Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsdienstverhältnis, dualer Ausbildungsgang
Leitsatz (redaktionell)
Für ein Kind, das in einem dualen Studiengang ausgebildet wird, besteht ein Anspruch auf Kindergeld auch dann, wenn die wöchentliche Arbeitszeit mehr als 20 Stunden beträgt.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, 3, § 63 Abs. 1, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin Kindergeld für ihren Sohn L ab August 2012 zusteht.
L wurde am 02.05.1988 geboren. Er besuchte zunächst die Gesamtschule der Stadt I und schloss diese im Juli 2007 ab. Ab 01.07.2007 rief ihn das Kreiswehrersatzamt G zum Grundwehrdienst ein. Im April 2008 war er bei der Firma U KG nichtselbständig tätig. Anschließend studierte er vom 01.10.2008 an der Universität A Elektrotechnik, Informatik und Mathematik. Zum 30.09.2009 ist er exmatrikuliert worden; auf die Exmatrikulationsbescheinigung wird Bezug genommen, Blatt 133 der Kindergeldakte.
Am 01.08.2009 begann L eine Ausbildung als Elektrotechniker mit Fachrichtung/Schwerpunkt Energie- und Gebäudetechnik bei der Firma Elektro C GmbH in R. Wegen der Einzelheiten wird auf den Berufsausbildungsvertrag Bezug genommen, Blatt 109 der Kindergeldakte. Am 15.06.2012 bestand er die Gesellenprüfung im Ausbildungsberuf Elektrotechniker mit der Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik; auf den Gesellenbrief wird Bezug genommen, Blatt 160 der Kindergeldakte.
Vom 18.06.2012 bis zum 31.07.2012 war L als Elektroniker bei seinem Ausbildungsbetrieb, der Firma Elektro C GmbH als Arbeitnehmer beschäftigt; es handelte sich um einen befristeten Arbeitsvertrag, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird; Blatt 161 der Kindergeldakte.
Bereits am 29.02.2012 hatte L mit der Firma Elektro C GmbH einen Vertrag zur Durchführung der Praxisphase im Rahmen des praxisintegrierten Studiengangs „Mechatronik/Automatisierungstechnik” an der Fachhochschule F mit Studienort T abgeschlossen. In der Präambel des Vertrags heißt es, dass im Rahmen des Bachelorstudiengangs „Mechatronik/Automatisierungstechnik” an der Fachhochschule F, Studienort T, in Kooperation mit der Elektro C GmbH eine wissenschafts- und praxisorientierte berufliche Bildung vermittelt werde. Die Ausbildung erfolge im blockweisen Wechsel von betrieblichen Praxisphasen (28 Wochen/Jahr) und Theoriephasen (24 Wochen/Jahr). Dazu beabsichtige L an der Fachhochschule F zum Wintersemester 2012 ein Studium der Fachrichtung „Mechatronik/Automatisierungstechnik” aufzunehmen mit dem Studienabschluss „Bachelor of Engineering”. Gegenstand des Vertrags sei die Durchführung der Praxisphase innerhalb des obengenannten Studiengangs gemäß der geltenden Prüfungsordnung sowie dem Hochschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen.
In § 1 Abs. 1 des Vertrags verpflichtet sich L dementsprechend, das Studium aufzunehmen, gewissenhaft für die Dauer der Regelstudienzeit zu betreiben und zum Abschluss zu führen.
Nach § 1 Abs. 2 des Vertrags wird L im Rahmen der Praxisphasen innerhalb des Studiengangs zur Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen sowie zur angeleiteten und selbständigen Lösung von Aufgabenstellungen in dem Betrieb eingesetzt.
Ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis werde durch diesen Vertrag nicht begründet (§ 1 Abs. 3 des Vertrags).
L erhält nach § 2 des Vertrags von der Firma Elektro C GmbH eine finanzielle Unterstützung gestaffelt nach Semestern in Höhe von monatlich 766 Euro im 1. und 2. Semester, 804 Euro im 3. und 4. Semester, 861 Euro im 5. und 6. Semester sowie 935 Euro im 7. Semester.
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit während der Praxisphasen beträgt nach § 3 Abs. 1 des Vertrags 37 Stunden ausschließlich der Pausen. L hat an 30 Tagen im Jahr Anspruch auf vergütete Freistellung. Die Freistellung soll möglichst in zusammenhängenden Blöcken während der vorlesungsfreien Zeit im Rahmen des Studiengangs genommen werden. Während der Praxisphasen wird er für die Teilnahme an jeweils einem Feed-back-Tag der Hochschule pro Semester freigestellt.
Das Vertragsverhältnis beginnt mit dem 01.08.2012 und endet automatisch mit Ablauf der Regelstudienzeit am 28.02.2016 (§ 13 Abs. 1 des Vertrages).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 29.02.2012 Bezug genommen, Blatt 162 ff. der Kindergeldakte.
Mit Bescheid vom 30.11.2012 hob die Familienkasse S die Festsetzung des Kindergelds ab Juli 2012 auf. L habe eine erste Berufsausbildung bzw. ein Erststudium abgeschlossen und befinde sich aktuell in einer weiteren Berufsausbildung. Da L daneben einer Erwerbstätigkeit nachgehe, könne er gemäß § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) nicht mehr berücksichtigt werden. Lediglich eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, Ausbildungsdienstverhältnisse oder geringfügige Beschäftigungsverhältnisse nach § 8 und § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch seien nicht zu berücksichtigen. Kindergeld sei für den Zeitraum von Juli 2012 bis November 2012 in Höhe von 920 Euro überzahlt worden. Dieser Betrag sei nach § 3...