Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine begünstigte Teilbetriebsveräußerung bei Zurückhaltung wesentlicher Betriebsgrundlagen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Veräußerung des Bereichs "Gastronomie" eines Groß- und Einzelhandels mit Getränken, der neben Getränkeabholmärkten, die er teils in eigener Regie und teils im Wege des Franchise führt, Gastronomiebetriebe und Veranstaltungen im Bereich Gastronomie beliefert, ist schon dann keine begünstigte Teilbetriebsveräußerung, wenn das Grundstück, auf dem die Leergutsortierung für den Bereich "Gastronomie" betrieben worden ist und das daher als wesentliche Betriebsgrundlage anzusehen ist, nicht mitveräußert wird.

 

Normenkette

EStG §§ 16, 34; GewStG § 7

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.10.2015; Aktenzeichen IV R 17/12)

BFH (Urteil vom 22.10.2015; Aktenzeichen IV R 17/12)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin im Streitjahr 2006 einen Teilbetrieb gewerbesteuerfrei veräußert hat.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2006 einen Groß- und Einzelhandel mit Getränken. Dabei wurden neben Getränkeabholmärkten, die sowohl in eigener Regie als auch im Wege des Franchise geführt wurden, Gastronomiebetriebe und Veranstaltungen im Bereich „Gastronomie” beliefert. Verwaltung und Lager des Unternehmens befanden sich auf dem von der nahezu personenidentischen Besitzgesellschaft …. Besitz GmbH & Co. KG angepachteten Grundstück „…” in I, die Leergutsortierung wurde auf dem im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstück „…” in I betrieben.

Dieses Grundstück „…” ist mit notariellem Vertrag vom 30.3.2004 mit Übergang zum 1.4.2004 erworben worden. Es wird seit Herbst 2004, soweit es eigenbetrieblich und nicht fremd vermietet wird, für die Leergutlagerung und Leergutsortierung in einer vorhandenen Lagerhalle genutzt. Bis dahin erfolgte die Leergutlagerung und -sortierung auf dem angepachteten Grundstück „4…”. Die Leergutsortierung erfolgte auch auf dem in 2004 erworbenen Grundstück zunächst per Hand. Erst kurz vor der Veräußerung des Gastronomiebereichs in 2006 wurden maschinelle Sortieranlagen angeschafft und eingebaut. Die Anschaffungskosten der Kastensortieranlage (angeschafft am 15.2.2006) betrugen 81.473 Euro, die der Leergutsortieranlage (angeschafft am 22.3.2006) 71.015 Euro. Mit der Leergutsortieranlage auf dem Grundstück „…” wurde auch das Leergut des Getränkeeinzel- wie -großhandels bearbeitet. Vor der Anschaffung der Anlage erfolgte für den Gesamtbetrieb die Leergutbearbeitung per Hand auf dem neu angeschafften Grundstück.

Für den Bereich „Gastronomie” waren speziell hergerichtete Lkws mit Hebebühnen vorhanden. Zuständig für die Kommissionierung und Beladung waren aber Personen, die sowohl für die Belieferung des Einzelhandels wie auch des Bereichs „Gastronomie” handelten. Die Fahrer dieser Lkws, darin besteht zwischen den Beteiligten Einvernehmen, sind dem Grunde nach wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses zu den Inhabern der Gastronomiebetriebe dagegen dem Gastronomiebetrieb speziell zugeordnet worden und dort auch im Regelfall zum Einsatz gekommen. Hinsichtlich der Lieferverträge wurden gesonderte Vertragsverhandlungen in Bezug auf Fassbieranlieferung und Flaschenbieranlieferung durchgeführt. Auch bestand teilweise ein unterschiedliches Warensortiment, etwa bei Mineralwasserflaschen. Die Bereiche wurden in der Öffentlichkeit unterschiedlich beworben.

Die Klägerin verkaufte mit Vertrag vom 7.4.2006 den Bereich „Gastronomie” mit Wirkung zum 22.4.2006 an die Getränke K GmbH für rund 2.700.000 Euro, wobei der Kundenstamm für 1.500.000 Euro, das Anlagevermögen für 500.000 Euro und die Forderungen und Verbindlichkeiten für rund 700.000 Euro veräußert wurden. Gemäß § 613a BGB wurden die dem Bereich „Gastronomie” zugeordneten 15 Arbeitnehmer vom Erwerber bis auf einen Aushilfsfahrer übernommen. Dieser hatte der Übernahme widersprochen.

Nicht veräußert wurde das Grundstück, auf dem bislang die Leergutsortierung für den Bereich „Gastronomie” betrieben worden ist. Es wird weiterhin für die Leergutsortierung im verbleibenden Geschäftsbereich der Klägerin genutzt.

Unstreitig entstand aufgrund dieser Veräußerung ein Veräußerungsgewinn von 1.801.940 Euro. Dieser wurde von der Klägerin als Veräußerungsgewinn i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG im Rahmen der Feststellungserklärung für das Streitjahr angesetzt und folglich im Rahmen der Gewerbesteuererklärung für 2006 als gewerbesteuerfrei behandelt. Der Beklagte erließ deshalb am 2.10.2007 einen Bescheid für 2006 über den Gewerbesteuermessbetrag von 0 Euro. Dieser Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 AO.

Ab dem 21.1.2008 prüfte das Finanzamt für Groß und Konzernbetriebsprüfung D (GKBp) das Streitjahr. Der Bericht datiert vom 29.2.2008. Der Prüfer der GKBp vertrat dabei im Hinblick auf die Veräußerung des Bereichs „Gastronomie” die Ansicht, dass insoweit ein Teilbetrieb gemäß § 16 Abs. 1 EStG nicht vorliege. Entscheidend war aus der Sicht des Prüfers, dass das Grundstück mit der Leergutsortierung als wesentliche Betriebsgrundlage aufzuf...

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