Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Vorsteuerabzugsberechtigung bei Leasinggestaltung
Leitsatz (redaktionell)
Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Lieferung gem. § 3 Abs. 1 UStG setzt die Verschaffung der Verfügungsmacht über den Vertragsgegenstand in der Form voraus, dass eine Übertragung von Substanz, Wert und Ertrag stattfindet, was beinhaltet, dass der Abnehmer die tatsächliche Sachherrschaft und damit die Befähigung erwirbt, über den Gegenstand rein tatsächlich zu verfügen. Ob bei einem Leasinggeschäft eine Übertragung der Verfügungsmacht vorliegt, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Hat die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums nur eine Sicherungs- und Finanzierungsfunktion, hat eine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG nicht stattgefunden.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist der Vorsteuerabzug einer Leasinggesellschaft.
Mit Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.2005 wurde die J GmbH & Co. … KG (KG) gegründet, deren Unternehmensgegenstand laut § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags der Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern war. Die KG beabsichtigte, Leasinggeschäfte überwiegend als sog. „sale-and-lease-back”-Geschäfte durchzuführen. Komplementärin war die nicht am Kapital der KG beteiligte J Geschäftsführungs GmbH (Komplementär-GmbH); Treuhandkommanditist war die T & M GmbH aus C mit einem Kommanditkapital von 135.000,00 EUR (§ 3 des Gesellschaftsvertrags). Der Treuhandkommanditist hatte den Kommanditanteil treuhänderisch für die Kommanditisten (Anleger) zu erbringen. Der Komplementär-GmbH oblag die Geschäftsführung der KG (§ 4 des Gesellschaftsvertrags). § 13 des Gesellschaftsvertrags, der die Überschrift „Kündigung der Gesellschaft” trägt, lautete:
„Die ordentliche Kündigung des Gesellschaftsvertrages ist vor Ablauf des 31.12.2013 ausgeschlossen, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor. Danach kann […] ordentlich gekündigt werden.
(1) |
Ein wichtiger Grund für das Ausscheiden eines Gesellschafters liegt insbesondere vor, wenn |
- über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird, […]”
Die Vermarktung der Anteile an der KG erfolgte mittels eines Prospektes für „J Leasingfonds”. Das identische Geschäftsmodell wurde seit 2002 bei einer Vielzahl von Gesellschaften (sämtlich „J GmbH & Co. Leasingfonds KG's”) umgesetzt. Investiert werden sollte in die schrittweise Anschaffung beweglicher, unbeweglicher und immaterieller Leasinggüter, welche von der KG im Rahmen eines sog. sale-and-lease-back-Verfahrens verleast werden sollten. Den Schwerpunkt der Investitionsobjekte sollten Baktinettenständer, Plasma-Bildschirme und Bäckereieinrichtungen bilden. Im Prospekt heißt es auf Seite 7 „Mobile Wirtschaftsgüter”, dass eine bis zu 100%ige Fremdfinanzierung der Investitionen in mobile Wirtschaftsgüter möglich sei, „wenn die Hersteller der Wirtschaftsgüter eine Rücknahmeverpflichtung eingehen oder wenn das Wirtschaftsgut einen geregelten Gebrauchtmarkt hat, wie zum Beispiel Fahrzeuge.” Auf Seite 11 „Erläuterungen zur Investitions- und Finanzierungsplanung” wird unter „1. Investitionskosten” ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich um ein sog. Blind-Pool-Konzept handele, bei dem die einzelnen Wirtschaftsgüter nach Anzahl oder Preis nicht spezifiziert seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das in den Steuerakten (Vertragsakte) befindliche Prospekt Bezug genommen.
Der Kläger (Kl.) trat der KG unter Einschaltung des Treuhandkommanditisten als Kommanditist mit einem Kommanditanteil von 135.000,00 EUR bei (Beitrittserklärung vom 07.11.2005) und wurde am 27.12.2005 in das Handelsregister beim Amtsgericht C eingetragen.
Eine Firma Q-GmbH stellte aus erworbenen Komponenten elektronische Informationssysteme bestehend aus Plasmabildschirmen, Medienrechnern und Wandhalterungen zusammen, die zur Ausstrahlung von Informationsprogrammen und Werbesendungen an werbewirksamen Standorten aufgestellt wurden. Ein solches elektronisches Informationssystem Typ … (ein 20 TFT Fabrikat … und ein Medienrechner inkl. Q SystemSoftware) erwarb die KG von der Q-GmbH und überließ dieses sogleich der Q-GmbH zur Nutzung aufgrund eines Leasingvertrags vom 29.12.2005 für einen Zeitraum von 48 Monaten. Über den Ankauf des Informationssystems von der Q-GmbH liegt dem Senat kein schriftlicher Kaufvertrag vor. Der Leasinggegenstand wurde mit Rechnung vom 27.12.2005, auf die Bezug genommen wird, abgerechnet (USt-Akte, Blatt 51). Hierin ist eine USt von 16 % in Höhe von 312,00 EUR offen ausgewiesen. Im Leasingvertrag war bei einer Netto-Berechnungs-Grundlage von 1.950,00 EUR eine monatliche Leasingrate von 45,53 EUR zzgl. 7,28 EUR USt und ein Restwert von 10 %, d. h. 195,00 EUR zzgl. 31,20 EUR USt vereinbart. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Leasingvertrag heißt es wie folgt (dort Leasinggeber = LG; Leasingnehmer = LN):
„§ 3 Lieferung, Abnahme
…
(2) Der LN wird das Leasin...