Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsfrist für den Erlass eines Bescheides über die gesonderte Verlustfeststellung nach § 10d EStG
Leitsatz (redaktionell)
Ein Antrag auf erstmalige Feststellung eines verbleibenden Verlustvortrags nach § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG kann in entsprechender Anwendung des § 356 Abs. 2 AO 1977 innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides gestellt werden, wenn einerseits ein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid mangels Beschwer unzulässig ist und andererseits dieser Einkommensteuerbescheid keine Belehrung enthält, dass innerhalb der Einspruchsfrist gegen den Einkommensteuerbescheid die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zu beantragen ist.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 3 Sätze 4-5; AO 1977 § 356 Abs. 2; EStG § 10d Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2000 (Streitjahr) noch ein verbleibender Verlustvortrag aus – ursprünglich nicht erklärten – Wertpapiergeschäften gesondert festgestellt werden kann.
Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger erklärten in ihrer Einkommensteuererklärung 2000 neben Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus selbstständiger Arbeit, aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung in der Anlage SO unter „Private Veräußerungsgeschäfte” Einkünfte des Klägers von 654 DM aus vom Finanzamt E. (Steuer-Nummer: xxx/xxxx/xxxx) festgestellten Anteilen an Einkünften aus einer Grundstücksgemeinschaft. Den darüber hinaus vom Kläger aus An- und Verkäufen von Aktien der E. (Kennnummer yyyy) und Optionsscheinen der T. (Kennnummer zzzz) unstreitig erzielten privaten Veräußerungsverlust nach § 23 Absatz 1 Nrn. 2 und 3 EStG in Höhe von insgesamt 8.222 DM gaben die Kläger nicht an.
Der Beklagte setzte mit Einkommensteuerbescheid vom 02.05.2002 unter Ansatz sonstiger Einkünfte mit 0 DM die Einkommensteuer für 2000 auf 101.134,56 EUR (197.802 DM) fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 05.01.2003 beantragten die Kläger erstmals, für das Jahr 2000 gemäß § 23 Abs. 3 i.V.m. § 10 d EStG einen vortragsfähigen Verlust in Höhe von 8.222 DM (4.204,– EUR) festzustellen.
Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22.01.2003 die Erteilung eines Feststellungsbescheides über den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2000 mit der Begründung ab, nach Bestandskraft der Einkommensteuer-Veranlagung komme der Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides nur noch in Betracht, wenn die Voraussetzungen für eine Änderung des Einkommensteuerbescheides vorlägen. Dies sei hier nicht der Fall.
Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, auf die Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides 2000 komme es nicht an, da es sich bei dem beantragten Verlustfeststellungsbescheid um einen separaten Bescheid handele. So lange – wie hier – noch keine Feststellungsverjährung eingetreten sei, sei der erstmalige Erlass eines derartigen Bescheides nicht nur möglich, sondern zwingend geboten. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Berücksichtigung der entstandenen privaten Veräußerungsverluste zu keiner Änderung der Einkommensteuer führen würde und diese Verluste bei der Veranlagung zur Einkommensteuer weder erklärt noch irgendwie berücksichtigt worden seien.
Die Kläger beantragen,
- unter Aufhebung des Bescheids in 22.01.2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2004 auf den 31.12.2000 einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften gemäß § 23 Absatz 3 i.V.m. § 10 d EStG in Höhe von 7568 DM festzustellen.
- die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorfahren für notwendig
zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, für den Fall des Unterliegen, die Revision zuzulassen.
Er ist unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 9.12.1998 XI 62/97, BStBl II 2000, 3 weiterhin der Auffassung, auch der erstmalige Erlass eines Feststellungsbescheides über den verbleibenden Verlustabzug setze voraus, dass der zugrundeliegende – bisher keinen Verlust ausweisende – Einkommensteuersteuerbescheid formell oder materiell noch nicht bestandskräftig sei und daher verfahrensrechtlich noch geändert werden könne. Das BFH-Urteil vom 12.6.02 XI R 26/01, BStBl II 2002, 681 sei nicht einschlägig, da – anders als in dem diesem Urteil zugrundeliegenden Fall – hier bereits ein bestandskräftiger Steuerbescheid vorgelegen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, auf den 31.12.2000 einen verbleibenden Verlust des Klägers aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 3.869,46 EUR (umgerechnet 7.568 DM) festzustellen.
Nach § 23 Absatz 3 Satz 8 EStG dürfen Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nur ...