Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für Sven für 1996 und für Jan.-März 1997
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Bescheids vom 05.11.1997 und der Einspruchsentscheidung vom 09.12.1997 wird der Beklagte verurteilt, dem Kläger für den Sohn Sven für den Zeitraum vom 01.01.1996 bis zum 30.03.1997 Kindergeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) für seinen Sohn Sven für 1996 und die Monate Januar bis März 1997 Kindergeld gemäß §§ 62 ff. Einkommensteuergesetz (EStG) beanspruchen kann.
Der Kl. ist verwitwet und bezieht eine Arbeitsunfähigkeitsrente. Er leidet seit Jahren an Epilepsie und befand sich wegen dieser Erkrankung u. a. im Jahre 1996 für einen Zeitraum von insgesamt 9 Monaten in stationärer Behandlung.
Der Kl. erhielt für seinen Sohn Sven bis Juli 1995 Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung. Wegen der Höhe der dem Sohn aus seinem Ausbildungsverhältnis zustehenden Bezüge wurde die Kindergeldbewilligung mit Bescheid vom 08.08.1995 ab dem Monat August 1995 aufgehoben.
Im März 1996 beantwortete der Kl. einen Fragebogen des Beklagten (Bekl.) betr. den Kindergeldzuschlag für das Jahr 1995. Der Kl. wies dabei darauf hin, daß er nicht zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt werde und gab für etwaige Rückfragen des Bekl. seine (Kl.) Telefonnummer an.
Am 29.10.1997 beantragte der Kl. beim Bekl. erneut Kindergeld für den noch in der Berufsausbildung befindlichen Sven. Diesem Antrag entsprach der Bekl. mit Bescheid vom 05.11.1997. Das Kindergeld wurde wegen der 6-Monatsfrist des § 66 Abs. 3 EStG a. F. allerdings rückwirkend nur ab dem Monat April 1997 gewährt. Eine Nachzahlung des Kindergeldes für das Jahr 1996 und die Monate Januar bis März 1997 lehnte der Bekl. unter Hinweis auf die Regelung des § 66 Abs. 3 EStG a. F. ab.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage, mit der der Kl. die rückwirkende Bewilligung und Zahlung des Kindergeldes ab dem 01.1.1996 für seinen Sohn Sven begehrt.
Der Kl. hat vorgetragen, daß er wegen seiner gesundheitlichen Schwierigkeiten und des neunmonatigen Klinikaufenthaltes nicht in der Lage gewesen sei, den Kindergeldanspruch bereits früher schriftlich geltend zu machen. Die öffentlichen Informationen über die Neuregelung des Kindergeldes nach dem EStG habe er nicht genau aufnehmen können. Dem Bekl. seien seine (des Kl.) persönlichen und finanziellen Verhältnisse aus dem vorhergehenden Schriftverkehr genau bekannt gewesen. Bei dieser Sachlage habe der Bekl. von sich aus darauf hinweisen müssen, daß er (Kl.) das Kindergeld neu zu beantragen habe. Der Kl. vertritt die Ansicht, daß dem Bekl. eine Verletzung seiner Beratungspflicht anzulasten sei mit der Folge, daß er (Kl.) nach dem von der Rechtsprechung entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so behandelt werden müsse, als ob er den Antrag rechtzeitig gestellt habe.
Der Kl. beantragt,
den Bekl. zu verurteilen, Kindergeld für den Sohn Sven für den Zeitraum vom 01.01.1996 bis 30.03.1997 zu bewilligen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist darauf, daß er dem Kl. am 30.05.1996 ein Informationsblatt über den wesentlichen Inhalt der ab Januar 1996 geltenden Kindergeldregelung übersandt habe. Eine Verletzung seiner Beratungspflichten sei daher nicht gegeben. Bei der Frist des § 66 Abs. 3 EStG a.F. handele es sich um eine gesetzliche Ausschlußfrist, für die eine Wiedereinsetzung gemäß § 110 AO nicht in Betracht komme.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Bekl. hat es zu Unrecht abgelehnt, das Kindergeld für den Sohn Sven (auch) für den Zeitraum vom 01.01.1996 bis 30.03.1997 zu bewilligen.
Die materielle Kindergeldberechtigung des Kl. gemäß §§ 62 ff. EStG ist – diesbezüglich besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit- für den gesamten Zeitraum des Klagebegehrens gegeben.
Entgegen der Ansicht des Bekl. steht die Vorschrift des § 66 Abs. 3 EStG a.F., wonach das Kindergeld rückwirkend nur für die letzten sechs Monate vor Beginn des Monats gezahlt wird, in dem der Antrag auf Kindergeld eingegangen ist, dem Klagebehren nicht entgegen.
Der Senat geht dabei -trotz Bedenken- zunächst mit dem Bekl. davon aus, daß die unter dem 23.03.1996 erfolgte Beantwortung des Fragebogens zum Kindergeldzuschlag für das Jahr 1995 durch den Kl. keinen Antrag auf (erneute) Kindergeldgewährung ab dem 01.01.1996 beinhaltet, da ein solcher Wille des Kl. in dem Schreiben nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. Der Kl. hat insofern den Kindergeldantrag erst am 13.11.1997 gestellt, so daß § 66 Abs. 3 EStG a.F. überhaupt einschlägig ist.
Der Bek...