Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Sinne von § 10e EStG bei unentgeltlicher Einräumung eines dinglichen Wohnrechtes zu Gunsten des Ehegatten

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken durch den Eigentümer liegt nicht vor, wenn die Wohnung mit einem dinglichen Nutzungsrecht zu Gunsten des Ehegatten belastet ist und dem Eigentümer von seinem nutzungsberechtigten Ehegatten ganz oder teilweise zur unent-geltlichen (Mit-)Nutzung überlassen wird. Es liegt auch kein Fall einer mittelbaren Eigennutzung des Eigentümers vor.

 

Normenkette

EStG § 10 e Abs. 6 S. 1, Abs. 1 Sätze 1, 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.09.2001; Aktenzeichen X R 29/00)

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Vorkosten im Sinne des § 10 e Abs. 6 Einkommensteuergesetz (EStG) bei einer von den Eheleuten gemeinsam genutzten Eigentumswohnung (ETW), die im Alleineigentum eines Ehegatten steht und an der der andere Ehegatte ein dingliches Wohnrecht hat.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 27.10.1993 erwarb die Klägerin (Klin.) von ihrem Vater eine ETW zu einem Kaufpreis von 330.000,00 DM. Der Kaufpreis war in bar nach Beurkundung des Kaufvertrages, spätestens jedoch am 01.12.1993 an den Verkäufer zu zahlen. In derselben notariellen Vertragsurkunde räumte die Klin. ihrem Ehemann ein lebenslängliches Wohnrecht an dieser Wohnung ein. Das Wohnrecht wurde am 28.12.1993 in das Grundbuch eingetragen. Die Kl. bezogen die Wohnung am 22.12.1993. Am 07.03.1995 erfolgte die von den Klägern (Kl.) einvernehmlich beantragte Löschung des Wohnrechts.

Im Rahmen der Einkommensteuer-(ESt)-Erklärung 1993 (Streitjahr) machten die Kl. im Zusammenhang mit dem Erwerb der ETW Vorkosten i.S.d. § 10 e Abs. 6 EStG in Höhe von 48.935,00 DM geltend. Bei den Vorkosten handelt es sich im wesentlichen um ein Damnum in Höhe von 7.900,00 DM und Aufwendungen in Höhe von 40.043,00 DM für einen neuen Fußbodenbelag und Tischler- und Klempnerarbeiten. Über die Höhe der geltend gemachten Kosten und ihre steuerliche Qualifizierung als Vorkosten besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen. Einen Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG beantragten die Kl. im Hinblick auf den die Grenze von 240.000,00 DM übersteigenden Gesamtbetrag der Einkünfte nicht.

Mit ESt-Bescheid vom 09.02.1995 setzte das beklagte Finanzamt (FA) die ESt 1993 auf 229.982 DM fest. Eine steuerliche Berücksichtigung der Vorkosten lehnte es unter Hinweis auf die Wohnrechtsbestellung zugunsten des Kl. ab.

Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte in der Streitfrage keinen Erfolg.

Mit der vorliegenden Klage vertreten die Kl. weiterhin die Auffassung, daß die streitigen Vorkosten steuermindernd anzuerkennen seien. Die ETW, die von den verheirateten Kl. gemeinschaftlich als Lebensmittelpunkt genutzt werde, sei einerseits aus wirtschaftlichen Überlegungen von der Klin. (und nicht vom Kl.) angeschafft worden, da die Kl. wirtschaftlichen Risiken, die sich aus dem Beruf des Kl. als selbständigen Radiologen ergeben würden, begegnen wollten. Andererseits hätte auch der Kl., der die Familieneinkünfte zu ca. 95 v. H. erwirtschafte und von dem Kaufpreis 180.000,00 DM getragen habe, abgesichert werden sollen. Mit der gewählten Rechtskonstruktion sei wirtschaftlich lediglich gewollt gewesen, daß beide Kl. wirtschaftlich eine gleichberechtigte Rechtsstellung hätten innehaben sollen. Die in 1995 erfolgte Löschung des Wohnrechts und Eintragung einer Briefgrundschuld zugunsten des Kl. in Höhe von 180.000,00 DM würden diese Zielsetzung verdeutlichen. Aufgrund des dargestellten Sachverhalts widerspreche es dem Grundsatz der im Steuerrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wenn der Klin. als Eigentümerin der Vorkostenabzug versagt werde, weil sie die Wohnung nicht aufgrund ihrer Rechtsstellung als Eigentümerin sondern aus einem abgeleiteten Wohnrecht des Kl. nutze. Beide Berechtigten würden vielmehr wechselseitig im Rahmen ihrer Lebensgemeinschaft jeweils die aus dem Eigentumsrecht fließenden Rechte des anderen nutzen. In jedem Fall liege in der Person der Klin. eine mittelbare Eigennutzung vor. Sollte ein Abzug der Vorkosten bei der Klin. als Eigentümerin zu versagen sein, müßte zumindest der Kl. aufgrund des dargelegten wirtschaftlichen Sachverhalts als wirtschaftlicher (Mit-)Eigentümer zur steuerlichen Geltendmachung der Vorkosten berechtigt sein.

Die Kl. beantragen,

den ESt-Bescheid vom 09.02.1995 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung (EE) vom 15.04.1996 zu ändern und Vorkosten i.S.d. § 10 e Abs. 6 EStG in Höhe von 48.935,00 DM steuermindernd anzuerkennen.

Der Beklagte (Bekl.) beantragt,

die Klage abzuweisen, im Unterliegensfalle die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, daß bei der Klin. aufgrund des eingeräumten dinglichen Wohnrechts zugunsten des Kl. eine Eigennutzung ausgeschlossen sei. Auch aus der gemeinsamen Nutzung im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft ergebe sich nichts anderes. Aus Sicht des Kl. folge diese Nutzung aus eigenem Recht aufgrund seiner Stellun...

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