Entscheidungsstichwort (Thema)
Kleinunternehmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist der Unternehmerbegriff in § 15 UStG und § 19 UStG einheitlich auszulegen. Damit kommt es für die Annahme, dass im Streitfall 2013 das Erstjahr i.S.d. § 19 UStG ist, auf die Ausführung tatsächlicher Umsätze, welche unstreitig erst im Folgejahr erfolgt sind, nicht an.
2. Vorbereitungshandlungen i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG sind nur auf Ausführung entgeltlicher Leistungen gerichtete Handlungen, insbesondere also Leistungsbezüge, die nach oder mit der Begründung des Unternehmens vorgenommen werden.
Normenkette
UStG §§ 15, 2 Abs. 1 S. 3, § 19 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger im Streitjahr 2014 Kleinunternehmer i.S.d. § 19 Abs. 1 UStG war.
Der Kläger meldete am 00.00.2013 bei der Stadt M ein Gewerbe an. Als Gegenstand des Betriebes gab er „Einzelhandel mit …, vorwiegend über das Internet” und als Beginn der angemeldeten Tätigkeit den 01.01.2014 an. Er meldete am 00.00.2013 einen eBay-Account unter dem Namen „XXX” an und richtete Mitte 2014 einen eigenen Internetauftritt unter „xxx.de” ein.
Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung gab der Kläger an, dass es sich um eine Neugründung zum 01.01.2014 handele. Als geschätzte Umsätze im Jahr der Betriebseröffnung gab der Kläger 15.000 € an; ferner kreuzte er an, dass der auf das Kalenderjahr hochgerechnete Gesamtumsatz die Grenze von 17.500 € voraussichtlich nicht überschreiten und die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werde.
Die Ehefrau des Klägers hatte bereits seit dem 00.00.2012 ein Gewerbe mit der Bezeichnung „online Handel bei eBay mit … (unter anderem …)” angemeldet (Nutzername: yyy). Dieses Gewerbe stellte sie zum Ende des Jahres 2013 ein.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2014 Umsätze in Höhe von 94.612,03 € (brutto). Ausweislich des Kontos Erlöse erzielte der Kläger bis zum 31.05.2014 lediglich Erlöse i.H.v. 15.752,43 € (Januar: 958,67 €, Februar 2.149,30 €, März 2.681,48 €, April 4.338,72 €, Mai 5.624,26 €), danach stiegen die monatlichen Einnahmen/Umsätze deutlich an. Der Kläger erteilte die Rechnungen hierüber ohne offen ausgewiesene Umsatzsteuer mit dem Hinweis auf die Kleinunternehmerregelung.
Die Umsatzsteuererklärung des Klägers für das Kalenderjahr 2014 ging am 23.12.2015 beim Beklagten ein. Darin wurde unter der Rubrik „Angaben zur Besteuerung der Kleinunternehmer” für das Kalenderjahr 2013 ein Umsatz in Höhe von 0 € und für das Jahr 2014 ein Umsatz in Höhe von 94.612 € erklärt. In der Anlage zur Umsatzsteuererklärung machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers u.a. folgende Angaben: „Die Grenze von 50.000 € wurde in 2014 überschritten. Da das Gewerbe zum 00.00.2013 neu angemeldet wurde, hat Herr N N nicht mit einem Umsatz von mehr als 17.500 € gerechnet. Aus den beigefügten Kontoblättern sieht man, dass der Umsatz erst ab Mitte des Jahres 2014 drastisch stieg.”
Der Beklagte führte am 14.06.2016 beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung (SP) durch. In dem Bericht über die SP vom 29.06.2016, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, führte der Prüfer u.a. Folgendes aus:
„Tz. 2.3.1 Umsätze
…Der Unternehmer kann die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen, wenn sein nach vereinnahmten Entgelten bemessener Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird (Prognose). In Neugründungsfällen ist jedoch allein auf den voraussichtlichen Umsatz des laufenden Jahres abzustellen. Entsprechend der Zweckbestimmung des § 19 Abs. 1 UStG ist hierbei die Grenze von 17.500 € und nicht die Grenze von 50.000 € maßgebend. Im vorliegenden Fall wurde die maßgebliche Umsatzgrenze i.H.v. 17.500 € deutlich überschritten, so dass eine Anwendung der Kleinunternehmerregelung nicht in Frage kommt. Im Kalenderjahr 2014 wurden Umsatzerlöse i.H.v. 94.612,03 € erzielt. Bereits bei Beginn der gewerblichen Tätigkeit am 01.01.2014 war klar erkennbar, dass die Umsatzgrenzen überschritten werden, da der Betrieb von der Ehefrau des Unternehmers übernommen wurde und diese schon in 2013 die Umsatzgrenze überschritten hat (Umsatzerlöse 2013: 40.400 €).”
Der Prüfer gelangte zu der Auffassung, dass die Umsatzerlöse in voller Höhe zu 19 % umsatzsteuerpflichtig seien und errechnete eine Umsatzsteuer i.H.v. 15.106,12 €. Zudem berechnete er Umsatzsteuer für eine unentgeltliche Wertabgabe (Telefon) i.H.v. 34,35 € und berücksichtigte abzugsfähige Vorsteuern i.H.v. 593,45 € sowie Einfuhrumsatzsteuern i.H.v. 1.756,53 €.
Mit Bescheid vom 20.07.2016 setzte der Beklagte dann die Umsatzsteuer für 2014 in Höhe von 12.790,17 € entsprechend den o.g. Feststellungen fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, den er damit begründete, dass das Unternehmen bereits am 00.00.2013 gegründet worden sei. Er habe bereits im Jahr 2013 seinen ersten Wareneinkauf über 435 € getätigt. Für das Jahr 2014 sei daher die Umsatzgrenze von 50.000 € maßgeblich. Er habe diese Grenze ...