Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn des Zinslaufs für Hinterziehungszinsen bei hinterzogener Schenkungsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Der Zinslauf für Hinterziehungszinsen bei hinterzogener Schenkungsteuer beginnt nach Ablauf der Anzeigefrist von drei Monaten, der Abgabefrist für die Steuererklärung von einem Monat und der durchschnittlichen Bearbeitungsdauer des Finanzamts, das die Veranlagung durchzuführen hat, vorliegend nach weiteren acht Monaten.
Normenkette
ErbStG §§ 30-31; AO § 235
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, wann der Zinslauf für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen zur Schenkungsteuer beginnt.
Die Klägerin ist verheiratet. Sie und ihr Ehemann reichten am 25.03.2010 eine Selbstanzeige beim Beklagten ein, mit der sie Schenkungen ihrer Mutter an sich und ihren Ehemann nachmeldeten. Es handelte sich dabei um Guthaben auf Konten in der Schweiz, die zum Stichtag 17.04.2007 und zum Stichtag 19.12.2007 auf die Klägerin und ihren Ehemann übertragen worden sind. Außerdem zeigte die Klägerin die Übertragung einer ihrer Mutter gehörenden Immobilie in der Schweiz, Stichtag 17.07.2008, auf sie an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Selbstanzeige vom 25.03.2010 Bezug genommen, Blatt 1 der Schenkungsteuerakte Stichtag 17.04.2007 des Ehemanns der Klägerin.
Am 11.04.2013 erließ der Beklagte für die Schenkungen vom 19.12.2007 (unter Berücksichtigung der Vorschenkung vom 17.04.2007) und vom 17.07.2008 zwei Schenkungsteuerbescheide, den Schenkungsteuerbescheid betreffend den Stichtag 19.12.2007 änderte der Beklagte am 15.07.2013.
Mit Bescheid vom 14.11.2013 setzte der Beklagte Hinterziehungszinsen für hinterzogene Schenkungsteuer in Höhe von X Euro (Stichtag 17.08.2008, Steuernummer 2) und mit Bescheid vom 20.01.2014 für hinterzogene Schenkungsteuer in Höhe von X Euro (Stichtag 19.12.2007, Steuernummer 1) fest:
Zu verzinsender Stichtag Beginn Ende Monate Zinsen Betrag in Euro des Zinslaufs in Euro
X |
19.12.2007 |
19.06.2008 |
10.05.2013 |
58 |
X |
X |
17.07.2008 |
18.01.2009 |
10.05.2013 |
51 |
X |
Die Klägerin legte Einspruch ein und beantragte, die Hinterziehungszinsen neu zu berechnen und festzusetzen. Die Zinsen seien für einen zu langen Zeitraum berechnet worden, da der Beginn des Zinslaufs zu früh angesetzt worden sei. Der Beklagte habe für die fiktiven Veranlagungsarbeiten 6 Monate zu Grunde gelegt. Dieser Zeitraum sei viel zu knapp zu bemessen. Es sei zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige nach Kenntnis des schenkungsteuerpflichtigen Vorgangs drei Monate Zeit habe, um die Schenkung beim zuständigen Finanzamt anzuzeigen. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass die Frist, die das Finanzamt dem Steuerpflichtigen für die Abgabe einer Schenkungsteuererklärung einräume, mindestens einen Monat betragen müsse. Für die Entscheidung, ob eine Schenkungsteuererklärung angefordert werde, benötige das Finanzamt in der Regel auch einige Tage. Erst nach Abgabe der Steuererklärung könne die eigentliche Festsetzungsarbeit des Finanzamts beginnen. Bereits vor diesem Hintergrund könne eine fiktive Veranlagungszeit von 6 Monaten nicht rechtmäßig sein. Unter Zugrundelegung von drei Monaten für die Anzeige und von einem Monat für die Abgabe der Steuererklärung würde dies bedeuten, dass das Finanzamt lediglich zwei Monate für die eigentliche Festsetzung benötige. Ein solch zügiger Abschluss dürfe jedoch zumindest in dem vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Denn der Beklagte habe tatsächlich, nachdem die Klägerin am 25.03.2010 die Schenkung angezeigt habe, weit über 3 Jahre benötigt, um die – nachträglich zu entrichtende – Schenkungsteuer festzusetzen. Der geänderte Schenkungsteuerbescheid sei erst am 15.07.2013 erlassen worden. Hieraus müsse der Schluss gezogen werden, dass der Beklagte für die Bearbeitung von Fällen der vorliegenden Art üblicherweise eine längere Bearbeitungszeit benötige, um Schenkungsteuer festzusetzen. Wenn jedoch für die Festsetzung von Schenkungsteuer tatsächlich solch lange Bearbeitungszeiträume benötigt würden, könne bei der Ansetzung von Hinterziehungszinsen nicht gleichzeitig ein fiktiver Bearbeitungszeitraum von lediglich 6 Monaten angenommen werden.
Der Ansatz einer nur sechsmonatigen Bearbeitungszeit sei nur dann angemessen, wenn der Beklagte die Nacherklärung ähnlich schnell bearbeitet hätte wie beispielsweise das Finanzamt L. Dies sei nämlich bereits drei Monate nach der Selbstanzeige der Klägerin zum Abschluss der Arbeiten gelangt.
Mit Schreiben vom 27.01.2014 wies der Beklagte darauf hin, dass den Statistiken in den Schenkungsteuerstellen zu entnehmen sei, dass in den letzten Jahren die durchschnittliche Bearbeitungszeit für Schenkungsteuerfälle etwa 120 bis 140 Tagen betrage, sodass der Beginn des Zinslaufs für hinterzogene Steuern großzügig auf 6 Monate nach dem jeweiligen Stichtag festgelegt worden sei. Im Übrigen habe es der Klägerin jederzeit freigestanden, eine freiwillige Steuerzahlung auf Grund der Selbstanzeige zu leisten und somit den Zinslauf...