Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe: Anrechnung der materiell zutreffenden niedrigeren ErbSt auf den Vorerwerb trotz tatsächlich bereits bestandskräftig festgesetzter höherer ErbSt auf diesen Vorerwerb
Leitsatz (redaktionell)
§ 14 Abs. 1 Satz 3 ErbStG führt lediglich dazu, dass die für Vorerwerbe innerhalb der 10-Jahresfrist zu erhebende Steuer, nicht aber eine unrichtig dafür höhere, bestandskräftig festgesetzte Steuer angerechnet wird.
Normenkette
ErbStG § 14 Abs. 1 Sätze 1-3
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 09.12.2009; Aktenzeichen II R 24/08) |
Tatbestand
Streitig ist, ob bei der Steuerfestsetzung für mehrere Erwerbe nach § 14 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) die bestandskräftig zu hoch festgesetzte Schenkungsteuer auf den Vorerwerb oder die materiellrechtlich zutreffende Schenkungsteuer auf den Vorerwerb zu berücksichtigen ist.
Der Kläger (Kl.) beerbte seine am 05.10.1922 geborene und am 27.02.2001 verstorbene Tante E neben einer weiteren Miterbin zu ½ Anteil. In der von beiden Miterben unterschriebenen Erbschaftsteuererklärung vom 06.02.2002 wurde die Frage nach Schenkungen der Erblasserin zu Lebzeiten mit „nein” beantwortet. Zu den Einzelheiten wird auf die ErbSt-Erklärung (vgl. Bl. 18 ff. der Steuerakte) verwiesen.
Mit Bescheid vom 07.03.2002 setzte der Beklagte (Bekl.) die auf den Kl. entfallende ErbSt ausgehend von einem Anteil am Nachlass von 284.388,00 DM zunächst auf 44.931,00 DM (22.972,86 EUR) fest. Auf den gem. § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) ergangenen Bescheid wird Bezug genommen (vgl. Bl. 33 ff. der Steuerakte).
Am 27.03.2002 erschien der Kl. beim Bekl. und erklärte, dass er von der Erblasserin am 04.05.2000 450.000,00 DM geschenkt bekommen habe. Als Gegenleistung habe er der Erblasserin eine Wohnung in seinem Haus unentgeltlich zur Verfügung gestellt und monatlich 2.000,00 DM an sie gezahlt. Über diese Vereinbarung existiere allerdings kein schriftlicher Vertrag. Auf die Gesprächsnotiz vom 27.03.2002 nebst Anlagen (vgl. Bl. 54 ff. der Steuerakte) wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 29.05.2002 änderte der Bekl. den Erbschaftsteuerbescheid gem. § 164 Abs. 2 AO aus hier unstreitigen Gründen und setzte die Erbschaftsteuer ausgehend von einem Anteil am Nachlass i.H.v. 279.888 DM auf 44.166,00 DM (22.581,72 EUR) fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Auf den Bescheid vom 29.05.2002 (vgl. Bl. 46 ff. der Steuerakte) wird Bezug genommen.
Hinsichtlich der Zuwendung vom 04.05.2000 reichte der Kl. am 28.06.2002 beim Bekl. eine Schenkungsteuererklärung ein, in der er als Gegenleistung neben den monatlichen Rentenzahlungen i.H.v. 2.000,00 DM und dem Wohnrecht im Wert von monatlich 1.200,00 DM Renovierungs- und Umzugskosten i.H.v. 20.000,00 DM geltend machte, wobei er diesbezüglich Zahlungen i.H.v. 7.354,64 DM nachwies. Zu den Einzelheiten wird auf die Schenkungsteuererklärung (vgl. Bl. 66 ff. der Steuerakte) verwiesen.
Mit Bescheid vom 09.07.2002 setzte der Bekl. daraufhin bezüglich der Zuwendung vom 04.05.2000 ausgehend von einem Wert des Erwerbs von 399.330 DM Schenkungsteuer i.H.v. 64.481,00 DM (32.968,61 EUR) fest. Dabei berücksichtigte der Bekl. u.a. als Gegenleistung lebenslängliche Nutzungen und Leistungen des Kl. an die Erblasserin in Form des Wohnrechts und der monatlichen Rente. Bei der Ermittlung des Wertes der Nutzungen und Leistungen wandte der Bekl. bezogen auf den Jahreswert einen Vervielfältiger an, den er unter Berücksichtigung des Todesdatums der Erblasserin aus der tatsächlichen Dauer der Nutzungen und Leistungen ermittelt hatte. Auf den bestandskräftig gewordenen Schenkungsteuerbescheid vom 09.07.2002 wird verwiesen (vgl. Bl. 70 ff. der Steuerakte).
Am 02.10.2002 änderte der Bekl. sodann den Erbschaftsteuerbescheid vom 29.05.2002 gem. § 164 Abs. 2 AO und setzte die ErbSt auf 80.851,00 DM (41.338,46 () fest. Dabei rechnete der Bekl. dem Anteil des Kl. am Nachlass den Wert der Vorschenkung (399.330,00 DM) hinzu und zog von der errechneten Erbschaftsteuer die für die Vorschenkung festgesetzte Schenkungsteuer (64.481,00 DM) ab. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Zu den Einzelheiten wird auf den Erbschaftsteuerbescheid vom 02.10.2002 (vgl. Bl. 78 ff. der Steuerakte) verwiesen.
Hiergegen wandte sich der Kl. mit seinem Einspruch vom 25.10.2002. Er beanstandete die steuerliche Behandlung der Vorschenkung. Im Rahmen der Erbschaftsteuerfest-setzung sei der Wert der Vorschenkung unabhängig von der tatsächlichen Schenkung-steuerfestsetzung neu zu berechnen. Der Kapitalwert der Belastung sei nach § 14 Bewertungsgesetz (BewG) i.V.m. Anlage 9 mit einem Vervielfältiger von 6,261 entsprechend dem Alter der Erblasserin zum Zeitpunkt der Schenkung zu ermitteln. Weiterhin sei von der Erbschaftsteuer die tatsächlich festgesetzte und gezahlte Schenkungsteuer abzuziehen.
Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 07.04.2005 setzte der Bekl. die Erbschaftsteuer auf 47.838,00 DM (24.459,00 EUR) fest, hob den Vorbehalt der Nachprüfung ...