Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Umsatzsteuerschulden (§ 13c UStG)
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Frage der Vereinnahmung i.S.d. § 13c UStG ist bei auf einem Kontokorrentkonto eingehenden Gutschriften nach Auffassung des erkennenden Senats danach zu differenzieren, ob der abtretende Unternehmer aufgrund Kreditvereinbarung nicht gehindert ist, frei über den gutgeschriebenen Betrag zu verfügen oder das Kreditinstitut wegen überschrittener Kreditlinie weiteren Verfügungen des Kontoinhabers jederzeit widersprechen kann.
Normenkette
AO § 191 Abs. 1; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2, 13c
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Klägerin zu Recht nach § 191 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 13c Umsatzsteuergesetz (UStG) für Umsatzsteuerschulden der D GmbH (D GmbH) in Haftung genommen hat.
Die D GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 00.00.2003 gegründet, alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer war Herr W X. Der Gegenstand des Unternehmens bestand in der Herstellung und dem Vertrieb von Leuchten und sonstigen Einrichtungsgegenständen aller Art. Am 00.00.2007 stellte der Geschäftsführer einen Insolvenzantrag, zur vorläufigen Insolvenzverwalterin mit Zustimmungsvorbehalt wurde durch Beschluss des Amtsgerichts E vom 00.00.2007 Frau Rechtsanwältin RA aus E bestellt. Das Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts E vom 00.00.2008 (000 IN 000/07) eröffnet. Mit Beschluss vom 00.00.2017 stellte das Amtsgericht E das Insolvenzverfahren über das Vermögen der D GmbH nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit gem. § 211 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) ein.
Die D GmbH schuldete dem Beklagten aufgrund der Umsatzsteuervoranmeldung 07/2007 vom 10.09.2007 Umsatzsteuer in Höhe von xxx € (Umsätze zu 19% xxx €, Vorsteuer xxx €) und aufgrund der Umsatzsteuervoranmeldung 08/2007 Umsatzsteuer in Höhe von xxx € (siehe Steuerbescheid Bl. 118 ff. der Akte Haftung Umsatzsteuer).
Bei Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterhielt die D GmbH bei der Klägerin, der Bank V, vier Konten mit folgenden Beständen:
Kto. Nr. |
Art des Kontos |
Saldo/Bestand |
xxx1 (Hauptkonto) |
Kontokorrent |
xxx € |
xxx2 |
Kontokorrent |
xxx € |
xxx3 |
Kontokorrent |
xxx € |
xxx4 |
Avalkonto |
xxx € |
Die Bruttoforderungen aus diversen Ausgangsrechnungen aus dem Haftungszeitraum hatte die D GmbH einzeln an die Klägerin abgetreten (siehe im Einzelnen die Forderungsabtretungen, Bl. 3 ff. der Akte Haftungsprüfung). Im Rahmen der Abtretungen waren auf dem Hauptkonto der Klägerin Zahlungen in Höhe von xxx € (versteuert bei der D GmbH in 07/2007) und in Höhe von xxx € (versteuert bei der D GmbH in 08/2007) eingegangen (siehe die Kontoauszüge Bl. 82 ff. der Akte Haftungsprüfung). Der Kontostand des Hauptkontos xxx1 betrug am 29.06.2007 xxx € (Kontoauszug Nr. 120; Bl. 82 der Akte Haftungsprüfung). Lastschriften auf dem Hauptkonto wurden im Haftungszeitraum regelmäßig zurückgebucht (z.B. […], siehe Kontoauszüge Bl. 82 ff. der Akte Haftungsprüfung). Transferüberweisungen vom Hauptkonto xxx1 auf das Konto xxx2 zur Vorfinanzierung der Rechnungen des Lieferanten T wurden demgegenüber im Haftungszeitraum weiterhin ausgeführt (Kontoauszüge des Hauptkontos xxx1, Bl. 82 der Akte Haftungsprüfung und Kontoauszüge des Unterkontos xxx2, Bl. 163 ff. der Akte Haftungsprüfung).
Am 26.03.2008 meldete der Beklagte die Forderungen wie folgt zur Insolvenztabelle an (Schreiben des Beklagten vom 29.01.2020, Bl. 114 der Gerichtsakte):
Umsatzsteuer Juli 2007 |
xxx € |
Umsatzsteuer August 2007 |
xxx € |
Mit Haftungsbescheid vom 25.11.2008 (Bl. 17 ff. der Gerichtsakte) nahm der Beklagte die Klägerin gem. § 191 Abs. 1 AO i.V.m. § 13c UStG für Steuerschulden der D GmbH in Höhe von insgesamt xxx € in Haftung. Den Haftungsbetrag berechnete der Beklagte im Einzelnen wie folgt:
Umsatzsteuer |
Offene Umsatzsteuern |
Umsatzsteuern aus den tatsächlich vereinnahmten Beträgen |
Haftungsbetrag nach § 13c UStG |
Juli 2007 |
xxx € |
xxx € |
xxx € |
August 2007 |
xxx € |
xxx € |
xxx € |
Summe |
|
|
xxx € |
Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass auf dem Konto xxx1 eine Kreditlinie in Höhe von xxx € und auf dem Konto xxx2 eine Kreditlinie von xxx € bestanden habe. Der Gesamtkreditrahmen habe also xxx € betragen. Allein das Konto xxx1 sei regelmäßig mit mehr als xxx € überzogen gewesen. Die auf dem Konto xxx1 eingegangenen Forderungen gälten damit als von der Klägerin i.S.d. § 13c UStG vereinnahmt. Zudem scheine die Klägerin auf die Verwendung der eingegangenen Geldbeträge Einfluss genommen zu haben, denn die Betriebsausgaben hätten nur noch beglichen werden können, wenn zuvor eine Umbuchung von Einnahmen vom Konto xxx1 auf das Sonderkonto xxx2 erfolgt sei.
Gegen diesen Haftungsbescheid legte die Klägerin am 04.12.2008 Einspruch (Bl. 97 der Akte Haftung Umsatzsteuer) ein. Die Forderungen seien nicht vereinnahmt worden. Zusätzlich zur Kreditlinie habe eine Dauerüberziehung von weiteren xxx € bestanden. Diese Dauerüberziehung sei über mehrere Monate hingenommen worden und st...