Entscheidungsstichwort (Thema)
Kinderzulage - sozialrechtliche Definition des Begriffs der Haushaltszugehörigkeit - Maßgeblichkeit eines Obhuts- und Betreuungsverhältnisses
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Zugehörigkeit eines Kindes zum Haushalt eines Elternteils setzt voraus, dass das Kind dort wohnt und betreut wird, d.h. sich in der Obhut des Elternteils befindet.
2) Ein Obhutsverhältnis in diesem Sinne besteht nicht, wenn sich das Kind nur für einen von vornherein begrenzten kurzfristigen Zeitraum - wie etwa zu Besuchszwecken oder in den Ferien - bei einem Elternteil befindet.
3) Der Zugehörigkeit des Kindes zum Haushalt des einen Elternteils steht nicht entgegen, dass das Kind zeitweise auch in dem Haushalt des anderen Elternteils lebt.
Normenkette
EigZulG § 9 Abs. 5
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob es der Beklagte (Bekl.) zu Recht abgelehnt hat, dem Kläger (Kl.) die Kinderzulage nach § 9 Abs. 5 Satz 1 Eigenheimzulagengesetz (EigZulG) zu gewähren.
Der Kl. ist der Vater des am 01.10.1991 geborenen Kindes D. A. M. Seit seinem im Februar 1994 erfolgten Auszug aus der gemeinsamen Wohnung lebt der Kl. von der Kindesmutter, mit der er nicht verheiratet war, getrennt. Aufgrund gemeinsamer Entscheidung des Kl. und der Kindesmutter hält sich ihre gemeinsame Tochter, für die der Kl. Unterhalt zahlt, an mindestens 90 Tagen, und zwar immer Freitags und Samstags sowie bei Krankheit des Kindes oder der Mutter ggf. auch an weiteren Tagen beim Kl. auf.
In den Jahren 1997 und 1998 errichtete der Kl. durch einen Anbau an einem bereits vorhandenen Einfamilienhaus eine Wohnung, die von ihm seit dem 10.12.1998 zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
Mit Antrag vom 08.07.1999 beantragte der Kl. beim Bekl., ihm eine Eigenheimzulage einschließlich Kinderzulage zu gewähren.
Mit Bescheid vom 26.08.1999 setzte der Bekl. eine Eigenheimzulage für den Zeitraum 1998 bis 2005 in Höhe von jährlich 5.000,00 DM fest. Die zusätzlich beantragte Kinderzulage bezog er in seine Festsetzung nicht mit ein.
Hiergegen richtet sich die von dem Kl. nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage.
Der Kl. ist der Auffassung, der Bekl. habe es zu Unrecht abgelehnt, ihm die beantragte Kinderzulage zu gewähren. Seine Tochter gehöre nicht nur zum Haushalt ihrer Mutter, sondern – bei einer an dem Gleichheitsgebot sowie dem Sinn und Zweck der Kinderzulage orientierten Auslegung des Begriffs der Haushaltszugehörigkeit – auch zu seinem Haushalt. Denn bei den Zeiten, zu denen seine Tochter bei ihm lebe, handle es sich nicht um von der Kindesmutter geduldete Besuche, sondern um Aufenthalte aufgrund der bewussten Entscheidung beider Elternteile, um auf diese Weise den ohnehin für das Kind belastenden Zustand der räumlichen Trennung von Vater und Mutter auf das Minimum zu reduzieren.
Auch in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei anerkannt, dass eine doppelte Haushaltszugehörigkeit eines Kindes durchaus möglich sei. Wann eine solche vorliege, könne jedoch vor dem Hintergrund ansonsten bestehender Manipulationsmöglichkeiten sinnvoller Weise nicht davon abhängen, wem nach dem Gesetz das Sorgerecht zustehe und ob sich das Kind, für das eine Kinderzulage begehrt werde, in etwa gleichlange bei jedem Elternteil aufhalte. Abgestellt werden müsse in diesem Zusammenhang vielmehr allein darauf, ob die Eltern tatsächlich ein gemeinsames Sorgerecht ausübten und wie sie in Ausübung dieses Sorgerechts den Aufenthalt ihres Kindes gemeinsam regelten.
Ein anderes Verständnis des Begriffs der Haushaltszugehörigkeit führe zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung von Elternteilen, die sich in der gleichen persönlichen Situation wie er befänden, und widerspräche zudem der Absicht des Gesetzgebers, die dieser mit der Einführung der Kinderzulage verfolgt habe. Denn abgesehen davon, dass getrennt lebende Eltern, die sich um das Wohlergehen ihrer Kinder kümmerten, je nach Lebenssituation teilweise erheblich größere finanzielle Belastungen zu tragen hätten als verheiratete und zusammenlebende Eltern und daher an sich ohnehin bevorzugt gefördert werden müssten, habe er als Bauherr aufgrund des Umstandes, dass seine Tochter eventuell zu einem späteren Zeitpunkt auch im Sinne der Auffassung des Bekl. zu seinem Haushalt gehören könnte, größer gebaut und damit einerseits erheblich höhere finanzielle Aufwendungen gehabt, als wenn er alleinstehend gewesen wäre. Andererseits habe er jedoch die gleichen Mehraufwendungen für sein Kind gehabt und trage als barunterhaltspflichtiger Elternteil genauso zum Lebensunterhalt seiner Tochter bei, wie jeder andere Elternteil, der mit der Kindesmutter und seinem Kind zusammen lebe und daher bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen die Kinderzulage bekomme.
Eine andere Auslegung des Begriffs der Haushaltszugehörigkeit eröffne zudem erhebliche Manipulationsmöglichkeiten. Zwar sei es formal richtig, dass in § 9 Abs. 5 EigZulG nicht auf die bloße Anmeldung abgestellt werde. Tatsächlich dürfte es jedoch anders sein mit der Folge, dass er die beantragte Kind...