Entscheidungsstichwort (Thema)
Kapitalgesellschaftsanteil notwendiges SBV
Leitsatz (redaktionell)
1) Kapitalgesellschaftsanteile eines Gesellschafters einer Personengesellschaft sind kein notwendiges Sonderbetriebsvermögen, wenn die Personengesellschaft zu der Kapitalgesellschaft Geschäftsbeziehungen unterhält, die üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen, und zwar selbst dann nicht, wenn die Geschäftsbeziehungen besonders intensiv und die Gesellschaften in derselben Branche tätig sind.
2) Kapitalgesellschaftsanteile eines Gesellschafters einer Personengesellschaft sind hingegen notwendiges Sonderbetriebsvermögen, wenn zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung besteht, die dadurch geprägt ist, dass die Kapitalgesellschaft eine wesentliche Funktion der Personengesellschaft erfüllt.
3) Notwendiges Sonderbetriebsvermögen ist u.a. anzunehmen, wenn die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft die aktive gewerbliche Tätigkeit der Personengesellschaft ergänzt.
4) Setzt ein Kommanditist als beherrschender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft durch, dass die Personengesellschaft zentrale Verwaltungsdienstleistungen für die Kapitalgesellschaft übernimmt, wobei die Vergütungen über 95 v.H. der Umsätze der Personengesellschaft ausmachen, stellt die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft notwendiges Sonderbetriebsvermögen dar.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, § 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Anteile an Kapitalgesellschaften, die ein Kommanditist gehalten hat, Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei der Personengesellschaft waren.
Der im Juli 2007 verstorbene I. S. (I.S.) war als Kommanditist mit einer Einlage in Höhe von 50.000 DM am Kapital der Beigeladenen beteiligt. Die Beigeladene wurde mit notariell beurkundetem Vertrag vom 08.08.1990 gegründet. Die Beigeladene hat ihren Sitz in X. (L. straße). Dort befand sich auch der Ort der Geschäftsleitung. Persönlich haftende Gesellschafterin der Beigeladenen ist die S. GmbH (S. GmbH), die am Vermögen der Beigeladenen nicht beteiligt ist. Die S. GmbH, deren Anteile zu 100 v.H. I.S. hielt, nahm die Geschäftsführung der Beigeladenen wahr.
Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen war die Beteiligung und Verwaltung von verschiedenen Unternehmen, die in der Forschung, Entwicklung und Lösung von technischen Problemen im Bereich der Orthopädietechnik tätig waren sowie orthopädische Waren produzierten und vertrieben.
I.S. hielt noch Anteile an folgenden Kapitalgesellschaften, die er mit notariell beurkundeten Verträgen vom 29.09.1998 bzw. 27.11.1998 veräußerte:
T. GmbH (T. GmbH)
Bis zum 31.12.1990 waren die Klägerin zu 2.) zu 25 v.H. und I.S. zu 75 v.H. an dem Stammkapital der T. GmbH beteiligt. Die Klägerin zu 2.) veräußerte ihren Anteil mit Vertrag vom 17.04.1991. Der Erwerber dieses Anteils wiederum übertrug diesen Anteil mit Vertrag vom 27.01.1997 mit Wirkung zum 01.01.1997 auf I.S. Dieser übertrug mit Vertrag vom 14.06.1997 zunächst einen Anteil von 25 v.H. auf U. L. (U.L.). Im Jahr 1998 veräußerte I.S. die restlichen Anteile von 75 v.H.
Die T. GmbH wurde im Handelsregister beim Amtsgericht M. (HRB yxyx) eingetragen. Ihr Geschäftsgegenstand war die Herstellung und der Vertrieb orthopädischer Heil- und Hilfsmittel einschließlich orthopädischer Schuhe sowie der Handel mit technischen Geräten und Textilien aller Art. Sie unterhielt in E. (C. Str.) ein Ladenlokal.
In den Körperschaftsteuererklärungen gab die T. GmbH an, ihre Geschäftsleitung habe sich in den Geschäftsräumen der Beigeladenen (L. straße in X.) befunden. I.S. war einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer und von der Beschränkung des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit. Die T. GmbH erteilte der Prokuristin der Beigeladenen, Frau Z. (Z), Einzelprokura.
V. GmbH (V GmbH)
I.S. übernahm mit Vertrag vom 07.03.1989 zunächst einen Anteil von 50 v.H. des Stammkapitals der V. GmbH. Mit Vertrag vom 29.08.1989 übernahm er die restlichen 50 v.H. Einen Anteil von 25 v.H. übertrug er mit Vertrag vom 04.09.1993 auf U.L.
Der Sitz der V. GmbH wurde mit Gesellschafterbeschluss vom 04.09.1993 nach A. verlegt. Die Gesellschaft wurde im Handelsregister beim Amtsgericht E. (HRB zwzw) eingetragen. In den Rechungsformularen benannte sie als Ort der Verwaltung die Geschäftsräume der Beigeladenen (L. straße in X.).
Ihr Geschäftsgegenstand war die Herstellung und der Vertrieb von orthopädischen Heil- und Hilfsmitteln. Sie unterhielt eine orthopädische Werkstatt in A. (J. Straße) und ein Sanitätshaus in H. (M. Str.).
In den Körperschaftsteuererklärungen gab die V. GmbH an, ihre Geschäftsleitung habe sich in den Geschäftsräumen der Beigeladenen (L. straße in X.) befunden. I.S. war ab dem Jahr 1989 einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer und von der Beschränkung des § 181 BGB befreit. U.L. wurde am 04.09.1993 zum weiteren gesamtvertretungsberechtigt...