentlichen Mandatswechsel gab es nicht. Die Realteilung erfolgte unter Buchwertfortführung mit Kapitalkontenanpassung ohne Aufdeckung der stillen Reserven. Fortgeführt wurde auch die negative Ergänzungsbilanz mit den darin noch passivierten Minderwerten für den Mandatenstamm in Höhe von … EUR für den Kläger A und in Höhe von … EUR für den Kläger B; eine gewinnerhöhende Auflösung erfolgte anlässlich der Realteilung nicht.
In den Folgejahren wurde der Anteil des Klägers B an der Klägerin auf 60 % erhöht und der des Klägers A auf 40 % herabgesetzt.
Zum 04.01.2004 schied der Kläger A aus der Klägerin aus, unter Veräußerung seines Anteils auf zwei neue Gesellschafter, die danach zu je 20 % an der Gesellschaft beteiligt waren.
In der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Klägerin für 2004 wurde neben dem laufenden Gewinn ein begünstigter Veräußerungsgewinn des Klägers A in Höhe von … EUR erklärt. In dem Veräußerungsgewinn enthalten war ein Gewinn in Höhe von … EUR aus der gewinnerhöhenden Auflösung der Passivierung des Mandantenstamms in der Ergänzungsbilanz für den Kläger A.
In dem nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2004 vom 16.03.2006 übernahm das Finanzamt den erklärten Veräußerungsgewinn. Im Einspruchsverfahren wurde der Feststellungsbescheid für 2004 mehrfach...