Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdeckte Gewinnausschüttung beim Erwerb eines Einzelunternehmens von gerader Verwandter des alleinigen Gesellschafters zu überhöhtem Kaufpreis
Leitsatz (redaktionell)
1) Erwirbt die Gesellschaft von ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Gegenstand, hier ein Einzelunternehmen, ist die Angemessenheit des Kaufpreises durch sog. Bandbreitenbetrachtung zu bewerten.
2) Bei der Bewertung eines Einzelunternehmens kann das übliche sog. Ertragswertverfahren nach IDW Standard S 1 angewendet werden, wobei ein Durchschnittsertrag der in den letzten drei Jahren vor dem Verkauf tatsächlich erzielten Jahresergebnisse angenommen werden kann zuzüglich weiterer Korrekturbeträge und abzüglich des Unternehmerlohns.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; KStG § 8 Abs. 2 S. 3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für den Erwerb eines Einzelunternehmens von der Mutter ihres alleinigen Gesellschafters einen überhöhten Kaufpreis gezahlt hat und dies in den Streitjahren 2007 und 2008 zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) geführt hat.
Die Klägerin ist eine im Jahr 2003 gegründete GmbH mit Sitz in X. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war bzw. ist die Konfektion und der Vertrieb von …. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn nach einem mit dem Kalenderjahr identischen Wirtschaftsjahr.
Die Anteile an der Klägerin hielt ab 2003 zunächst zu 100 % Herr B A. Ab dem 15.5.2007 hielt die A GmbH sämtliche Anteile an der Klägerin. An der vorgenannten GmbH waren B A und sein Vater, Herr C A, zu je 50 % beteiligt. Geschäftsführer der Klägerin war bzw. ist B A.
Die Mutter von B A, Frau D A, betrieb – nach dem Vorbringen der Klägerin seit dem Jahr 1974 – ein Einzelunternehmen. Gegenstand des Unternehmens war auch hier der Verkauf von …. Das Einzelunternehmen war der Ursprung für die unternehmerischen Tätigkeiten der Familie A im vorgenannten Bereich.
Im Jahr 2001 gründete D A die E GmbH, welche ebenfalls im vorgenannten Bereich des Verkaufs von … tätig war. Im Jahr 2003 wurde über das Vermögen der E GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Laut dem Handelsregister wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt und die Gesellschaft im Jahr 2004 im Handelsregister gelöscht.
D A verkaufte mit einem Kaufvertrag vom 1.1.2007 mit Wirkung zum gleichen Datum ihr Einzelunternehmen an die Klägerin. Als Kaufpreis waren monatliche Raten von 1.500 € über einen Zeitraum von 14 Jahren zu zahlen (insgesamt 168 Raten). Aus einer in den Bp-Handakten befindlichen Aufstellung geht hervor, dass die zu zahlenden Raten von insgesamt 252.000 € einen Zinsanteil von 76.497,72 € enthielten und die auf den Kaufpreis zu erbringenden Tilgungen damit einen Betrag von (ca.) 175.500 € ausmachten. Es wurde des Weiteren vereinbart, dass das Warenlager mit Bestand zum 31.12.2006 auf die Klägerin übergeht (§ 4 des Kaufvertrags), sowie, dass die Klägerin in alle laufenden Verträge eintritt (§ 5 des Kaufvertrags). Die Klägerin erwarb auch das Recht, den Firmennamen fortzuführen (§ 3 Ziff. 1 des Vertrags). Eine Übernahme von Forderungen und Verbindlichkeiten wurde demgegenüber ausdrücklich ausgeschlossen (§ 2 Ziff. 2 – 4 des Vertrags). Schließlich wurde ein Wettbewerbsverbot für D A für die Dauer der Ratenzahlung vereinbart (§ 7 des Vertrags).
Die Klägerin behandelte den Kauf des Einzelunternehmens in ihrer Buchführung wie folgt: Sie aktivierte materielle Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten von zusammen 13.500 € (Anlagevermögen 1.108 €, Waren 11.330 €, GWG 1.062 €). Daneben aktivierte sie einen Firmenwert mit Anschaffungskosten von 162.000 €. Die vorgenannten Wirtschaftsgüter schrieb die Klägerin ab (den Firmenwert linear über 15 Jahre, 10.805 €/Jahr).
Nach dem Verkauf des Einzelunternehmens war D A bei der Klägerin angestellt und für diese tätig.
Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) veranlagte die Klägerin für die Streitjahre zunächst erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer. Hierzu erließ es für 2007 unter dem Datum vom 27.5.2009 und für 2008 unter dem Datum vom 7.1.2010 entsprechende Bescheide zur Körperschaftsteuer, über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer und über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 KStG. Den Bescheiden fügte es jeweils einen Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO bei.
Im Jahr 2010 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 statt. Die Bp war der Auffassung, dass der beim o.g. Ankauf des Einzelunternehmens durch die Klägerin vereinbarte Kaufpreis überhöht war. Der Wertansatz für die materiellen Wirtschaftsgüter sei nicht zu beanstanden. In Höhe des angesetzten Firmenwerts von 162.000 € sei der Kaufpreis jedoch zu hoch und wäre unter fremden Dritten nicht bezahlt worden. Tatsächlich habe der Firmenwert des Einzelunternehmens 0 € betragen. Da D A als Mutter des zu diesem Zeitpunkt alleinigen Anteilseigners eine der Klägerin nahe stehende Per...