Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatz aus dem Betrieb von Geldspielautomat; Frage der Steuerbefreiung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Geldeinsätze der Spieler stehen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Leistungen des Stpfl. Die entgeltliche Gegenleistung der Teilnehmer ist der Spieleinsatz.

2. Für die Frage der Steuerbarkeit kommt es weder auf die Bauart des Spielgerätes noch auf die Höhe der Gegenleistung an. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Gegenleistung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, wie vom erkennenden Senat vertreten, in dem Spieleinsatz besteht oder in dem am Ende eines Monats verbleibenden Kasseninhalts.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 9; MwStSystRL Art. 135 Abs. 1 Buchst. i; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die umsatzsteuerliche Behandlung von Erlösen aus dem Betrieb von Geld-spielautomaten.

Die Klägerin betreibt mehrere Spielhallen, in denen u. a. Geldspielautomaten mit Geldeinsatz und Gewinnchancen aufgestellt sind. Die Umsatzsteuer bzw. die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen wurden wie folgt festgesetzt und mit Einsprüchen der Klägerin angefochten:

Umsatzsteuer/Voranmeldungszeitraum

(jeweilige) erstmalige Festsetzung

Einspruch

Änderungsbescheid, der zum Gegenstand des jeweiligen Einspruchsverfahrens wurde

01/2009 – 08/2009

16.11.2009

20.11.2009

./.

09/2009

27.11.2009

27.11.2009

./.

10/2009

11.12.2009

11.12.2009

./.

11/2009

15.01.2010

15.01.2010

./.

12/2009

12.02.2010

12.02.2010

./.

01/2010

12.03.2010

12.03.2010

./.

02/2010

13.04.2010

13.04.2010

./.

2011

12.06.2013

19.06.2013

05.12.2014

2012

02.10.2013

23.10.2013

./.

2013

14.08.2015

25.08.2015

./.

2014

04.02.2016

11.02.2016

./.

Der Beklagte setzte die Umsatzsteuer 2009 und 2010 jeweils mit Umsatzsteuerjahresbescheid vom 05.12.2014 fest und behandelte diese jeweils als Gegenstand des laufenden Einspruchsverfahrens. In allen Bescheiden für die Streitjahre wurden die Umsätze der Klägerin aus dem Betrieb von Geldspielautomaten vom Beklagten aufgrund von durchgeführten Außenprüfungen als steuerpflichtig zu 19% behandelt. Auf die Prüfungsberichte vom 05.11.2009, 24.10.2014, 23.06.2017 und 12.12.2018 wird Bezug genommen.

Die Klägerin begründete ihre Einsprüche dahingehend, dass ihre Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten steuerfrei seien. Die Einspruchsverfahren ruhten zunächst im Hinblick auf eine beim Bundesverfassungsgericht unter dem Az. 1 BvR 523/11 anhängigen Verfassungsbeschwerde und beim Bundesfinanzhof anhängigen Nichtzulassungsbeschwerden gegen klageabweisende Urteil der Finanzgerichte Hamburg und Münster (V B 97/15, V B 115/15, V B 17/06). Nachdem über die Verfahren entschieden worden war, nahm der Beklagte die ruhenden Einspruchsverfahren am 10.10.2016 wieder auf.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit seiner Entscheidung vom 02.01.2017 als unbegründet zurück. Nach der Neufassung der nationalen Steuerbefreiung in § 4 Nr. 9 Buchst. b Umsatzsteuergesetz (UStG) könne sich die Klägerin seit dem 06.05.2006 nicht mehr auf die Steuerbefreiung in Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) berufen. Die Vereinbarkeit der Neuregelung mit den unionsrechtlichen Vorgaben sei vom EuGH mit seiner Entscheidung in der Rs. Leo-Libera (C- 58/09) bestätigt und vom BFH im Urteil vom 10.11.2010 (XI R 79/07) ebenfalls so entschieden worden. Die gegen diese Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde sei vom Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 16.04.2012 nicht zur Entscheidung angenommen worden (Az. 1 BvR 523/11). Der EuGH habe in seinem Urteil vom 24.10.2013 in der Rs. Metropol Spielstätten (C-440/12) die Zulässigkeit der Umsatzbesteuerung von Glückspiel mit Geldeinsatz bestätigt. Die Nichtzulassungsbeschwerden in den Verfahren mit den Az. V B 97/15, V B 115/15 und V B 17/06 gegen Entscheidungen der Finanzgerichte Hamburg und Münster seien vom BFH zurückgewiesen worden.

Mit ihrer am 26.01.2017 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Der Beklagte erließ am 26.07.2017 und am 05.03.2019 jeweils geänderte Umsatzsteuerjahresbescheide 2014 (Bl. 51 und 98 der Gerichtsakte).

Die Klägerin trägt zum einen vor, dass ihre Geldspielautomatenumsätze aus folgenden Gründen nicht zu besteuern seien:

Ihre Umsätze seien schon nicht umsatzsteuerbar. So hätten der EuGH und der BFH übereinstimmend geurteilt, dass der für einen umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt fehle, wenn die Zahlung des Leistungsempfängers ungewiss sei. Dies sei bei den von ihr betriebenen Geldspielautomaten der Fall. Die Gegenleistung, nämlich die Kasseneinnahmen am Ende eines Zeitraums, würden vom Zufall abhängen. Zudem sei jedes Spiel und der damit jeweils abgeschlossene Spielvertrag einzeln zu betrachten. Bei jedem Spiel sei es wegen der bestehenden Gewinnchance ungewiss, ob sie als Unternehmerin von dem Spieler für das Spiel eine Zahlung und damit ein Entgelt erhalte. Ihre Geldspielautomaten seien nicht so konstru...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge