Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsverhältnis, Feststellungsinteresse, Subsidiarität
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Feststellung, ob ein Grundstück dem Privat- oder dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen zuzuordnen ist, ist keiner Feststellung im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO zugänglich.
2) Ein rechtlich geschütztes Dispositionsinteresse begründet kein konkretes, feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 41 Abs. 1 FGO.
3) Durch eine vor Durchführung des Besteuerungsverfahrens erhobene vorbeugende Feststellungsklage kann keine gerichtliche Entscheidung über die zur Prüfung gestellte materielle Frage erlangt werden, da ansonsten das Institut der verbindlichen Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO unterlaufen würde.
Normenkette
FGO § 41
Tatbestand
Zu entscheiden ist über die Zulässigkeit der Klage. In der Sache streiten die Beteiligten darüber, ob ein Grundstück zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gehört.
Der Kläger ist Eigentümer des … qm großen Grundstücks Gemarkung M, Flur …, Flurstück … (im Folgenden: Grundstück).
Dieses Grundstück hatte Herr B V, der Vater des Klägers, im Februar 1970 im Tauschwege von dem Landwirt D erworben und ein … qm großes Grundstück, Gemarkung M, Flur …, Parzelle … hingegeben.
Nach dem Tod von Herrn B V im Jahr 1974 wurde die Mutter des Klägers, Frau H V, dessen Gesamtrechtsnachfolgerin und somit unter anderem Eigentümerin des Grundstücks. Mit notariellem Vertrag vom 30.03.1982 übertrug Frau H V das Grundstück auf den Kläger. Nutzen und Lasten gingen mit Wirkung zum 01.04.1982 auf den Kläger über.
Da der Kläger das Grundstück seit der Übertragung verpachtet, erklärte er in den Kalenderjahren 1982 bis 2012 in seinen Einkommensteuererklärungen in Bezug auf das Grundstück jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Eine Anlage L reichte er nicht ein. Der Beklagte veranlagte den Kläger insoweit erklärungsgemäß.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2013 erklärte der Kläger die Einkünfte aus der Verpachtung des Grundstücks ebenfalls als solche aus § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Einzelnen ermittelte er die Verpachtungseinkünfte wie folgt:
Pachteinnahmen |
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306,78 € |
Ausgaben |
Grundsteuer |
16,49 € |
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landwirtschaftliche Umlage |
9,30 € |
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Verwaltungspauschale |
76,70 € |
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102,49 € |
Überschuss |
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204,29 € |
Der Beklagte qualifizierte die Einkünfte aus der Verpachtung des Grundstücks mit Einkommensteuerbescheid vom 11.03.2015 als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 13 EStG. Unter Berücksichtigung des Freibetrags für Land- und Forstwirte flossen die Einkünfte daher mit 0 € in das zu versteuernde Einkommen ein. Zur Begründung führte der Beklagte aus, von den Rechtsvorgängern des Klägers sei in der Vergangenheit keine schriftliche Betriebsaufgabeerklärung eingereicht worden. Der landwirtschaftliche Betrieb sei seit mindestens 1964 im Ganzen verpachtet worden. Ertragsteuerlich liege immer noch landwirtschaftliches Betriebsvermögen vor.
Einen Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 11.03.2015 erhob der Kläger mangels Beschwer nicht.
Mit der Klage begehrt der Kläger nunmehr die Feststellung, dass das Grundstück kein land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen sei, sondern zu seinem Privatvermögen gehöre.
Die Feststellungsklage sei nicht subsidiär, da er, der Kläger, seine Interessen nicht durch eine Gestaltungsklage verfolgen könne. Insbesondere habe er den Einkommensteuerbescheid 2013 nicht angreifen können, da er durch die Umqualifizierung der Einkünfte nicht beschwert sei. Dies wäre nur der Fall gewesen, wenn das Grundstück bereits veräußert oder entnommen worden wäre.
Aktuell liege jedoch kein Vorgang (Veräußerung oder Entnahme) vor, der in absehbarer Zeit seinen Niederschlag in einem zu erlassenden Verwaltungsakt finden könne, welcher sodann mit einer Gestaltungsklage angegriffen werden könne.
Sein Feststellungsinteresse ergebe sich aus einer beabsichtigten Veräußerung des Grundstücks und der vorab zu klärenden Frage, ob das Grundstück steuerverstrickt sei. Die Klärung dieser Frage sei für seine Investitionsplanung unumgänglich. Sollte das Grundstück zum Betriebsvermögen gehören und damit steuerverstrickt sein, müsste er dies bei der Ermittlung eines künftigen Grundstückskaufpreises berücksichtigen.
Er, der Kläger, möchte für seine Planungen insbesondere Klarheit über die Anschaffungskosten und den Buchwert seines Grundstücks erhalten. Wäre das Grundstück seit der Anschaffung im Februar 1970 Betriebsvermögen, läge der Buchwert gemäß § 55 EStG bei 30.509,81 € (Ertragsmesszahl 7.459 × 8 = 59.672 DM = 30.509,81 €), was einem qm-Preis von 1,87 € entspreche (30.509,81 €: 16.315 qm = 1,87 €/qm). Der qm-Preis für Ackerland und ackerfähiges Grünland betrage heute 5,50 €, so dass sich nach heutigem Stand ein Grundstückswert von 89.733 € ergebe (16.315 qm × 5,50 €/qm = 89.733 €). Würde das Grundstück in Zukunft Rohbauland oder Bauland werden, würde sich die Bedeutung der Streitfrage für ihn, den Kläger, noch vergrößern. Dann könnte sich der qm-Preis ...