rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerliche Einordnung allgemeiner Ortskrankenkassen
Leitsatz (redaktionell)
1) Als juristische Personen des öffentlichen Rechts üben allgemeine Ortskrankenkassen ihre Tätigkeiten auch nach der Neufassung des § 173 SGB V grundsätzlich im nichtunternehmerischen - hoheitlichen - Bereich aus.
2) Im Übrigen tätigen allgemeine Ortskrankenkassen nach dem typischen Geschehensablauf generell nahezu ausschließlich umsatzsteuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 15 UStG.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 15; SGB V § 173 Abs. 1; UStG § 2 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen des Vorsteuerabzugs, ob auf die Steuerfreiheit für die an eine allgemeine Ortskrankenkasse erbrachten Büroraumvermietungsumsätze verzichtet werden kann.
Die Klägerin (Klin.) errichtete in den Jahren 1992 und 1993 ein Einkaufszentrum in Wismar mit Gewerbe- und Büroflächen. Von 1993 bis zum 30.04.1998 vermietete sie eine Teilfläche von 134,5 qm als Büro an die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) A-Stadt. In ihrer Umsatzsteuer (USt)-Erklärung 1998 verzichtete sie auf die Steuerfreiheit u.a. für ihre Vermietungsleistungen an die AOK A-Stadt und nahm für die Vorsteuerbeträge aus den Herstellungskosten, die in den Jahren 1992 und 1993 auf die an die AOK A-Stadt vermieteten Flächen entfallen waren, eine Korrektur nach § 15 a Umsatzsteuergesetz (UStG) vor. Als Begründung führte die Klin. an, die AOK A-Stadt sei seit dem 01.01.1996 als Unternehmer im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) anzusehen. Aufgrund der Änderung des § 173 Sozialgesetzbuch V (SGB V) durch Gesetz vom 21.12.1992 (BGBl I 1992, 2266) sei den Arbeitnehmern ab 01.01.1996 das Recht zur freien Wahl ihrer Krankenkasse eingeräumt worden und seit dem 01.01.1996 erbrächten die gesetzlichen Krankenkassen ihre Leistungen in einer für ein Unternehmen typischen Wettbewerbssituation. Abweichend von der USt-Erklärung ließ das beklagte Finanzamt (FA) im USt-Bescheid 1998 weder die aus den laufenden Unterhaltungskosten für die an die AOK A-Stadt vermieteten Flächen herrührende Vorsteuer zum Abzug zu, noch erkannte es die von der Klin. nach § 15 a UStG geltend gemachte Vorsteuerkorrektur an. Als Begründung führte das FA an, die Klin. habe die Vermietungsleistungen nicht an einen Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG erbracht. Trotz mehrfacher Anfrage habe die Klin. nicht dargelegt, inwieweit die Behandlung der AOK A-Stadt als umsatzsteuerlicher Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 11.09.2001) die Klage. Die Klin. meint, die AOK A-Stadt sei seit dem 01.01.1996 als Betrieb gewerblicher Art anzusehen. Deshalb stehe der
Klin. der Vorsteuerabzug aus den beim Betrieb des Einkaufszentrums angefallenen Unterhaltungskosten für die an die AOK A-Stadt vermieteten Flächen zu und sei zu Recht eine Vorsteuerkorrektur nach § 15 a UStG erfolgt, da sich in Bezug auf den Vorsteuerabzug die Verhältnisse geändert hätten, und sie, die Klin., auf die Steuerbefreiung für diese Vermietungsumsätze verzichtet habe.
Die Klin. beantragt,
unter Änderung des Bescheides vom 03.08.2001 in der Fassung der EE vom 11.09.2001 die USt 1998 um 3.269,55 DM (520,50 DM + 2.749,05 DM) herabzusetzen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klin. nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Zu Recht hat das FA weder die aus den laufenden Unterhaltungskosten des Jahres 1998 herrührende USt von 520,50 DM zum Vorsteuerabzug zugelassen noch die Korrektur der in den Jahren 1992 und 1993 aus den Gebäudeherstellungskosten angefallenen Vorsteuer von 2.749,05 DM anerkannt.
I.) Bezüglich des Streitpunktes „Vorsteuerabzug aus den laufenden Unterhaltungskosten des Jahres 1998 für die an die AOK vermieteten Büroflächen” kann dahinstehen, ob die AOK A-Stadt als Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG anzusehen ist. Selbst bei einer entsprechenden Annahme stände der Klin. kein Vorsteuerabzug zu. Der Vorsteuerabzug aus den laufenden Unterhaltungskosten scheitert daran, dass die Mieterin, die AOK A-Stadt, die gemieteten Räume nicht ausschließlich für die Ausführung steuerpflichtiger Leistungen verwendet hat, § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG in der ab 1994 aufgrund des Missbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes (StMBG) vom 21.12.1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) geltenden Fassung. Im Gegenteil hat die AOK A-Stadt die Mieträume in nicht unerheblichem Umfang für die Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet. Nach § 4 Nr. 15 UStG sind die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung untereinander und an die Versicherten sowie an den sonstigen in § 4 Nr. 15 b Satz 1 UStG genannten Personenkreis mit Ausnahme der Abgabe von Brillen und Brillenteilen einschließlich d...