Entscheidungsstichwort (Thema)
Geduldetes Betriebsvermögen, Entnahmehandlung, Insolvenz von Personengesellschaft und Gesellschafter
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut, das die Eigenschaft als "notwendiges" Sonderbetriebsvermögen verliert, aber nicht zu notwendigem Privatvermögen wird, scheidet nicht ohne eine eindeutige Entnahmehandlung aus dem Betriebsvermögen aus, sondern bleibt weiterhin "geduldetes" Betriebsvermögen.
2) Eine Entnahme kann so lange nicht angenommen werden, wie ein Steuerpflichtiger das Wirtschaftsgut weiterhin in seiner Bilanz als Betriebsvermögen ausweist und objektive Merkmale fehlen, die darauf schließen lassen, dass eine spätere Verwendung zu betrieblichen Zwecken ausgeschlossen erscheint.
3) In Insolvenzfällen scheidet ein Wirtschaftsgut des notwendigen Sonderbetriebsvermögens weder mit Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Personengesellschaft, noch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters, noch mit Freigabe aus dem Insolvenzbeschlag automatisch aus dem Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters aus.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Gewinn aus der Veräußerung eines Grundstücks, welches im Sonderbetriebsvermögen des Klägers bilanziert war und vom Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse freigegeben wurde, gesondert und einheitlich gegenüber dem Kläger festzustellen ist.
Der Kläger (Kl.) war einziger Kommanditist der Firma G. I. GmbH & Co. KG (KG). Komplementärin der KG war die Firma G. I. Verwaltungs GmbH. Die KG wurde zum 31.12.1998 gegründet. In § 12 des Gesellschaftsvertrages ist vereinbart, dass für den Fall, dass über das Vermögen eines Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet wird, dies ein wichtiger Grund für den Ausschluss des Gesellschafters sei. Für den Eintritt dieser Folge sei Voraussetzung, dass die Einziehung des Anteils oder die Abtretung an einen von der Gesellschaft zu benennenden Dritten durch die Gesellschafterversammlung beschlossen wird.
Die KG wurde im Jahr 2003 aufgelöst und der Kl. zum Liquidator bestellt. Die Beendigung der Liquidation und Löschung der KG wurden am 28.11.2008 im Handelsregister eingetragen. Über das private Vermögen des Klägers wurde am 09.06.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Ein Gesellschafterbeschluss, der dem Kl. auferlegt hätte, seinen Anteil an der Gesellschaft abzutreten oder die Einziehung des Anteils zu dulden, wurde seitens der Gesellschafterversammlung nicht getroffen.
Der Kl. war Eigentümer des Betriebsgrundstücks der KG „X.-str. 01” in C. Dieses Grundstück war ursprünglich zum Teil auch im Sonderbetriebsvermögen des Kl. bei der V. I. GmbH & Co. KG (V.-KG) als auch zum anderen Teil bei der G. I. GmbH & Co. KG (KG) bilanziert. Der im Sonderbetriebsvermögen der V.-KG bilanzierte Grundstücksteil wurde – nachdem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der V.-KG abgewiesen worden war – in der Sonderbilanz des Kl. bei der G. I. GmbH & Co. KG zum 31.12.2004 aufgenommen und ist seit diesem Stichtag in vollem Umfang dort bilanziert.
Das Grundstück wurde durch den Insolvenzverwalter (Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer D.) am 08.02.2005 aus der Insolvenzmasse freigegeben. Mit Kaufvertrag vom 07.01.2008 wurde das Grundstück zu einem Preis i.H.v. … EUR durch den Kl. verkauft.
Mit Beschluss des Amtsgerichts C1. vom 26.02.2008 ist dem Kl. Restschuldbefreiung angekündigt worden.
Das Insolvenzverfahren wurde nach Vollzug der Schlussverteilung mit Beschluss vom 16.04.2008 aufgehoben. Die Restschuldbefreiung wurde dem Kl. mit weiterem Beschluss des Amtsgerichts C1. vom 30.07.2010 erteilt.
Da der Kl. zunächst keine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der die KG betreffenden Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2008 abgegeben hatte, schätzte der Beklagte (Bekl.) diese mit Bescheid vom 20.08.2009. In diesem Bescheid wurde u.a. ein Veräußerungsgewinn (sowohl aus Gesamthands- als auch aus dem Sonderbetriebsbereich) i.H.v. … EUR festgestellt. Dieser Bescheid wurde zunächst an den Insolvenzverwalter des Kl., Herrn I1. D., bekanntgegeben. Dieser reichte den Bescheid im Original an den Bekl. mit Schreiben vom 07.09.2009 zurück und verwies auf den Beschluss des Amtsgerichts C1. vom 06.04.2008, mit dem das Insolvenzverfahren bereits beendet worden sei, und er seine Legitimation als Insolvenzverwalter verloren habe.
Der Bekl. wiederholte daraufhin mit Bescheid vom 22.09.2009 die getroffenen Feststellungen und sendete diesen Bescheid dem Kl. persönlich zu.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kl. am 07.10.2009 Einspruch. Der Bescheid beruhe auf einer Schätzung. Eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen werde für das Jahr 2008 in Kürze eingereicht.
Nach Eingang der angekündigten Erklärung erließ der Bekl. mit Datum vom 26.10.2009 einen geänderten Bescheid, in dem er im Gesamthandsbereich eine...