Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifbegünstigung der Veräußerung im SBV bilanzierter WG einer Gemeinschaftspraxis
Leitsatz (redaktionell)
1) Zahlungen an den bisherigen Praxisinhaber - nach Gründung einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis Anfang 1997 durch Einbringung der Einzelpraxis in das SBV - für die Erlangung materieller und immaterieller Anteile an der Praxis, am Ende des der Eröffnung der Praxisgemeinschaft folgenden Jahres, sind laufender, nicht tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn.
2) Die Ende 1998 erfolgte Beteiligung eines neuen Gesellschafters an den im SBV gehaltenen Wirtschaftsgütern erfolgt nicht im Rahmen des sog. "Zwei-Stufen-Modells", wenn die vorgesehene Beteiligung von zunächst 5% an den immateriellen Wirtschaftsgütern zum Ende des Jahre 1997 wirtschaftlich bedeutungslos ist.
Normenkette
EStG §§ 18, 34, 16
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Entgelt im Zusammenhang mit der Aufnahme einer weiteren Person in eine bestehende freiberufliche Praxis als Veräußerungsentgelt anzusehen ist, das gemäß der §§§ 18 Abs. 3 Satz 1, 16 Abs. 1 Nr. 2 und 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ermäßigt zu besteuern ist.
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtszug. Die Klägerin (Klin.) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Beteiligt waren im Streitjahr 1998 nach dem insoweit nicht angefochtenen Feststellungsbescheid des Finanzamts (FA) die Zahnärzte Dr. M, Oralchirurg Dr. F, R sowie T. Dr. M ist im ersten Rechtszug gemäß § 60 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren notwendig beigeladen worden. Er hatte ursprünglich in eigener Person eine Zahnarztpraxis geführt.
Der Beigeladene (Beigel.) hatte zunächst mit Herrn Dr. F am 21.01.1997 einen Vertrag über die Einrichtung einer zahnärztlichen Praxisgemeinschaft geschlossen (Blatt 38 ff. d. GA des ersten Rechtszugs). Begonnen wurde die Gemeinschaft am 23.01.1997. Die Einnahmen aus der zahnärztlichen Tätigkeit flossen jedem Gemeinschafter direkt zu.
Nach einem zweiten unter demselben Datum (21.01.1997) abgeschlossen Vertrag (vgl. Blatt 44 ff. d. GA des ersten Rechtsgangs) wurde eine Gemeinschaftspraxis als GbR mit Beginn zum 01.04.1997 eingerichtet. Sämtliche ab diesem Zeitpunkt entstehenden Einnahmen aus der Berufstätigkeit flossen nunmehr der Gesellschaft zu. Die Praxiseinrichtung stand weiterhin im Eigentum des Beigel. Sie blieb sein Sonderbetriebsvermögen. Im Übrigen enthielt dieser Vertrag Regelungen über die Praxiseinnahmen und – ausgaben (§ 8), die Beteiligung am Gewinn bzw. Verlust (§ 10) sowie für den Fall des Ausscheidens Regelungen über eine Abfindung (§ 15).
Am 29.03.1997 schlossen der Beigel. und Herr Dr. F nochmals einen Gesellschaftsvertrag (Blatt 174 ff. d. GA des ersten Rechtszugs), aufgrund dessen sie – wie bereits mit dem Vertrag vom 21.01.1997 – eine GbR mit Wirkung zum 01.04.1997 gründeten. Auch nach diesem Vertrag waren alle Honorareinnahmen der einzelnen Partner Einnahmen der Gesellschaft (§ 15). Dieser Vertrag enthielt im Übrigen Regelungen zu den Betriebsausgaben (§ 16), Investitionen (§ 20), Gewinn- und Verlustverteilung (§ 21) sowie Regelungen zu einer Abfindung im Falle des Ausscheidens des Herrn Dr. F aus der Gesellschaft (§ 25). In § 19 war Folgendes vereinbart:
„An den materiellen und ideellen Werten der Gemeinschaftspraxis sind Partner 1. (Beigel.) und Partner 2. (Dr. F) wie folgt beteiligt:
- Partner 1. verpflichtet sich, Partner 2. 5 % des ideellen Wertes der Praxis zum 31.12.1997 anzubieten.
- …
…”
Eine derartige Regelung war in dem Vertrag vom 21.01.1997 nicht enthalten.
Mit Vertrag vom 30.12.1997 veräußerte der Beigel. an Herrn Dr. F 5 v. H. des immateriellen Wertes (good will) der Zahnarztpraxis zum Preis von 37.500,00 DM. Mit zwischen beiden Beteiligten genannter Vereinbarung „Darlehensvertrag” ebenfalls vom 30.12.1997 wurde die Zahlung bis zum 4. Quartal 1998 bei einem Zinssatz von 5 v. H. gestundet. Tatsächlich gezahlt wurde – ohne Zinsen – am 29.12.1998.
Am 24.11.1997 wurde ein neuer Gesellschaftsvertrag unter Einschluss des zusätzlich beteiligten Zahnarztes R geschlossen (vgl. Blatt 66 ff. d. GA des ersten Rechtszugs). Die Gesellschaft begann zum 01.01.1998 auf unbestimmte Zeit. Sämtliche ab dem 01.01.1998 entstehenden Einnahmen aus der Berufstätigkeit standen der Gesellschaft zu (§ 8 Nr. 1). Laufende Ausgaben wurden aus den Praxiseinnahmen bestritten mit Ausnahme der Beiträge zur Zahnärztekammer, Ausgaben für Fortbildung sowie jene für die Anschaffung und Unterhaltung von Kraftfahrzeugen (§ 8 Nr. 3). Diese Aufwendungen zählten zu den Sonderbetriebsausgaben. Die Verteilung des Gewinns bzw. Verlusts war in § 10 geregelt (Gewinnanteil des Dr. F mindestens 150.000,00 DM, Gewinnanteil des Herrn R mindestens 96.000,00 DM sowie der Rest zugunsten des Beigel.). Im Falle einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse konnte jeder der Gesellschafter von dem anderen eine entsprechend...