Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtungsrecht des Einbringenden und Möglichkeit der Buchwertfortführung, wenn während des Rückwirkungszeitraums getätigte Entnahmen gemäß § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 zu negativen Anschaffungskosten des Einbringenden führen
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Fall der Einbringung eines Betriebs i.S. des § 20 UmwStG steht dem Einbringenden ein eigenes Anfechtungsrecht gegen die gegenüber dem aufnehmenden Unternehmen ergangene Steuerfestsetzung zu, wenn er geltend macht, die darin zu Grunde gelegten Werte des eingebrachten Betriebsvermögens seien zu hoch.
2. Aus dem zwischen § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 und § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 bestehenden Regelungszusammenhang folgt nicht, dass § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG 2006 über seinen Wortlaut hinaus, der einen negativen Buchwert des Einbringungsgegenstandes am steuerlichen Übertragungsstichtag voraussetzt, im Wege der teleologischen Extension auch insoweit anzuwenden wäre, als der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens durch Entnahmen in Rückwirkungszeitraum (ggf. saldiert mit Einlagen im Rückwirkungszeitraum) gemindert wird und sich aus dieser Rechenoperation ein (ggf. höheres) negatives Ergebnis ergibt.
Normenkette
UmwStG 2006 § 20
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beigeladene das Betriebsvermögen des vom Kläger eingebrachten Einzelunternehmens mit dem Buchwert ansetzen darf.
Der Kläger erzielte als … (Berufsbezeichnung) (C Inh. A B e.K.) bis 2015 Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2009).
Mit Vertrag vom …2016 (Urkundenrolle Nr. …/2016 des Notars D mit dem Amtssitz in E) brachte der Kläger sein Einzelunternehmen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die Beigeladene ein (§ 1 des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags). Diese war vom Kläger am …2015 gegründet und am ….2016 ins Handelsregister eingetragen worden. Der Kläger war auch deren Geschäftsführer.
Das übertragene Vermögen (Aktiva und Passiva) ergab sich aus der Schlussbilanz nebst Inventarverzeichnis des einzelkaufmännischen Unternehmens. Die Schlussbilanz wies ein Eigenkapital von 1.777,34 € auf. Alle auf den Bilanzstichtag bis zur Eintragung der Ausgliederung vom Einzelkaufmann hinzu erworbenen oder veräußerten Vermögensgegenstände wurden mit übertragen (§ 2 Abs. 1 des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags). Die Einbringung des einzelkaufmännischen Unternehmens erfolgte zu Buchwerten, die sich aus dem Jahresabschluss des einzelkaufmännischen Unternehmens zum 31.12.2015 ergaben. Die Einbringung erfolgte unter Anwendung des § 20 des Umwandlungssteuergesetzes 2006 in der Fassung des Steueränderungsgesetzes 2015 (StÄndG 2015) vom 2.11.2015 –BGBl I 2015, 1834– (UmwStG 2006) gegen Ausgabe eines Geschäftsanteils an der Beigeladenen mit einem Nominalbetrag von 1.500 €. Der diesem Nominalbetrag übersteigende Buchwert des einzubringenden einzelkaufmännischen Unternehmens stellte der Kläger der Beigeladenen als Darlehen zur Verfügung (§ 2 Abs. 2 des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags).
Als Gegenleistung für die vorstehende Vermögensübertragung erhielt der Kläger gemäß § 3 Abs. 1 des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags einen Geschäftsanteil an der aufnehmenden Beigeladenen im Wert von 1.500 €. Zur Durchführung der Ausgliederung wurde das Kapital der Beigeladenen von 25.000 € auf 26.500 € erhöht (§ 3 Abs. 4 des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags).
Der Ausgliederung lag nach § 4 Abs. 1 des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags die Bilanz des Klägers zum 31.12.2015 zugrunde. Die Übertragung der Vermögensgegenstände des Einzelunternehmens erfolgte im Innenverhältnis mit Wirkung zum Ablauf des 31.12.2015. Vom 1.1.2016 an sollten alle Handlungen und Geschäfte, die sich auf die übertragenen Vermögensgegenstände bezogen, als für Rechnung der übernehmenden Beigeladenen vorgenommen gelten (Ausgliederungsstichtag, § 4 Abs. 2 des Ausgliederungs- und Übernahmevertrags).
Die Umwandlung wurde am …2016 in das Handelsregister B des Amtsgerichts F (HRB 1111111) eingetragen.
Aufgrund einer Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2016 und 2017 sowie bei der Beigeladenen für die Jahre 2015 bis 2017 führte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) in den Prüfungsberichten aus, dass der Wert, mit dem die übernehmende Beigeladene das eingebrachte Betriebsvermögen angesetzt habe, für den Einbringendenden als Veräußerungspreis und als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile gelte. Soweit neben den Gesellschaftsanteilen auch andere Wirtschaftsgüter gewährt würden, sei deren gemeiner Wert bei der Ermittlung der Anschaffungskosten abzuziehen. Gem. § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG 2006 seien die Anschaffungskosten darüber hinaus um den Wert der im Rückwirkungszeitraum vorgenommenen Entnahme zu mindern. Das Betriebsvermögen des Einzelunternehmens sei zunächst mit 1.777,34 € angesetzt worden. Im Rückwirkungszeitraum (Januar bis März 2016) seien Entnahmen in Höhe von 19.546,85 € sowie 33.000 € vorgenommen worden, die bei der C GmbH über das Konto #1508 als Forde...