Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzweigung von Kindergeld an das Kind selbst wegen Anrechnung des Kindergelds auf die Arbeitslosenhilfe II der Wohnung gewährenden Eltern
Leitsatz (redaktionell)
1) Kindergeld kann an das Kind abgezweigt werden, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist, als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.
2) Dies ist der Fall, wenn der Familienvater Arbeitslosenhilfe II erhält und das Kind wegen eigener BAföG-Einkünfte aus der Bedarfsgemeinschaft herausgerechnet wurde, so dass die Kosten für Unterkunft und Heizung im Ergebnis von dem Kind selbst getragen werden müssen.
3) Es spielt bei einem volljährigen Kind hierfür keine Rolle, dass die Eltern einem Teil ihrer Unterhaltspflicht durch Aufnahme in den elterlichen Haushalt nachkommen.
Normenkette
EStG §§ 76, 74 Abs. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 03.08.2009; Aktenzeichen III R 94/08) |
Tatbestand
Streitig ist noch, ob die Klägerin einen Anspruch auf Abzweigung von Kindergeld für den Zeitraum von Februar bis Mai 2005 hat.
Die am 24.08.1986 geborene Klägerin ist die Tochter des Beigeladenen. Im Streitzeitraum Februar bis Mai 2005 war sie 18 Jahre alt, befand sich in Berufsausbildung und bezog Leistungen nach dem BAföG i. H. v. monatlich 354,00 EURO. Sie lebte mit ihren Eltern und ihrem 16 Jahre alten Bruder F zusammen in der elterlichen Wohnung unter der Adresse E in G.
Mit Schreiben vom 26.01.2005 an die Beklagte beantragte die Klägerin die Abzweigung des Kindergeld an sie. Derzeit werde das Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR an ihren Vater überwiesen. Zur Begründung gab die Klägerin an, dass es dem Vater bzw. den Eltern wegen fehlender Leistungsfähigkeit nicht möglich sei, Unterhalt an sie zu leisten. Die Eltern bezögen Arbeitslosengeld II. Mit Bescheid vom 04.02.2005 lehnte der Beklagte die Abzweigung ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin im Haushalt eines Kindergeldberechtigten lebe. Durch die Haushaltsaufnahme werde ihr in ausreichender Höhe Unterhalt gewährt. Die Entscheidung berief sich auf § 74 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 09.02.2005 dagegen Einspruch eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass wegen fehlender Leistungsfähigkeit keine Unterhaltspflicht der Eltern bestehe. Dadurch, dass ihr Vater das Kindergeld erhalte, werde es ihm bei der Gewährung von Arbeitslosenhilfe II angerechnet. Da sie, die Klägerin, zur Wohngemeinschaft gehöre, würden der Bedarfsgemeinschaft (3 Personen) 25 % der zustehenden Kosten für Unterkunft und Heizung abgezogen. Dieser Betrag belaufe sich auf 183,38 EUR. Damit sei die Argumentation, dass ihr in ausreichender Höhe Unterhalt gewährt werde, unzutreffend.
Die Beklagte hat mit Einspruchsentscheidung vom 17.02.2005 den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie auf § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG hingewiesen. Eine Abzweigung sei nicht möglich, weil der Klägerin im Haushalt der Eltern die Möglichkeit geboten werde zu wohnen und verpflegt zu werden (immaterieller Unterhalt). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung der Beklagten vom 17.02.2005 verwiesen, die sich in den beigezogenen Verwaltungsvorgängen befindet.
Mit ihrer am 17.03.2005 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Klägerin ist der Ansicht, dass hier kein immaterieller Unterhalt gewährt werde. Sie versorge sich selber und habe die durch ihre Teilnahme an der Wohngemeinschaft entstandenen Kosten vollumfänglich zu tragen. Diese beliefen sich auf 183,39 EUR. Der Betrag resultiere aus dem Umstand, dass die Klägerin zwar zur Wohngemeinschaft, nicht aber zur Bedarfsgemeinschaft gerechnet werde. Die Kosten für Unterkunft und Heizung würden bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes II nicht auf die Bedarfsgemeinschaft, sondern auf die Wohngemeinschaft umgelegt. Das bedeute, dass die hierfür entstandenen Kosten nicht auf die drei Personen der Bedarfsgemeinschaft, nämlich den Vater, die Mutter und den Bruder, sondern auf die aus vier Personen bestehende Wohngemeinschaft umgelegt würden. Folglich würden die Kosten für Unterkunft und Heizung, die gegenüber der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit C, mit 733,55 EUR spezifiziert worden sind, nicht auf drei Personen sondern auf vier Personen aufgeteilt. Danach werde jeder Person der Wohngemeinschaft ein Anteil an diesen Kosten i. H. v. 183,39 EUR zugerechnet. Da Arbeitslosengeld II aber nur für Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gezahlt werde, erstatte die Agentur für Arbeit nur ¾ der Kosten, entsprechend 550,16 EUR. Das letzte Viertel müsse die Klägerin an die Eltern zahlen. Hierfür müsse die Klägerin aus dem ihr zur Verfügung stehenden BAföG-Mitteln aufkommen. Da die Eltern der Klägerin jedoch den Anteil der Klägerin an der Wohngemeinschaft nicht selbst aufbringen könnten, durfte ihnen dieser Anteil auch nicht als immaterieller Unter...