Entscheidungsstichwort (Thema)
Vereinbarkeit einer Tätigkeit als Rechtsreferendar mit dem Beruf des Steuerberaters
Leitsatz (redaktionell)
Wesentlich für die Arbeitnehmertätigkeit i.S.d. StBerG ist, dass der Arbeitnehmer in der Regel zeitlich und örtlich so gebunden ist, dass er in Folge der ihm vorgegebenen Gestaltung seiner Arbeit Aufgaben außerhalb seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr ohne Rücksichtnahme auf die Verpflichtung aus diesem Verhältnis vornehmen kann. Eine Rechtsreferendartätigkeit erfüllt die Anforderungen an eine Arbeitnehmertätigkeit im vorgenannten Sinn.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 18.04.2012; Aktenzeichen VII B 147/11) |
Tatbestand
Streitig ist, ob die Tätigkeit als Rechtsreferendar mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar ist.
Der Kläger ist seit September 2009 Steuerberater und Partner der Sozietät M. und Partner. Seit dem 01.12.2009 ist er außerdem Rechtsreferendar beim Landgericht E.. Bis zum Ende des Vorbereitungsdienstes ist ihm vom Präsidenten des Oberlandesgerichts (OLG) I. eine Nebentätigkeitsgenehmigung für eine Tätigkeit als Steuerberater mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 8 Stunden erteilt worden. In der Genehmigung wird darauf hingewiesen, dass durch die Nebentätigkeit die Ausbildung nicht beeinträchtigt werden dürfe und dass der Kläger „zu jeder Zeit für die Arbeitsgemeinschaften sowie für die Termine der Ausbildungsstelle und im Rahmen der üblichen Dienstzeit auch für die sonstige Ausbildung in der Praxis zur Verfügung stehen” müsse. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kopie der Nebentätigkeitsgenehmigung vom 24.11.2009 Bezug genommen.
Am 06.04.2010 nahm die Beklagte gem. § 46 Abs. 2 Nr. 1 Steuerberatungsgesetz (StBerG) das Widerrufsverfahren gegen den Kläger auf, weil sie der Ansicht war, dass mit dem Referendariat eine Tätigkeit als Arbeitnehmer vorliege, die gem. § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG nicht mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar sei. Im Rahmen des Widerrufsverfahrens holte die Beklagte eine Stellungnahme vom OLG I. ein, aus der sich ergibt, dass für einen Referendar lediglich eine Nebentätigkeitserlaubnis für maximal 10,25 Stunden erteilt werden kann, die zudem mit einer Vorrangigkeitsregelung (Nebentätigkeit darf nicht während der Arbeitszeit im Referendariat ausgeübt werden) versehen werden müsse. Eine Arbeitgeberbescheinigung als Syndikus-Steuerberater kam nach der Auskunft des OLG I. für den Kläger nicht Betracht.
Die Beklagte nahm dies zum Anlass, die Bestellung des Klägers als Steuerberater mit Bescheid vom 09.12.2010 zu widerrufen.
Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger als Rechtsreferendar eine Tätigkeit ausübe, die nicht mit dem Beruf des Steuerberaters vereinbar sei. Die Tätigkeit als Referendar stelle ein öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis dar, auf das im Wesentlichen die Vorschriften des Landesbeamtengesetzes NRW Anwendung fänden und eine Arbeitnehmer-Eigenschaft begründeten. Es bestehe Weisungsgebundenheit gegenüber dem Dienstherrn, welcher lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn als Unterhaltsbeihilfe bezahle. Die dafür geschuldete Dienstleistung des Referendars bestehe in der Ausbildung unter Vorbereitung auf das zweite juristische Staatsexamen. Im Rahmen des Rechtsreferendariats bestünden zudem verschiedene Pflichten (wie z.B. die Erstellung von Pflichtarbeiten, die Teilnahme an Arbeitsgemeinschaften oder sog. Klausurwochen), die einer unabhängigen Ausübung des Berufs des Steuerberaters entgegenstünden. Aufgrund dieser Verpflichtungen könne der Kläger für eine Steuerberatertätigkeit nicht zur Verfügung stehen. Es sei nämlich nicht gewährleistet, dass er seinen Verpflichtungen gegenüber dem Mandanten uneingeschränkt nachkommen könne und auch die im Interesse der Steuerrechtspflege erforderliche Unabhängigkeit sei nicht gewährleistet. Die Beschäftigung unterfalle auch nicht den Ausnahmevorschriften des § 57 Nr. 3 oder 58 S. 2 Nr. 5a StBerG. Insbesondere liege keine Syndikustätigkeit gem. § 58 StBerG vor; dies setze nämlich die Wahrnehmung von steuerberatenden Tätigkeiten im Rahmen des Angestelltenverhältnisses voraus, woran es im Streitfall – zumindest dauerhaft – fehle.
Die gesetzlichen Regelungen der §§ 57 ff. StBerG stellten abschließende, nicht analogiefähige Ausnahmevorschriften dar.
Am 09.01.2011 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Nach seiner Ansicht liegen die Voraussetzungen für einen Widerruf als Steuerberater nicht vor, weil der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des § 57 Abs. 4 Nr. 2 StBerG einschränkend dahingehend ausgelegt werden müsse, dass die Tätigkeit als Rechtsreferendar nicht erfasst werde; auf eine analoge Anwendung der Ausnahmetatbestände der §§ 57 ff. StBerG komme es deshalb nicht an.
So lägen bei einer Tätigkeit als Referendar sämtliche nach Sinn und Zweck der Norm bestehenden Gründe, warum eine Tätigkeit als Arbeitnehmer mit dem Beruf des Steuerberaters unvereinbar seien, nicht vor. Zu berücksichtigen sei auch, dass ...