Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung des gemeinen Werts eines GmbH-Anteils. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 15/21)
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei der Bewertung des gemeinen Werts eines GmbH-Anteils bildet der Substanzwert nach § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG stets den Mindestwert.
2) Dies gilt auch dann, wenn der Stpfl. die Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen unter fremden Dritten geltend macht.
Normenkette
BewG §§ 151, 11 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der gemeine Wert eines Anteils an der Klägerin zu 1. gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 Bewertungsgesetz (– BewG –) aus Einziehungen von Geschäftsanteilen abgeleitet werden kann.
Die Kläger zu 2. und 3. sind die Erben ihrer am 23.11.2014 verstorbenen Mutter, Frau D. T., geb. L.. Zum Nachlass der Erblasserin gehörte eine Beteiligung an der Klägerin zu 1. im Nennbetrag von 511.516 Euro (entspricht rd. 9,95 Prozent).
Die bereits im Jahr 1972 zu einem anderen Zweck gegründete Klägerin zu 1. fungierte seit dem Jahr 1996 als Familienholdinggesellschaft für ein Familienunternehmen, dessen Ursprünge auf das Jahr 1825 zurückgehen und dessen operative Gesellschaft die H-GmbH ist.
Die Funktion der Familienholdinggesellschaft wurde zuvor von der H. H. GmbH wahrgenommen. Im Zeitraum von 1984 bis 1986, auf den sich das Verfahren des Finanzgerichts (– FG –) Münster unter dem Aktenzeichen 3 K 5548/96 F bezog, war die H. H. GmbH mit einer Beteiligung von 52 Prozent an der operativen Gesellschaft und mit Aktien im Umfang von 18,65 Prozent an der Q-AG beteiligt, die die übrige Beteiligung an der operativen Gesellschaft hielt.
Im Jahr 1997 wurde die H. H. GmbH formwechselnd in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, auf die die Q-AG im Jahr 1999 gegen Gewährung von Kommanditanteilen verschmolzen wurde, sodass an der Kommanditgesellschaft auch familienfremde Dritte, nämlich die übrigen ehemaligen Aktionäre der Q-AG, beteiligt waren. Aus diesem Grund wurden bereits im Jahr 1996 die Anteile der Familiengesellschafter an der H. H. GmbH in die Klägerin zu 1. eingebracht.
Die Komplementärin der GmbH & Co. KG wurde im Jahr 2012 formwechselnd in die H-AG umgewandelt und umfirmiert, auf die die Kommanditgesellschaft mit Eintragung im Handelsregister am 13.11.2014 verschmolzen wurde.
Im Verfahren des FG Münster unter dem Aktenzeichen 3 K 5548/96 F war streitig, ob der gemeine Wert an der H. H. GmbH, der damaligen Klägerin, auf den 31.12.1984, auf den 31.12.1985 und auf den 31.12.1986 aus Verkäufen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr abgeleitet werden konnte, wenn diese Verkäufe zwischen den Familiengesellschaftern erfolgt waren. Im Jahr 1984 fanden drei und in den Jahren 1985 und 1986 jeweils zwei Verkäufe sowie im Jahr 1986 zusätzlich eine Einziehung statt. Wegen der Einzelheiten des damaligen Verfahrens wird auf das Urteil vom 07.12.2000 (EFG 2001, 956) verwiesen.
An der Klägerin zu 1. waren bis zum hier maßgeblichen Stichtag inklusive der Erblasserin 15 Gesellschafter beteiligt, die vier verschiedenen Familienstämmen zuzuordnen waren. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 5.138.800 Euro.
Herr G. T., der Ehemann der Erblasserin und Vater der Kläger zu 2. und 3., verfügte wie die Erblasserin über einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 511.516 Euro. Die Kläger zu 2. und 3. waren mit Geschäftsanteilen im Nennbetrag von jeweils 401.598 Euro (entspricht jeweils etwa rd. 7,81 Prozent) beteiligt. Mit der notariell beurkundeten Poolvereinbarung vom 05.06.2009 (UR-Nr. xxx des Notars V. M. in T-Stadt) hatten sich die Erblasserin, die Kläger zu 2. und 3. und Herr G. T. zum Zwecke des dauerhaften Erhalts einer Beteiligung des Familienstamms an der Klägerin zu 1. von über 25 Prozent untereinander dazu verpflichtet, über ihre Anteile an der Klägerin zu 1. nur einheitlich zu verfügen und das Stimmrecht nur einheitlich auszuüben. Die Poolvereinbarung betraf auch zukünftig hinzuerworbene Anteile. Zum maßgeblichen Stichtag umfasste diese Poolvereinbarung rd. 35,53 Prozent des Stammkapitals der Klägerin zu 1.
Mit notarieller Urkunde vom 23.12.2009 (UR-Nr. xxx des Notars V. M. in T-Stadt) hatten weitere Gesellschafter der Klägerin zu 1., darunter Frau S. H., eine vergleichbare Poolvereinbarung geschlossen. Von dieser Poolvereinbarung war jedoch einen Teilgeschäftsanteil von Frau S. H. in Höhe von nominal 205.850 Euro nicht umfasst.
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin, der nach dem Vortrag der Kläger demjenigen der ehemaligen H. H. GmbH nachgebildet worden ist, sieht in § 11 vor, dass die Einziehung von Geschäftsanteilen mit Zustimmung des Gesellschafters stets und die Zwangseinziehung nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Eine zwangsweise Einziehung ist danach unter anderem möglich, wenn die Beteiligung des Gesellschafters weniger als 2 Prozent des Stammkapitals beträgt. Nach § 12 des Gesellschaftsvertrags bedarf die Abtretung von Geschäftsanteilen an Nicht-Gesellschafter eines einstimmigen, mit allen vorhandenen Stimmen zu fassenden Gesellschafterbeschlusses, während eine Ab...