Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der kindergeldschädlichen Einkünfte beim unterjährigen Übergang vom Universitätsabschluss zur Vollzeitberufstätigkeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Leitsatz (redaktionell)
1) Für das Ende einer Berufsausbildung bei einem Diplomstudiengang an einer Hochschule ist das Datum der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses maßgeblich. Auf eine in dieser Mitteilung rückwirkende Benennung eines in der Vergangenheit liegenden "Abschlusses" des Studiums kommt es kindergeldrechtlich nicht an.
2) Die Fortsetzung des Hochschulstudiums mit dem Studienziel "Promotion" stellt eine Fortsetzung der Berufsausbildung dar, sofern das Kind - ungeachtet eines gleichzeitigen Dienstverhältnisses z.B. als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität - in der Lage ist, sich ernsthaft und nachhaltig auf die Promotion vorzubereiten. Das ist insbesondere der Fall, wenn in dem Dienstvertrag ein Zeitanteil in Höhe von 40% für die Forschungstätigkeit, insb. für Vorarbeiten zur Promotion ausgewiesen ist.
Normenkette
EStG § 70 Abs. 4, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Festsetzung von Kindergeld ab Januar 2007 aufgehoben und das überzahlte Kindergeld für den Zeitraum von Januar 2007 bis Juli 2007 zurückgefordert hat.
Der Kläger erhielt zunächst laufend Kindergeld für seinen im April 1981 geborenen Sohn, den Zeugen N. C. (nachfolgend auch „Kind”). Im Jahr 2007 schloss das Kind den Studiengang Statistik an der Universität E. ab. Seine Diplomarbeit zum Thema „XXX”, die von der Zeugin Prof. Dr. F. betreut wurde, reichte er im Juni 2007 ein. Die Universität E. stellte dem Sohn des Klägers am 09.08.2007 eine Bescheinigung über bestandene Diplomprüfungen in Statistik mit dem Bemerken aus, als Datum des Abschlusses gelte der 26.06.2007. Bis Ende Juni 2007 arbeitete der Sohn des Klägers als studentische Hilfskraft an der Universität E. für die Zeugin Prof. Dr. F. Hierfür erhielt er einen Bruttoarbeitslohn von insgesamt 2.301,54 EUR. Ab dem 01.09.2007 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Zeugin Frau Prof. Dr. F. mit einer monatlichen Vergütung von 2.817 EUR bei der Universität E. angestellt. Der zunächst bis zum 31.12.2007 befristete Vertrag wurde anschließend verlängert. Im Dezember 2007 beantragte der Sohn des Klägers beim Promotionsausschuss der Fakultät Statistik seine Zulassung als Doktorand. Als Arbeitstitel der Dissertationsschrift, die von der Zeugin Prof. Dr. F. betreut werden sollte, gab er dabei an:„YYY”.
Die Beklagte hob die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 21.09.2007 ab Januar 2007 auf und forderte den Kläger auf, den für den Zeitraum von Januar 2007 bis Juli 2007 gezahlten Betrag in Höhe von 1.078 EUR zu erstatten. Zur Begründung führte sie aus, das Einkommen des Kindes überschreite im Kalenderjahr 2007 voraussichtlich den maßgeblichen Grenzbetrag.
Den hiergegen eingelegten Einspruch wies die Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 27.08.2008, einem Mittwoch, zurück. Sie erläuterte, die Einkünfte und Bezüge des Kindes überschritten den Grenzbetrag von 7.680 EUR. Das Kind habe für die Dauer von vier Monaten ein monatliches Entgelt in Höhe von 2.817 EUR vereinnahmt. Abzüglich einer Pauschale von 20 % für Sozialversicherungsbeiträge und des Arbeitnehmerpauschbetrags von 920 EUR hätten sich die Einkünfte und Bezüge auf 8.094,40 EUR belaufen. Die Einspruchsentscheidung wurde dem Kläger mit einfacher Post bekannt gegeben.
Der Kläger hat am 01.10.2008 Klage erhoben.
Im Klageverfahren bringt der Kläger vor, die Ausbildung seines Sohnes habe im Juni 2007 geendet; nur bis zu diesem Zeitpunkt lägen die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG für die Gewährung von Kindergeld vor. Die zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge des Kindes würden den anteiligen Grenzbetrag für die ersten sechs Monate des Jahres 2007, der sich auf 3.840 EUR belaufe, nicht überschreiten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 21.09.2007, in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27.08.2008, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, es habe im gesamten Jahr 2007 ein kindergeldrechtlicher Berücksichtigungstatbestand vorgelegen. In die Prüfung, ob der maßgebliche Grenzbetrag überschritten sei, seien alle Einkünfte und Bezüge, die das Kind im Jahr 2007 erzielt habe, einzubeziehen.
Der Senat hat am 02.07.2009 einen Beweisbeschluss über die schriftliche Einvernahme der Zeugin Prof. Dr. F. gefasst. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Schreiben der Zeugin Prof. Dr. F. vom 13.07.2009 nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat am 17.08.2009 mündlich verhandelt und Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen N. C. Wegen der Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Kindergeldakten der Beklagten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.08.2009 Bezug...