Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel bei Veräußerung von weniger als 3 Objekten
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Verkäufe von zukünftigen Miteigentumsanteilen bereits in dem Monat, in dem die Baugenehmigung und die Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt werden, begründen die Annahme einer unbedingten Veräußerungsabsicht.
2) Im Juni 1994 bestand keine eindeutige BFH-Rechtsprechung des Inhalts, dass bei einer Veräußerung von weniger als 3 Objekten durch den Steuerpflichtigen einschränkungslos nicht von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen ist.
3) Die Gesellschafter einer Personengesellschaft sind im Gewinnfeststellungsverfahren der Gesellschaft kein Dritter i.S.des § 174 Abs. 5 AO.
Normenkette
AO § 174 Abs. 4-5, § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 3; EStG § 15 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger anzusetzen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Für die Streitjahre 1993 bis 1995 wurde die Einkommensteuer zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäß – wegen verfassungsrechtlicher Fragen teilweise vorläufig gemäß § 165 der Abgabenordnung (AO) – festgesetzt (Einkommensteuerbescheid 1993 vom 21.06.1994, Einkommensteuerbescheid 1994 vom 28.04.1995, Einkommensteuerbescheid 1995 vom 13.03.1996). In den Bescheiden sind keine Einkünfte aus gewerblichem Grundstückshandel berücksichtigt.
Mit notariellem Vertrag vom 19. April 1993 (UR-Nr. 272/1993 des Notars F. in O.) erwarben der Kläger und Herr Y. C. in Gesellschaft bürgerlichen Rechts (fortan: GbR) das unbebaute Grundstück Grundbuch von O. Blatt 1897 zum Preis von 150.000 DM. In der notariellen Urkunde erklärten die Gesellschafter, die GbR beabsichtige, auf dem Grundstück Wohnungs- und Teileigentum zu bilden. Sie erteilten Herrn I. C., dem Bruder des Mitgesellschafters, umfassende Vollmachten zur Abgabe aller Erklärungen, die zur Errichtung von Wohnungs- und Teileigentum und zur Durchführung der Bauträgermaßnahmen erforderlich sind. Hierzu sollte auch die Auflösung der GbR und die Übertragung der Miteigentumsanteile auf die Mitglieder der GbR nach deren Maßgabe gehören.
Herr I. C. stellte für die GbR den Bauantrag bei der Stadt T. und den Antrag auf Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung, vergab im Namen der GbR die Aufträge an die Bauhandwerker, führte die Finanzierungsverhandlungen und richtete das Baukonto 51798200 bei der Volksbank S. ein. Die Baugenehmigung wurde der GbR am 05.07.1993, die Abgeschlossenheitsbescheinigung am 09.07.1993 erteilt. Zu diesem Zeitpunkt standen die späteren Käufer der einzelnen Wohnungen bereits fest.
Mit notarieller Urkunde vom 15.07.1993 (UR-Nr. 502/1993 des Notars F.) erklärte Herr I. C. für den Kläger und Y. C. die Teilung des Grundbesitzes in die Wohnungen I bis VI nach den Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG). Zugleich erklärte er die GbR für aufgelöst. Der Grundbesitz wurde dahingehend geteilt, dass der Kläger die Wohnungen Nr. I (80,53/1000), II (136,45/1000) und III (171, 96/1000) und Herr Y. C. die Wohnungen IV (171,16/1000), V (222,13/1000) und VI (217,77/1000) erhielten. Dieser veräußerte die ihm zugewiesenen Wohnungen IV bis VI mit notariellen Verträgen vom 16.07.1993, 12.08.1993 und 28.10.1993 zum Preis von 254.760 DM, 276.252 DM und 286.747 DM. Der Kläger veräußerte die Wohnungen I bis III mit notariellen Verträgen vom 16.07.1993 und 29.07.1993 zum Preis von 85.560 DM, 141.380 DM und 229.755 DM. Zum Zeitpunkt des Verkaufs befanden sich die Wohnungen im Bau. Der Kaufpreis war in insgesamt sechs Teilbeträgen je nach Baufortschritt zahlbar auf das Konto der GbR. Die Wohnungen sollten spätestens im Februar 1994 fertiggestellt und übergeben werden. Nach dem 15.07.1993 wurden die weitere Vergabe von Aufträgen, Abrechnungen, Zahlungseingänge usw. weiterhin durch Herrn I. C. im Namen der GbR abgewickelt.
Der Betriebsprüfer gelangte zu der Auffassung, die Vorgänge seien als gewerblicher Grundstückshandel der GbR zu erfassen. Mit Gewinnfeststellungsbescheid 1993 bis 1995 vom 29.04.1997 stellte der Beklagte die Gewinne für die Streitjahre entsprechend der Auffassung des Prüfers gesondert und einheitlich fest. Die Gewinnanteile des Klägers betrugen danach 1993 80.793 DM, 1994 9.143 DM und 1995 5.613 DM. Die Einkommensteuer wurde mit Einkommensteuerbescheiden vom 23.05.1997 wie folgt festgesetzt:
Der Einspruch gegen die Gewinnfeststellungsbescheide wurde als unbegründet zurückgewiesen. Mit Urteil vom 30. Oktober 2002 13 K 3495/98 F (nicht veröffentlicht), auf das verwiesen wird, hob der erkennende Senat den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung und die Einspruchsentscheidung mit der Begründung auf, es sei mangels Erzielung gemeinsamer Einkünfte keine gesonderte und einheitliche Feststellung nach §§ 179, 1...