Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch bei Beginn einer Ausbildung während der formellen Fortdauer des Zivildienstes

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für Kinder, die in einem Wehr- oder Zivildienstverhältnis stehen, besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Es ist - ungeachtet eines vorzeitigen Ausbildungsbeginns - auf das formelle Bestehen des Zivildienstverhältnisses abzustellen.

2. Der Zivildienstsold ist als Bezüge im Sinne des § 32 Abs 4 S 2 EStG anzusehen.

3. Die Dienstanweisungen zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs (DA-FamEStG) binden als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften das Finanzgericht nicht.

 

Normenkette

EStG § 63 Abs. 1, § 32 Abs. 4, 4 Sätze 1, 1 Nrn. 2, 2 Buchst. a, § 32 Abs. 4 S. 2, § 32 Abs. 4 Sätze 6-7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 14.05.2002; Aktenzeichen VIII R 48/01)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob für die Monate Oktober bis Dezember 1999 Kindergeld festzusetzen ist.

Der Kläger hatte früher für den am 21.02.1977 geborenen Sohn … Kindergeld erhalten. Vom 01.09.1998 bis 30.09.1999 leistete der Sohn seinen Zivildienst ab. Bereits ab dem 01.08.1999 begann er während seines Erholungsurlaubs mit Erlaubnis des Bundesamtes für Zivildienst eine Ausbildung zum Steuerfachgehilfen. Von August bis Dezember 1999 erhielt der Sohn folgende Beträge ausbezahlt:

1. Zivildienstsold:

August 1999

976,50 DM

September 1999

945,00 DM

Entlassungsgeld (ausbezahlt im September)

1.500,00 DM

zusammen

3.421,50 DM

2. Ausbildungsvergütung:

August

872,00 DM

anteiliges Urlaubs-/Weihnachtsgeld

73,00 DM

Fahrgeld zur Arbeit

93,00 DM

brutto

1.038,00 DM

1.038,00 DM

September

872,00 DM

anteiliges Urlaubs-/Weihnachtsgeld

73,00 DM

vermögenswirksame Leistungen

17,00 DM

Fahrgeld zur Arbeit

93,00 DM

Gesamtbrutto

1.055,00 DM

1.055,00 DM

Oktober (wie September)

1.055,00 DM

November (wie September)

1.055,00 DM

Dezember (wie September)

1.055,00 DM

5.258,00 DM

Mit am 30.09.1999 beim beklagten Arbeitsamt eingegangenem Schriftsatz beantragte der Kläger Kindergeld unter Hinweis darauf, daß der Sohn … seit dem 01.08.1999 eine Ausbildung begonnen habe.

Dies lehnte das Arbeitsamt mit Bescheid vom 19.11.1999 betreffend die Monate Oktober bis Dezember 1999 mit der Begründung ab, daß der Sohn in dieser Zeit eigene Einkünfte/Bezüge in einer schädlichen Höhe erzielt habe. Hierbei setzte es die Bruttoausbildungsvergütung mit monatlich 962,00 DM an, d. h. für drei Monate in Höhe von 2.886,00 DM, und berücksichtigte Weihnachtsgeld in Höhe von 365,00 DM. Hiervon zog es Werbungskosten anteilig für drei Monate aus dem Jahrespauschbetrag gem. § 9 a Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 2.000,00 DM, d. h. mit 499,00 DM, ab. Außerdem berücksichtigte das Arbeitsamt das Entlassungsgeld in Höhe von 1.500,00 als Bezüge und zog hiervon lediglich eine anteilig auf drei Monate entfallende Pauschale des Jahresbetrages von 360,00 DM mit 90,00 DM ab. Gegenüber einem Jahresgrenzbetrag für drei Monate in Höhe von 3.255,00 DM (13.020,00 DM ./. 12 Monate × 3 Monate) betrugen danach die eigenen Einkünfte/Bezüge 4.162,00 DM.

Hiergegen erhob der Kläger Einspruch, den das Arbeitsamt am 03.02.2000 als unbegründet zurückwies. Nunmehr verwies es darauf, daß es für die Beurteilung der eigenen Einkünfte/Bezüge des Sohnes auf den Zeitraum vom 01. August – 31. Dezember 1999 ankomme. Für diese fünf Monate betrage der anteilige Grenzbetrag 5.425,00 DM (13.020,00 DM ./. 12 Monate × 5 Monate). Die Ausbildungsvergütung berücksichtigte es nunmehr mit monatlich 1.055,00 DM. Außerdem bezog es den Zivildienstsold für die Monate August und September 1999 in die Betrachtung ein. Damit kam es auf Einkünfte/Bezüge in Höhe von insgesamt 8.696,50 DM. Mindernd berücksichtigte es den Arbeitnehmerpauschbetrag in voller Höhe von 2.000,00 DM und eine Kostenpauschale anteilig für 5 Monate in Höhe von 150,00 DM (360,00 DM ./. 12 Monate × 5 Monate). Damit errechnete es eigene Einkünfte/Bezüge in Höhe von 6.546,50 DM, die den Grenzbetrag ebenfalls überstiegen.

Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Er macht geltend, daß ihm für die Monate Oktober bis Dezember Kindergeld in Höhe von monatlich 270,00 DM, insgesamt also 810,00 DM, zustehe. Da während der Zivildienstzeit ein Anspruch auf Kindergeld nicht bestehe, habe die Zeit bis einschließlich September 1999 außer Betracht zu bleiben. Die bis zum 30.09.1999 erfolgten Zahlungen an den Sohn – egal aus welchem Grund – dürften dann auch nicht berücksichtigt werden. Ab Oktober habe der Sohn ein Bruttogehalt von monatlich 1.055,00 DM erzielt. Die damit in den drei Monaten insgesamt erzielten Einkünfte in Höhe von 3.165,00 DM lägen aber unter dem anteiligen Grenzbetrag von 3.255,00 DM. Hierbei sei die Arbeitnehmerpauschale noch nicht einmal berücksichtigt. Tatsächlich seien aber als Werbungskosten die Fahrten mit dem Pkw zu dem 20 km entfernten Arbeitsplatz an drei Tagen der Woche zu berücksichtigen sowie 2 mal wöchentlich Fahrten zu der 40 km entfernten Berufsschule.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 19....

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