Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitraum der Vergleichsrechnung nach § 31 S. 4 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Vergleichsrechnung nach § 31 S. 4 EStG ist auf den Kalendermonat und nicht auf den Veranlagungszeitraum abzustellen.
Normenkette
EStG § 31 S. 4
Nachgehend
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob bei der Vergleichsberechnung nach § 31 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf den Kalendermonat oder den gesamten Veranlagungszeitraum abzustellen ist.
Der Kläger ist liberianischer Staatsangehöriger. Er lebt mit seiner Ehefrau und den fünf gemeinsamen Kindern in …. Sie waren ab 1993 im Besitz einer Daueraufenthaltsbefugnis nach § 35 des Ausländergesetzes (AuslG). Ab 04.06.1997 ist ihnen eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG) erteilt. Das Arbeitsamt … – Familienkasse – bewilligte Kindergeld für alle Kinder ab 01.05.1997.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1997 beantragte der Kläger den Ansatz der anteiligen Kinderfreibeträge für die vier Monate ohne Kindergeldbezug. Bei der mit Bescheid vom 15.04.1998 durchgeführten Einkommensteuerveranlagung folgte der Beklagte diesem Antrag nicht. Lediglich für zwei Kinder wurde ein Kinderfreibetrag gemäß § 32 Abs. 6 EStG berücksichtigt, da dieser höher sei als das gewährte Kindergeld.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Er legte eine Bescheinigung des Arbeitsamts … – Familienkasse – vom 13.05.1998 über das von Mai bis Dezember 1997 gezahlte Kindergeld vor.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.10.1998 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er vertrat die Auffassung, bei der Prüfung, ob die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt worden sei und deshalb bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kinderfreibetrag unter Verrechnung des Kindergelds anzusetzen sei, sei nicht auf den Kalendermonat, sondern auf den Veranlagungszeitraum abzustellen. Damit werde das im Einkommensteuerrecht grundsätzlich geltende Jahresprinzip (§§ 25, 32a EStG) eingehalten. Dies entspreche der Verwaltungsauffassung Tz. 23 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 09.03.1998 IV B – S 2280 – 45/98, BStBl I 1998, 347) und der Auffassung von Hartz-Meeßen-Wolff, ABC-Führer Lohnsteuer, „Kinderermäßigung/Kinderfreibeträge”, Tz. 121). Der entgegenstehenden Auffassung des Finanzgerichts (FG) München (Urteil vom 11.11.1997 13 K 2792/97, EFG 1998, 370) könne er sich nicht anschließen.
Mit der Klage macht der Kläger die anteiligen Kinderfreibeträge für fünf Kinder und vier Monate geltend. Er verweist auf die Entscheidung des Finanzgerichts München und macht sich dessen Begründung zueigen.
Am 22.02.1999 hat der Beklagte einen geänderten ESt-Bescheid 1997 erteilt, den der Kläger zum Gegenstand des Verfahrens erklärt hat, § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Der Kläger beantragt,
Der Beklagte beantragt,
Er verweist zur Begründung auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet, § 90 Abs. 2 FGO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Für die Monate Januar bis April 1997 ist ein monatlicher Kinderfreibetrag in Höhe von 576,– DM für fünf Kinder zu berücksichtigen.
1. Nach § 31 Satz 3 – 5 EStG wird im laufenden Kalenderjahr das Kindergeld als Steuervergütung monatlich gezahlt. Wird die gebotene steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kinderfreibetrag abzuziehen und das Kindergeld nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG zu verrechnen. Hiernach ist, wenn das Einkommen in den Fällen des § 31 EStG um den Kinderfreibetrag vermindert wurde, in entsprechendem Umfang das gezahlte Kindergeld der Einkommmensteuer hinzuzurechnen. Die Höhe des Kinderfreibetrags beträgt gemäß § 32 Abs. 6 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (§ 52 Abs. 1 und 22 a EStG) für ein Kind auf monatlich 576 DM.
Dem Beklagten ist darin beizutreten, daß grundsätzlich im Einkommensteuerrecht das Jahresprinzip gilt. Gerade hiervon macht das Gesetz aber ausdrücklich sowohl für das Kindergeld als auch für den Kinderfreibetrag eine Ausnahme. Insoweit gilt eine monatliche Betrachtungsweise. Für den Kinderfreibetrag ergibt sich dies unmittelbar aus § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG. Danach wird ein Kinderfreibetrag für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes vorgelegen haben, bei der Veranlagung zur Einko...