Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung (fiktiv) überschießender Sonderausgaben bei § 34 Abs. 1 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Im Rahmen des § 34 Abs. 1 EStG findet keine Berücksichtigung von (fiktiv) überschießenden beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben statt.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 4, § 34 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig bei der Veranlagung zur Einkommensteuer (ESt) für das Streitjahr 2000 ist die Verrechnung (von fiktiv) überschießenden beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben mit dem nach § 34 Abs. 1 EStG zu versteuernden Einkommen.
Die Kläger (Kl.) sind verheiratet und werden zusammen zur ESt veranlagt. Der Kl. ist Rentner, die Klin. war im Streitjahr nichtselbständig tätig.
Der Kl. erhielt im Streitjahr von seinem früheren Arbeitgeber 50.472 DM als Versorgungsbezüge. Er erklärte im Rahmen der ESt-Erklärung 2000 den Bruttoarbeitslohn i.H.v. 50.472 DM und setzte in gleicher Höhe Versorgungsbezüge an. Die Kl. erklärten weiter beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben (Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, Beiträge zur Lebensversicherung und zur Haftpflichtversicherung) i.H.v. insgesamt 9.053 DM.
Das Finanzamt (FA) folgte der Erklärung und setzte die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Kl. mit 50.472 DM an, weiter berücksichtigte es den Versorgungsfreibetrag i.H.v. 6.000 DM. Die beschränkt abziehbaren Sonderausgaben setzte es erklärungsgemäß mit 9.053 DM an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid für 2000 über ESt vom 06.07.2001 Bezug genommen.
Die Kl. legten Einspruch ein. In dem Betrag von 50.472 DM, den der Kl. als Betriebsrente erhalten habe, sei eine Nachzahlung von 40.500 DM für den Zeitraum 01.01.1991 bis 31.12.1996 enthalten. Die Nachzahlung sei ermäßigt analog § 34 EStG zu besteuern. Nachdem der Kl. weitere Unterlagen vorgelegt hatte, änderte das FA den Bescheid antragsgemäß. Das zu versteuernde Einkommen ermittelte es danach wie folgt:
Gesamtbetrag der Einkünfte |
70.388 DM |
./. Sonderausgaben |
|
gezahlte Kirchensteuer |
1.076 DM |
Zwischensumme |
69.312 DM |
./. beschränkt abziehbare Sonderausgaben |
9.053 DM |
./. außergewöhnliche Belastung |
|
Behinderten-Pauschbeträge |
1.710 DM |
zu versteuerndes Einkommen |
58.549 DM |
zu versteuern nach der Splittingtabelle 20.392 DM, Steuer |
0 DM |
zu versteuern nach § 34 Abs. 1 EStG 38.157 DM, Steuer |
1.240 DM. |
Das FA setzte dementsprechend die ESt auf 1.240 DM fest. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 13.11.2001 Bezug genommen.
Die Kl. legten Einspruch ein. Es sei zutreffend, dass die beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben zunächst auf das Einkommen zu verrechnen seien, welches sich nach der Splittingtabelle ergebe. Das seien im Streitfall 20.392 DM. Nach der Splittingtabelle ergebe sich aber ohnehin ein steuerfreies Einkommen in Höhe eines Betrages von 26.900 DM. Die beschränkt abziehbaren Sonderausgaben würden deswegen tatsächlich nur teilweise mit dem Einkommen verrechnet, auf das die Splittingtabelle anzuwenden sei. Die sodann überschießenden noch vorhandenen beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben seien auf das nach § 34 Abs. 1 EStG zu versteuernde Einkommen zu verrechnen. Im Ergebnis führe das dazu, das die ESt auf 0 DM festzusetzen sei. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 58.549 DM (100 %) entfielen auf das nach der Splittingtabelle zu versteuernde Einkommen von 20.392 DM (34,83 %) an beschränkt abziehbaren Sonderausgaben 3.153 DM (34,83 % von 9.053 DM) und auf das nach § 34 EStG zu versteuernde Einkommen von 38.157 DM (65,17 %) von den beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben 5.900 DM (65,17 % von 9.053 DM).
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Verrechnung von (fiktiv) überschießenden beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben mit dem zu versteuernden Einkommen sei nicht möglich, da es nicht gesetzlich vorgesehen sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 21.08.2002 Bezug genommen.
Die Kl. erhoben Klage, mit der sie ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholen. Darüber hinaus verweisen sie auf die Kommentierung bei Schmidt, (EStG, Kommentar, 21. Aufl. § 34 Rz 52). Dort werde ausgeführt, dass u.a. die Sonderausgaben zunächst von den voll steuerpflichtigen und sodann von den am höchsten zu besteuernden außerordentlichen Einkünften abzuziehen seien.
Die Kl. beantragen,
die mit Bescheid vom 13.11.2001 in Gestalt der EE vom 21.08.2002 festgesetzte ESt 2000 auf 0 DM herabzusetzen,
hilfsweise im Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise im Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.
Zur Begründung bezieht es sich auf seine EE. Darüber hinaus führt es aus, dass der Hinweis auf Schmidt § 34 EStG Rz 52 einen anderen Fall treffe, nämlich einen Fall, in dem es vorher einen Verlustausgleich gegeben habe.
Die Berichterstatterin hat die Sach- und Rechtslage erörtert, auf die Sitzungsniederschrift vom 16.06.2005 wird hin...