Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung eines Kaufpreises auf Grund und Boden und Gebäude
Leitsatz (redaktionell)
1) Bei einer im Kaufvertrag vorgenommenen Kaufpreisaufteilung sind die vereinbarten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen.
2) Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter binden allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis sei nur zum Schein bestimmt worden oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs seien gegeben.
3) Für die Beurteilung, ob die vertraglich vereinbarten Werte steuerlich anzuerkennen sind, sind die die Wertverhältnisse am Tag des Gefahrübergangs maßgeblich.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4 Nr. 2; AO § 42; EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Absetzung für Abnutzung (AfA) für ein Gebäude.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 17.11.2017 (Urkundenrolle […] des Notars T., N-Stadt) das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück X-Straße in N-Stadt. Der Kaufpreis in Höhe von 2.400.000 EUR sollte nach § 2 des Kaufvertrags zu 400.000 EUR auf den Grund und Boden entfallen und im Übrigen auf das Gebäude. In § 3 wurde eine Gewährleistung des Verkäufers ausgeschlossen. Anlage 1 des Vertrags enthält eine mit „Bau- und Zustandsbeschreibung” betitelte Liste, in der verschiedene Baumaßnahmen, Ausstattungsmerkmale und Mängel bzw. Risiken (etwa Fassadenrisse, fehlende Bauunterlagen, mögliche Defekte an einer Dachrinne, Überschwemmungsgefahr bei Starkregen) benannt sind; etwaige Altlasten werden in der Liste nicht erwähnt. Der Verkäufer erklärte, dass ihm verborgene Sachmängel nicht bekannt seien und dass sich diese Erklärung auch auf etwaige Altlasten, Öl- und Chemikalienrückstände auf dem Grundstück beziehe. Nach § 4 sollten der Gefahrenübergang und der Übergang der Nutzen und Lasten am Tag, der dem Tag der vollständigen Kaufpreiszahlung folgt, erfolgen. Die vollständige Kaufpreiszahlung erfolgte am 29.03.2018.
Die Anschaffungsnebenkosten betrugen 166.013 EUR.
Die Wohnungen in dem Haus waren zum Zeitpunkt des Erwerbs vermietet; der Kläger setzte die Vermietung fort.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2018 machten die Kläger AfA gemäß § 7 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) für das Gebäude in folgender Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend:
Anteil Bodenwert laut Kaufvertrag (400.000/2.400.000) |
16,67 % |
Anschaffungskosten (Kaufpreis inklusive Nebenkosten): |
2.566.013 EUR |
davon Anschaffungskosten Grund und Boden (16,67 %) |
427.668,85 EUR |
davon Anschaffungskosten Gebäude (83,33 %) |
2.138.344,25 EUR |
AfA Gebäude für neun Monate (*9/12*2%) |
32.076 EUR |
Der Beklagte wies vor Erlass eines Bescheids mit Schreiben vom 07.02.2020 darauf hin, dass er nur AfA in Höhe von 12.594 EUR anzusetzen beabsichtige, ausgehend von einer Aufteilung der Anschaffungskosten auf Grund und Boden und Gebäude im Verhältnis von 32,72 %/67,28 % *. Mit Bescheid vom 30.03.2020 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2018 entsprechend fest.
Mit dem dagegen gerichteten Einspruch begehrten die Kläger die erklärungsgemäße Veranlagung. Im Einspruchsverfahren ermittelte die Bausachverständige des Beklagten nach dem Ertragswertverfahren eine Aufteilungsquote von 39,38 % (Grund und Boden) zu 60,62 % (Gebäude). Daraufhin half der Beklagte dem Einspruch mit Änderungsbescheid vom 01.09.2022 teilweise ab und berücksichtigte eine AfA in Höhe von 23.242 EUR. Der weitergehende Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 02.09.2020 als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte führte zur Begründung aus, dass die vertraglich vereinbarten Werte wegen einer wesentlichen Abweichung von den Bodenrichtwerten nicht steuerlich bindend seien und daher eine Aufteilung der Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der Verkehrswerte von Grund und Boden und Gebäude erfolgen müsse. Wegen der Einzelheiten, insbesondere der Ermittlung der Verkehrswerte durch den Beklagten, wird auf die Einspruchsentscheidung und die im Einspruchsverfahren ausgetauschten Schriftsätze Bezug genommen.
Mit der dagegen gerichteten Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter und tragen (wie teils schon im Einspruchsverfahren) vor:
- Der Kaufpreis habe schon am 17.03.2016 festgestanden. Zu diesem Zeitpunkt seien der Kaufpreis und die Kaufpreisaufteilung bereits zwischen dem Verkäufer und ihm, dem Kläger, vereinbart worden. Dabei sei der Preis pro Quadratmeter Wohnfläche maßgebend gewesen.
- Der sich nach dem Bodenrichtwert ergebende Grundstückswert sei abgerundet worden wegen möglicher Altlasten aus einem Tankstellenbetrieb.
- Es seien mehrere Renovierungsarbeiten am Gebäude vorgenommen worden, nämlich 1985 bis 1990: unter anderem Waschküche mit Podest, Parkett, Balkone; 2014: eine neue Heizung, neue Zu- und Abwasserleitungen, Kellerräume.
- Ein Abriss und Neubau seien „nicht wirtschaftlich” gewesen.
Die ver...