Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage des Vorliegens einer einheitlichen Leistung durch die Einräumung von Rechte an einem Grundstück; mögliche Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12 UStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird vom Grundstückseigentümer gegen Zahlung einer Entschädigung das gesicherte Recht eingeräumt, sein Grundstück für die Durchführung bestimmter Maßnahmen in Anspruch zu nehmen, es jederzeit zu betreten, zu befahren und ggf. einzufrieden, sowie die Besitz-, Abwehr- und Nachbarrechte des BGB auszuüben, hat er damit eine aus mehreren Teilelementen bestehende entgeltliche einheitliche Leistung ausgeführt.
2. Verliert der Stpfl. aufgrund Vereinbarung dauerhaft das Recht, das Grundstück wie ein Eigentümer zu nutzen bzw. Dritten eine solche Nutzungsmöglichkeit einräumen zu können, ist der damit verbundene endgültige Verlust der wirtschaftlichen Herrschaftsmacht über das Grundstück mit dem Wesen der VuV als zeitlich beschränkte Gebrauchsüberlassung nicht vereinbar. Eine Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG kommt somit nicht in Betracht.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 1 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer(USt-)Festsetzungen für 2003, 2004 und 2006, ob das Zurverfügungstellen einer Grundstücksfläche zur Schaffung ökologischer Ausgleichsmaßnahmen sowie das erstmalige Herstellen dieser Ausgleichsmaßnahmen steuerbar und steuerpflichtig ist, sowie ferner, ob die entsprechenden Umsätze, soweit sie steuerbar und steuerpflichtig sind, dem Regelsteuersatz oder der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegen.
Der Kläger betrieb in den Streitjahren einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG unterlagen. Darüber hinaus erzeugte er ab 2004 mit einer Photovoltaikanlage Strom, der in das Netz der Stadtwerke B. eingespeist wurde.
Am 28.05.2003 schloss der Kläger mit der Stadt B. einen notariell beurkundeten Vertrag (Notar N., B., UR-Nr. xxx/2003), der das in seinem Eigentum befindliche und im Grundbuch von X. Blatt xxx unter der laufenden Nummer xx eingetragene und bislang als Ackerland genutzte Grundstück mit der Bezeichnung „Gemarkung X, Flur xx, Flurstück xx, xxx qm groß”, zum Gegenstand hatte. In diesem Vertrag, auf den –einschließlich der dazugehörigen Anlagen– wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, haben der Kläger und die Stadt B. u.a. Folgendes vereinbart:
§ 1
1. |
Herr I. M. ist Eigentümer (…). |
2. |
Herr I. M. stellt der Stadt B. das vorstehende Grundstück für die Anlegung, künftige Erhaltung und Unterhaltung von landwirtschaftspflegerischen Begleitmaßnahmen sowie von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen i.S.d. § 8a BNatSchG i.V.m. § 1 BauGB einschließlich eventuell notwendiger Bodenveränderungen zur Verfügung. Die Größe und Lage der Fläche ergeben sich aus dem Lageplan im Maßstab 1:2.000, der Bestandteil des Vertrages ist und diesem als Anlage 1 beigefügt ist. Herr I. M. bleibt Eigentümer der Fläche. |
§ 2
1. |
Die Stadt B. benötigt für die Verwirklichung von Ausgleichsmaßnahmen aufgrund von Bauleitplänen oder Satzungen nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB, welche nicht innerhalb des Geltungsbereiches der jeweiligen Satzung bzw. nur teilweise dort realisiert werden können, einen entsprechenden Ausgleich. Dieser Ausgleich soll u. a. auf Grundstücken privater Eigentümer durchgeführt werden. |
2. |
Herr I. M. räumt der Stadt B. das Recht ein, mit dem vorstehenden Grundstück so zu verfahren, dass die notwendigen ökologischen Ausgleichsmaßnahmen i.S.d. § 8a BNatSchG i.V.m. § 1a BauGB verwirklicht werden können. Mit diesem Vertrag wird der Stadt B das Recht eingeräumt, wie ein Eigentümer entsprechend § 903 BGB mit den Eigentumsflächen des Grundstückseigentümers zu verfahren und so ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum ökologischen Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft nachzukommen. Der Stadt B. stehen alle Ansprüche zur Abwehr von Einwirkungen, alle Besitzrechte und Abwehrrechte des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Nachbarrechtes in der jeweiligen Fassung zu. |
3. |
(…) |
4. |
Auf der in § 1 genannten Fläche werden Ausgleichsmaßnahmen von Eingriffen in Natur und Landschaft auf der Grundlage des als Anlage 2 dieses Vertrages beigefügten Fachgutachtens (…) und nach Maßgabe der Unteren Landschaftsbehörde beim Kreis C angelegt und künftig dauerhaft unterhalten. |
5. |
Herr I. M. verpflichtet sich, die Flächen entsprechend den Vorgaben des vorgenannten Sachverständigengutachtens und nach Maßgabe der Unteren Landschaftsbehörde beim Kreis C auf seine Kosten erstmalig so herzurichten, dass die Stadt B Anspruch auf die Zuteilung der gutachterlich ermittelten und landschaftsbehördlich bestätigten 394.680 Ökopunkte erhält, wie diese sich aus dem in Anlage 3 dieses Vertrages beigefügten Schreiben der Unteren Landschaftsbehörde (ULB) vom 11.09.2002 ergeben. Die Arbeiten sind in Abstimmung mit der ULB bis zum 31.12.2004 zu beenden. |
§ 4