Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG
Leitsatz (redaktionell)
Ein Konzept, das keine steuerlichen Vorteile in Aussicht stellt, sondern vielmehr (in betrügerischer Absicht) mit von Beginn an erzielbaren Renditen wirbt, ist kein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG.
Normenkette
EStG § 15b
Tatbestand
Streitig ist, ob in den Jahren 2011 und 2012 aufgrund eines Steuerstundungsmodells im Sinne des § 15b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht ausgleichsfähige Verluste festzustellen sind.
Der Kläger schloss im Jahr 2010 mit der X-Gesellschaft mbH (X-GmbH) und der X-EWIV, ein mit der X-GmbH verbundenes Unternehmen (zusammen auch: X-Gruppe), Verträge über den Ankauf von mit Rapsöl zu betreibenden Blockheizkraftwerken sowie hiermit verbundene Nutzungs- bzw. Verwaltungsverträge ab. Er bestellte bei der X-GmbH – soweit hier in Rede stehend – zwei Blockheizkraftwerke (Nr. 1 und Nr. 2) und zwar am 18.05.2010 zu einem Kaufpreis von (brutto) 44.625 € (Anlagenleistung 50 kwh) und am 04.08.2010 zu einem Kaufpreis von (brutto) 66.937,50 € (Anlagenleistung 75 kwh). Die Kaufpreise finanzierte er privat fremd. Darüber hinaus schloss der Kläger mit der X-EWIV erstens Verträge über die Anmietung einer Standortfläche für die beiden Blockheizkraftwerke und zweitens sog. Verwaltungsverträge ab, aufgrund derer die X-EWIV für den Kläger die Verwaltung und Betreuung der Blockheizkraftwerke (incl. Führung eines treuhänderischen Sonderkontos für den Kläger) übernahm. Hierbei war u.a. vereinbart, dass der Kläger monatlich einen Abschlag auf den voraussichtlichen Jahresüberschuss erhalten sollte; dieser sollte für das erste Betriebsjahr 1/12 von 40% des Nettokaufpreises eines Blockheizkraftwerks betragen. Etwaige Über- bzw. Unterdeckungen waren zu späterer Zeit auszugleichen. Drittens schloss der Kläger mit der X-EWIV sog. Premium Service Verträge ab. Wegen der weiteren Einzelheiten zu den abgeschlossenen Verträgen wird auf das zwischen den Beteiligten ergangene Senatsurteil vom 11.03.2016, 4 K 3365/14 E (EFG 2016, 807, auch abrufbar unter www.justiz.nrw.de) sowie die aktenkundigen Dokumente verwiesen.
Diesen Vertragsabschlüssen lagen Prospekte und andere Kundeninformationen der X-Gruppe zugrunde. Darin bringt die X-Gruppe u.a. zum Ausdruck, dass die Stromerzeugung aus Blockheizkraftwerken für eine über 20 Jahre gesetzlich fixierte Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) qualifiziere. Ferner wird in einer „Musteranlagenkalkulation” (u.a. Broschüre „X-EWIV ProfessionalManagement & Service for First-Quality Products”) für Kraftwerke mit Anlagenleistung von 50 kwh – nach Abzug von (vertraglichen) Fix- und Betriebskosten, aber ohne Berücksichtigung von Abschreibungen und Fremdfinanzierungskosten – ein „Überschuss p.a.” in Höhe von 20.660,00 € und mit Anlagenleistungen von 75 kwh in Höhe von 30.989,60 € ausgewiesen. Aus diesen Überschüssen würden monatliche Abschlagszahlungen (für das erste Betriebsjahr in Höhe von 1.250 € bzw. 1.875 €) gezahlt. Es wird dabei darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Betriebsergebnisse in der Realität abweichen können und dass die Kalkulation keinerlei steuerliche Aspekte oder Auswirkungen berücksichtige. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegenden Prospekte und anderen Kundeninformationen verwiesen.
Die X-Gruppe nahm darüber hinaus Beratungsschulungen für (potentielle) Vermittler/Berater vor, die Bestellung von Blockheizkraftwerken vermitteln sollten/wollten; auf das dem Senat vorliegende Schulungsmaterial wird wegen der Einzelheiten ebenfalls Bezug genommen.
Die vom Kläger bestellten Blockheizkraftwerke wurden – wie von der X-Gruppe bzw. den für sie handelnden Personen von vornherein beabsichtigt war – nicht geliefert (vgl. Senatsurteil vom 11.03.2016 4 K 3365/14 E, a.a.O.). Im März 2011 beschloss das Amtsgericht B-Stadt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der X-GmbH. Der Vorsteuerabzug aus der (beabsichtigten) Anschaffung der Blockheizkraftwerke wurde dem Kläger rechtskräftig versagt (Finanzgericht – FG – Münster,Urteil vom 16.10.2014 5 K 3875/12 U, EFG 2015, 84, auch abrufbar unter www.justiz.nrw.de).
Wegen der einkommensteuerlichen Qualifizierung dieser Vorgänge entstand zwischen den Beteiligten eine Kontroverse, die der Senat im Urteil vom 11.03.2016 4 K 3365/14 E, a.a.O.) dahin entschied, dass es sich bei dem Ergebnis des (vom Kläger angestrebten) Betriebs der hier in Rede stehenden Blockheizkraftwerke (Nr. 1 und Nr. 2) um gewerbliche Einkünfte handele. Der danach zu berechnende Verlust betrage im Jahr 2011 136.424,89 € und im Jahr 2012 5.693,56 €. Der Verlust des Jahres 2011 beruhte u.a. darauf, dass sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 11.03.2016 im Verfahren 4 K 3365/14 E dahingehend tatsächlich verständigt hatten, dass der klägerische Rückforderungsanspruch gegen die X-GmbH wegen der vorgeleisteten Anschaffungskosten für die Blockheizkraftwerke in diesem Jahr uneinbringlich geworden ist....