Entscheidungsstichwort (Thema)
Ertragsanteil bei einem Freiberufler-Rentner
Leitsatz (redaktionell)
Die Besteuerung von Renteneinkünften - soweit sie nicht der Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) bb) S. 2 EStG unterfallen - mit einem Ertragsanteil von 50% verstößt auch bei ehemaligen Freiberuflern nicht gegen Verfassungsrecht.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) aa); GG Art. 20, 3 Abs. 1; EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a) bb) S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im zweiten Rechtszug über die Rechtmäßigkeit der Besteuerung der Renteneinkünfte des Klägers gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen (Alterseinkünftegesetz – AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (Bundesgesetzblatt Teil I 2004, 1427).
Der am 5. März 1931 geborene Kläger wurde im Streitjahr 2005 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen. Außerdem bezog er eine seit dem 1. April 1996 laufende Rente aus einer gesetzlichen Rentenversicherung. Die monatlichen Rentenzahlungen setzten sich im Streitjahr wie folgt zusammen:
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bis 30. Juni 2005 |
ab. 1. Juli 2005 |
Rentenbetrag |
1.882,82 EUR |
1.882,82 EUR |
Zuschuss Krankenversicherung |
134,62 EUR |
125,21 EUR |
Auszuzahlender Betrag |
2.017,44 EUR |
2.008,03 EUR |
Der Kläger war in der Zeit von Mai 1993 bis April 1996 als angestellter Wirtschaftsprüfer nichtselbständig, im Übrigen stets selbständig tätig. Er zahlte im Jahr 1972 „für” den Zeitraum Januar 1956 bis Dezember 1972 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nach. Dabei lagen seine Einzahlungen „für” die Jahre 1956 bis 1967 oberhalb der Höchstbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Insgesamt leistete er „für” die Jahre 1956 bis 1996 – einschließlich der Arbeitgeberanteile für den Zeitraum Mai 1993 bis März 1996 – Beiträge in Höhe von 291.111,00 DM. Ausweislich des Schreibens der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 8. März 2006 zahlte der Kläger „in” fünf Jahren Beiträge zur allgemeinen Rentenversicherung oberhalb des Höchstbeitrags, und zwar „in” den Jahren 1968, 1985, 1987, 1989 sowie 1991. Die Einzahlungen „für” die Jahre 1956 bis 1967 wurden dabei von der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht berücksichtigt.
Der Kläger bezog in den Jahren 1996 bis 2005 Rentenzahlungen in Höhe von insgesamt 438.911,00 DM. Der der Besteuerung unterworfene Ertrags- bzw. Besteuerungsanteil der Rentenzahlungen belief sich in diesem Zeitraum (ohne Berücksichtigung des Werbungskosten-Pauschbetrags) auf 128.665,00 DM, steuerfrei blieben 310.246,00 DM.
In seiner Einkommensteuererklärung 2005 erklärte der Kläger Renteneinkünfte in Höhe von 24.143,00 EUR. In diesem Betrag war auch der monatliche Zuschuss zur Krankenversicherung enthalten. Der Kläger beantragte, die Rente nach Maßgabe der sogenannten Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb EStG in der Fassung des AltEinkG vom 5. Juli 2004 lediglich in Höhe von 18 % statt in Höhe von 50 % zu besteuern.
Der Beklagte folgte dem Begehren – auch im Rechtsbehelfsverfahren – nicht, sondern ermittelte den der Besteuerung unterworfenen Anteil der Renteneinkünfte – abzüglich der nach § 3 Nr. 14 EStG steuerfreien Krankenversicherungszuschüsse – gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG mit 11.298,00 EUR.
Das Finanzgericht wies die dagegen erhobene Klage im ersten Rechtszug mit Urteil vom 14.10.2008 als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte es aus, die von dem Kläger begehrte niedrigere Besteuerung der Renteneinkünfte könne nicht aus dem Gesetz hergeleitet werden. Insbesondere lägen die Voraussetzungen der sogenannten Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 3 EStG nicht vor. Der Kläger habe einen Nachweis, dass der jeweilige Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG mindestens 10 Jahre überschritten worden sei, nicht erbracht. Bei der Prüfung, ob nachgezahlte Beträge die jährlichen Höchstbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung überschritten, sei der Zahlungszeitraum maßgeblich und nicht der Zeitraum, für den die Nachzahlungen erbracht wurden. Zwar regele die Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 2 EStG die Frage, welche Zeiträume bei der Nachzahlung von Beiträgen maßgeblich seien, nicht ausdrücklich. Der Sinn und Zweck der Öffnungsklausel gebiete jedoch die Geltung des sogenannten „In”-Prinzips. Nach dem in § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG normierten Abflussprinzip komme es für die Höhe des Sonderausgabenabzugs auf die „in” dem jeweiligen Veranlagungszeitraum erbrachten tatsächlichen Zahlungen an. Dies gelte auch für die Nachzahlung von Beiträgen für bereits abgelaufene Jahre. Hänge aber d...