Entscheidungsstichwort (Thema)

Juristischer Vorbereitungsdienst als "Berufsausbildung"

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Rechtsreferendarin befindet sich i.S. der Vorschrift des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG in Berufsausbildung.

 

Normenkette

AO § 175 Abs. 1, 1 Nr. 2; EStG § 32 Abs. 4 Sätze 1, 1 Nrn. 1, 2 Buchst. a, Sätze 2, 7, § 63 Abs. 1, 1 Nr. 2, § 70 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.11.2001; Aktenzeichen VI R 144/00)

 

Tatbestand

Streitig ist die Änderung einer Kindergeldfestsetzung.

Der Kläger (Kl.) bezog bis einschließlich September 1997 Kindergeld für drei Kinder, und zwar für seine Stieftochter S, geb. am 05.11.1971 (ein Kind aus der ersten Ehe seiner Ehefrau) und seine leiblichen Kinder A, geb. am 30.06.1982, und P, geb. am 17.04.1984. S studierte bis Juni 1997 Rechtswissenschaften an der Universität H. Sie heiratete am 27.06.1997. Am 01.07.1997 trat sie in Nordrhein-Westfalen in den Referendardienst ein. Sie bezog ausweislich der Lohnsteuerkarte 1997 und des Einkommensteuerbescheids 1997 für die Zeit vom 01.07.–31.12.1997 einen Bruttoarbeitslohn von DM. Ihr Ehemann, der im November 1997 eine Referendarstelle erhielt, bezog vom 01.11.–31.12.1997 einen Bruttoarbeitslohn von DM. Im Dezember 1997 gebar Seinen Sohn.

Der Beklagte (Bekl.) hörte den Kl. mit Schreiben vom 06.03.1998 zu einer eingetretenen Überzahlung von DM für die Zeit von Januar bis September an, weil die Tochter 1997 Bruttoeinkünfte von mehr als 12.000 DM erzielt habe. Mit dem dagegen gerichteten Einspruch wies der Kl. darauf hin, daß er unter dem 09.10.1997 auf den Eintritt seiner Tochter in den Referendardienst hingewiesen habe. Er habe beantragt, das Kindergeld entsprechend zurückzurechnen. Kindergeld sei nur für Juli bis September in Höhe von DM zuviel gezahlt worden.

Mit Bescheid vom 06.04.1998, auf den verwiesen wird, änderte der Bekl. die Kindergeldfestsetzung. Es ergab sich eine Zuvielzahlung für die Tochter S von 1.980 DM (mtl. 220 DM für 9 Monate) und für den Sohn P von 720 DM (mtl. Kindergeld statt 300 DM für das dritte Kind nur noch 220 DM für das zweite Kind). Hinsichtlich der Tochter A ergab sich keine Änderung des Kindergeldes. Den gegen diesen Bescheid unter dem 04.05.1998 eingelegten Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 06.05.1998, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

Mit der dagegen erhobenen Klage trägt der Kl. vor, die Grenze von 12.000 DM sei nicht überschritten. Von den Einkünften seien Abzüge zu machen, da S ihrem Ehemann, der bis zum 01.11.1997 keine Einkünfte erzielt habe, ab Eheschließung (27.06.1997) unterhaltspflichtig gewesen sei. Ab dem 11.12.1997 sei sie auch ihrem eigenen Kind gegenüber unterhaltspflichtig geworden. Weiterhin habe sie an Krankenversicherungsbeiträgen in 1997 DM gezahlt. Im übrigen sei die Grenze von 12.000 DM aber auch nicht zugrundezulegen. S habe ihre Ausbildung mit dem ersten juristischen Staatsexamen abgeschlossen. Ab dem 01.07.1998 hätten die Anspruchsvoraussetzungen gem. § 32 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht mehr vorgelegen, da eine Berufstätigkeit aufgenommen worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt stehe ihm das Kindergeld aber zu. Der Jahresbetrag von 12.000 DM verringere sich gem. § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG um sechs Zwölfte! auf 6.000 DM. Diese Einkommensgrenze sei maßgeblich für den Zeitraum Januar bis Juni 1997. In dieser Zeit hätten die erzielten Einkünfte und Bezüge des Kindes S den Grenzbetrag von 6.000 DM nicht überstiegen. Sollte § 32 Abs. 4 EStG einer Kindergeldgewährung aber entgegenstehen, sei diese Vorschrift, wie näher ausgeführt wird, verfassungswidrig.

Der Kl. beantragt,

den Bescheid über die Änderung der Kindergeldfestsetzung 1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 06.05.1998 insoweit aufzuheben, als zuviel gezahltes Kindergeld von mehr als DM festgesetzt wird.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, der Änderungsbescheid sei rechtmäßig. Es gelte der Jahresbetrag von 12.000 DM, da S sich im gesamten Jahr 1997 in Berufsausbildung befunden habe. Die von ihr bezogenen Einkünfte i. S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG hätten diesen Betrag überschritten. Unterhaltsverpflichtungen könnten von den Einkünften nicht in Abzug gebracht werden.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid des Bekl. vom 06.04.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 06.05.1998 ist rechtmäßig. Dem Kl. stand für die Zeit vom 01.01.–30.06.1997 -nur insoweit wird der Bescheid angegriffen- kein Anspruch auf Kindergeld für seine Stieftochter S zu.

Die Stieftochter des Kl. -als nach § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenes Kind seines Ehegatten- ist nach § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 EStG nicht berücksichtigungsfähig. Zwar wurde die 1997 26 Jahre alt gewordene Stieftochter im Streitjahr für einen Beruf ausgebildet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG), die Höhe ihrer Einkünfte und Bezüge überschreitet jedoch die Grenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Nach dieser Vorschrift wird ein in Berufsausbi...

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