Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Umsätzen mit Geldspielgeräten
Leitsatz (redaktionell)
Umsätze eines Automatenaufstellers mit Geldspielgeräten sind gem. Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG) steuerfrei.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B, Art. 13 Teil B Buchst. f., Art. 13 Teil
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Umsätze eines Automatenaufstellers mit Geldspielgeräten steuerfrei sind, weil vergleichbare Umsätze einer öffentlichen Spielbank gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b zweite Alternative des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) umsatzsteuerfrei sind.
Wegen des Sachverhalts wird auf den Beschluss des Senats vom 15. September 2000 Az: 5 V 4286/00 U Bezug genommen, mit dem der Antrag der Klägerin auf Aussetzung der Vollziehung der mit der Klage angegriffenen Umsatzsteuerbescheide abgelehnt worden ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diesen Beschluss auf die Beschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 30. November 2000 V B 187/00 aufgehoben und die Vollziehung antragsgemäß ausgesetzt.
Der Beklagte hat in der Folgezeit ein Rechtsgutachten vom 19. Juli 2001 vorgelegt, das im Auftrag des Bundesverbandes Automatenunternehmer e.V. und des Verbandes der Deutschen Automatenindustrie erstellt worden ist. Wegen der Einzelheiten wird auf das beigefügte Rechtsgutachten verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide die Umsatzsteuer 1997 auf 36.849,– DM und die Umsatzsteuer 1998 auf 40.336,– DM festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat Erfolg. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Ihre Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten sind aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen umsatzsteuerfrei zu belassen.
Die Umsätze der Klägerin fallen zwar nicht unter die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1993, da ihre Umsätze mit Geldspielgeräten unstreitig weder durch den Betrieb einer Spielbank bedingt sind noch unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Die Klägerin kann sich aber unmittelbar auf die Steuerbefreiung in Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG) berufen. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (vgl. EuGH-Urteil vom 19. Januar 1982 Rs. C-8/81, EuGHE 1982, 53, UR 1982, 71; vom 27. Juni 1989 Rs. C-50/88, EuGHE 1989, 1925, UR 1989, 373) können sich Steuerpflichtige unmittelbar auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, berufen, falls innerstaatliche Vorschriften nicht richtlinienkonform sind.
Die Erhebung der Umsatzsteuer auf die hier der Höhe nach nicht streitigen Umsätze verstößt gegen Art. 13 Teil B Buchst. f der 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG). Nach dieser Vorschrift „befreien die Mitgliedsstaaten ……… von der Steuer: Wetten, Lotterien und sonstige Glückspiele mit Geldeinsatz unter den Bedingungen und Beschränkungen, die von jedem Mitgliedsstaat festgelegt werden.” Diese Richtlinienbestimmung erfüllt die vorstehend genannten Anforderungen für eine unmittelbare Berufung durch die Klägerin auf sie.
Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in seinem Urteil vom 11. Juni 1998 Rs. C-283/95 Fischer (Umsatzsteuer-Rundschau – UR – 1998, 384 ff.) in Rz. 25 erkannt hat, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der vorgenannten Richtlinienbestimmung, dass Glücksspiele mit Geldeinsatz grundsätzlich von der Mehrwertsteuer befreit sind. Zwar dürfen die Mitgliedstaaten nach dieser Bestimmung die „Bedingungen und Beschränkungen” für die Befreiung festlegen. Hierzu hat der EuGH in der vorgenannten Entscheidung jedoch festgestellt, dass die in Art. 13 Teil B vorgesehenen Befreiungstatbestände unter Beachtung des dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem zu Grunde liegenden Grundsatzes der steuerlichen Neutralität anzuwenden sind. Dieses Erfordernis gelte auch für den Fall, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f von ihrer Befugnis Gebrauch machten, die Bedingungen und Grenzen der Befreiung festzulegen. Mit der Einräumung dieser Befugnis habe der Gemeinschaftsgesetzgeber die Mitgliedstaaten nämlich nicht dazu ermächtigt, den der 6. Richtlinie zu Grunde liegenden Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu verletzen (Rz. 27 des EuGH-Urteils in UR 1998, 384 ff.). Die Sechste Richtlinie, mit der eine umfassende Harmonisierung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer angestrebt werde, beruhe auf dem Grundsatz der steuerlichen Wertneutralität (EuGH-Urteil vom 2. August 1993 Rs. C-111/92 – Lange –, UR 1994, 47 f., Rz. 16).
Weiterhin hat der EuGH festgestellt, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität bei der Erhebung der Mehrwertsteuer eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften verbiete und sich daraus ergebe, dass die Mitgliedstaaten die Steuerbefreiung nicht den erlaubten Glücksspielen vorbehalten dürften (Rz. 28 des EuGH-Urteils in UR 1998, 384 ff.).
Entgegen der in dem vom FA vorgelegten ...