Entscheidungsstichwort (Thema)
Organschaft, Ergebnisabführungsvertrag, Verlustübernahme nach § 302 AktG, Übergangsregelungen
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Ergebnisabführungsvertrag ist § 17 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 34 Abs. 10b Sätze 2 und 3 KStG auch bei fehlender Bezugnahme auf eine Verlustübernahme nach § 302 AktG steuerlich anzuerkennen.
2) Die Übergangsvorschriften in § 17 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 34 Abs. 10b Sätze 2 und 3 KStG zur rückwirkenden Anerkennung eines Ergebnisabführungsvertrages bei fehlender Bezugnahme auf eine Verlustübernahme nach § 302 AktG sind verfassungsgemäß.
Normenkette
KStG § 34 Abs. 10b Sätze 2-3; AktG § 302; KStG § 17 S. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über das Bestehen einer Organschaft in den Streitjahren 2007 bis 2011 und über die Frage der Verfassungswidrigkeit des § 34 Abs. 10b Sätze 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG –.
Die Klägerin ist eine … im Handelsregister des Amtsgerichts B. unter HRA … eingetragene Kommanditgesellschaft. Komplementäre waren in den Streitjahren die X1.-GmbH, C., eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts B. unter HRB …, Herr A. X. sowie mit Wirkung ab dem … Herr D. E.. Bis zum … besaß neben der Kommanditistin nur Herr A. X. einen Kapitalanteil, und zwar in Höhe von 509.600 € (98 %). Ab dem … stand ihm ein Kapitalanteil von 457.600 € (88 %) und Herrn D. E. ein Kapitalanteil von 52.000 € (10 %) zu. Kommanditistin war mit einer Kommanditeinlage von 10.400 € (2 % des Kapitals) die X2.-GmbH, C., eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts B. unter HRB ….
Die Klägerin hielt sämtliche Anteile des … DM umfassenden Stammkapitals der in den Streitjahren unter X3.-GmbH firmierenden und im Handelsregister des Amtsgerichts B. unter HRB … eingetragenen X3.-GmbH (im Folgenden: „GmbH” – zugleich die Beigeladene). Nach einer Eintragung im Handelsregister vom … firmiert diese nun als Y.-GmbH. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom … gegründet. Die GmbH hielt Beteiligungen an inländischen Personengesellschaften, und zwar der R. GmbH & Co. KG sowie der S. GmbH & Co. KG.
Die GmbH schloss als Organgesellschaft am … März 2004 mit der Klägerin als Organträgerin einen Ergebnisabführungsvertrag ab. Der Ergebnisabführungsvertrag enthielt den folgenden Wortlaut:
„§ 1
Ergebnisabführung
1. Die Organgesellschaft verpflichtet sich, ihren gesamten Gewinn an den Organträger abzuführen. Abzuführen ist vorbehaltlich der Bildung oder Auflösung von Rücklagen nach Abs. 2 der ohne die Gewinnabführung entstehende Jahresüberschuss, vermindert um einen etwaigen Verlustvortrag aus dem Vorjahr.
Die Organgesellschaft kann mit Zustimmung des Organträgers Beträge aus dem Jahresüberschuss insoweit in andere Gewinnrücklagen einstellen, als dies handelsrechtlich zulässig und wirtschaftlich begründet ist. Während der Dauer dieses Vertrags gebildete freie Rücklagen (mit Ausnahme von Kapitalrücklagen) sind auf Verlangen des Organträgers aufzulösen und zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrages zu verwenden oder als Gewinn abzuführen. Dies betrifft nicht die Auflösung von freien Rücklagen, die vor Beginn dieses Vertrages gebildet wurden.
2. In entsprechender Anwendung von § 302 Abs. 1 und Abs. 3 AktG verpflichtet sich der Organträger, jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den freien Rücklagen gem. Ziff. 1 Abs. 2 Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer gebildet worden sind.
§ 2
Vertragsbeginn und Dauer
1. Dieser Vertrag wird abgeschlossen unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Gesellschafterversammlungen beider Vertragspartner.
Er wird wirksam mit der Eintragung in das Handelsregister der Organgesellschaft und gilt rückwirkend für die Zeit ab … Juni 2003.
2. Der Vertrag wird abgeschlossen auf eine feste Laufzeit von fünf Jahren und kann erstmals zum …. Mai 2008 gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt einen Monat. Wird der Vertrag nicht gekündigt, verlängert er sich auf unbestimmte Dauer. Die Kündigungsfrist bleibt dieselbe. […]”
Die Gesellschafterversammlungen der Klägerin und der GmbH stimmten dem Ergebnisabführungsvertrag am … bzw. … März 2004 zu. Der Vertrag wurde am … März 2004 im Handelsregister eingetragen.
Ihren Gewinn ermittelten die Klägerin und die GmbH durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG -. Sie verfügten über ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom …. In ihren für die Streitjahre abgegebenen Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und in ihren Gewerbesteuererklärungen erklärte die Klägerin eine Gewinnabführung der GmbH aus der Organschaft in Höhe von 3.640.521 € für 2007, 3.849.946 € für 2008, 4.486.383 € für 2009, 5.239.988 € für 2010 und 766.116 € für 2011. Die Gewinnabführungen waren tatsächlich durchgeführt worden. Weiter erklärte sie in Zeile 17 bzw. 18 der Anlagen FE 1 der Feststellungserklärungen ein i...