Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleichsberechnung im Rahmen des Familienleistungsausgleichs

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Vergleichsberechnung von Kindergeld und Kinderfreibetrag gemäß § 31 Satz 4 EStG ist eine monatliche Betrachtungsweise vorzunehmen.

 

Normenkette

EStG § 31 S. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.01.2003; Aktenzeichen VIII R 64/99)

 

Gründe

Streitig ist, ob bei der gemäß § 31 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) durchzuführenden Vergleichsberechnung auf den Kalendermonat abzustellen oder ob eine Jahresberechnung durchzuführen ist.

Der Kläger erhielt für seine am 30.11.1977 geborene Tochter A bis zum Abschluß ihrer Ausbildung im April 1996 Kindergeld iHv von monatlich 200,– DM. In seiner Einkommensteuer-Erklärung 1996 (Streitjahr) beantragte er, wegen der anschließenden Arbeitslosigkeit der Tochter einen Kinderfreibetrag für die Monate Mai bis Dezember zu gewähren. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ermittelte der Beklagte aufgrund einer Vergleichsrechnung, daß die tarifliche Einkommensteuer ohne Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages 1.053,– DM betrage und damit das gezahlte Kindergeld die steuerliche Wirkung eines Kinderfreibetrages nicht erreiche. Er setzte daraufhin unter Berücksichtigung eines Kinderfreibetrages von monatlich 522,– DM (= 6.264,– DM) und unter Anrechnung des ausgezahlten Kindergeldes gemäß § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG die Einkommensteuer auf 800,– DM fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Der Kläger meint, die Berechnung, ob das gezahlte Kindergeld für die steuerliche Freistellung des Existenzminimums ausreiche oder ob ein Kinderfreibetrag abzuziehen sei, müsse monatlich durchgeführt werden. Der Gesetzgeber habe in § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG zum Kinderfreibetrag eindeutig auf eine monatliche Betrachtungsweise abgestellt. Daher müsse bei der Prüfung gemäß § 31 EStG in den Fällen, in denen nicht über das gesamte Jahr Kindergeld gezahlt worden sei, sondern ein Anspruch auf Kinderfreibetrag bestanden habe, ebenfalls das Monatsprinzip angewendet werden.

Auf den Fall bezogen bedeute dies, daß die steuerliche Auswirkung unter Berücksichtigung von Kinderfreibeträgen für die ersten vier Monate des Streitjahres nur 506,– DM betrage, das gezahlte Kindergeld von 800,– DM mithin die steuerliche Freistellung in Höhe des Existenzminimums gewährleiste. Soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich sei (294,– DM), diene es gem. § 31 Satz 2 EStG der Förderung der Familie. Die festzusetzende Einkommensteuer unter Berücksichtigung von dann noch acht Kinderfreibeträgen (Mai bis Dezember 1996) betrage 0,– DM.

Der Kläger beantragt,

  1. unter Änderung des Einkommensteuer-Bescheides 1996 idF der Einspruchsentscheidung die Einkommensteuer auf 0,– DM festzusetzen und
  2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen, hilfsweise wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zuzulassen.

Er meint, da bei einer jährlichen Betrachtungsweise das ausgezahlte Kindergeld die steuerliche Wirkung eines Kinderfreibetrages nicht erreicht habe, sei gem. § 31 Satz 4 EStG bei der Veranlagung ein Kinderfreibetrag abzuziehen. Das FG München habe zwar in dem vom Kläger angeführten rechtskräftigen Urteil vom 11.11.1997 Az. 13 K 2792/97 (EFG 1998, 370) eine andere Auffassung vertreten. Es habe aber die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

Die Klage ist begründet.

Nach § 31 Sätze 3, 4 und 5 EStG wird im laufenden Kalenderjahr das Kindergeld als Steuervergütung monatlich gezahlt. Wird die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kinderfreibetrag abzuziehen und das Kindergeld nach § 36 Abs. 2 EStG zu verrechnen. Hiernach ist, wenn das Einkommen in den Fällen des § 31 EStG um den Kinderfreibetrag vermindert wurde, im entsprechenden Umfang das gezahlte Kindergeld der Einkommensteuer hinzuzurechnen. Die Höhe des Kinderfreibetrages beträgt gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung für ein Kind monatlich 522,– DM.

Sowohl für das Kindergeld als auch für den Kinderfreibetrag gilt eine monatliche Betrachtungsweise. Für den Kinderfreibetrag ergibt sich dies unmittelbar aus § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG. Hiernach wird ein Kinderfreibetrag für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen vorgelegen haben, bei der Veranlagung zur Einkommensteuer vom Einkommen abgezogen. Gleiches gilt für das Kindergeld. Hierunter ist grundsätzlich das für den jeweiligen Kalendermonat zu zahlende Kindergeld zu verstehen (vgl. Einführungsschreiben zum Familienlastenausgleich des BMF vom 18. Dezember 1995 IV B 5 – S 2282a – 438/95 II, BStBl. I 1995, 805 ff., Rdnr. 4). Die Hinzurechnungen des Kindergeldes in entsprechendem Umfang (§ 36 Abs. 2 Satz 1 EStG) richten si...

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