Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Erlass einer bestandskräftig festgesetzten Erbschaftsteuer auf eine laufende Renteneinnahme, die wegen Insolvenz des Rentenverpflichteten tatsächlich nicht mehr gezahlt wird
Leitsatz (redaktionell)
Entscheidet sich der Empfänger einer vermächtnisweise gewährten Rente für eine wiederkehrende jährliche Besteuerung nach dem Jahreswert, so bleibt er zur Zahlung der Erbschaftsteuer auch dann verpflichtet, wenn der Vermächtnisverpflichtete insolvent wird und seine Rentenzahlungen einstellt. Ein Billigkeitserlass kommt nicht in Betracht.
Normenkette
AO § 227; ErbStG § 23
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Erlass der der Klägerin (Klin.) gegenüber festgesetzten Erbschaftsteuer.
Die Klin. war Vermächtnisempfängerin nach ihrem am 29.02.1980 verstorbenen Lebensgefährten. Erben und Vermächtnisverpflichtete waren dessen Sohn und Tochter. Das Vermächtnis bestand aus einer Einmalzahlung in Höhe von 500.000 DM, zahlbar in fünf gleichen Jahresraten, und aus einer wertgesicherten Leibrente in Höhe von monatlich anfangs 8.000 DM.
Der Beklagte (Bekl.) setzte mit Bescheid vom 22.09.1982 Erbschaftsteuer fest für Sachwerte (Einmalzahlung 500.000 DM) in Höhe von 212.000 DM und für die Rente (monatlich 8.000 DM) in Form der beantragten Jahresversteuerung (§ 23 Erbschaftsteuergesetz – ErbStG –) in Höhe von 48.000 DM jährlich.
Ein Rechtsstreit der Klin. mit den Erben über das Vermächtnis endete am 21.03.1984 mit einem Vergleich vor dem Oberlandesgericht. Die Erbschaftsteuer auf Sachwerte wurde daraufhin mit Bescheid vom 12.10.1984 auf 156.730 DM herabgesetzt; die Versteuerung der Rente änderte sich nicht. Der Bescheid wurde bestandskräftig. In der Folge wurde die erbende Tochter zu Lasten ihres miterbenden Bruders aus der Vermächtnisverpflichtung entlassen. Zum Ausgleich dafür übernahm dieser eine Bankbürgschaft in Höhe von 1 Mio. DM. Die Rente betrug zu diesem Zeitpunkt monatlich 9.767,12 DM. Die festgesetzten Erbschaftsteuern auf die Einmalzahlung und die jährlich zum 28.02./01.03. fällige Jahressteuer wurden von der Klin. stets gezahlt.
Der Vermächtnisverpflichtete ging mit seinen Firmen in den Jahren 1997/1998 in die Insolvenz. Die monatlichen Rentenzahlungen erfolgten nunmehr ausschließlich aus der Bürgschaft und wurden im Mai 2005 nach Erschöpfung des Bürgschaftsbetrages eingestellt. Aus dem Vermächtnis erfolgten danach keinerlei Zahlungen mehr an die Klin. Nach ihren Angaben ist der Vermächtnisverpflichtete hoffnungslos überschuldet; allein seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Finanzverwaltung betrügen per 17.10.2005 6.683.849,66 Euro. Die Ermittlungen des Bekl. beim Wohnsitzfinanzamt des Vermächtnisverpflichten haben insoweit ergeben, dass das Insolvenzverfahren mangels
Masse abgelehnt wurde, dass ein Vermögensverzeichnis eingereicht wurde, dass das Kontenabrufverfahren ohne Erfolg verlaufen sei und dass keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen würden. Auf die Gesprächsnotiz vom 07.03.2007 in der Stundungs- und Erlassakte wird insoweit Bezug genommen.
Die Klin. lebt zusammen mit ihrem Sohn im Einfamilienhaus ihrer Eltern (Baujahr 1927), das sie im Wege der Erbauseinandersetzung aus der Erbengemeinschaft mit ihrem Bruder erworben hat. Die Darlehensschulden aus dem Erwerb und der Renovierung des Hauses belaufen sich derzeit auf 61.985,48 Euro. Diese Darlehen werden nach den Angaben der Klin. nicht getilgt; lediglich die anfallenden Zinsen werden beglichen. Die Klin. bezieht eine Rente aus der Sozialversicherung in Höhe von monatlich 442,43 Euro, die in Höhe von 327,94 Euro durch Sozialhilfe aufgestockt wird.
Sowohl bzgl. der Jahressteuer 2005 als auch der Jahressteuer 2006 stellte die Klin. Erlassanträge aus sachlichen und persönlichen Billigkeitsgründen, die der Bekl. ablehnte. Die von der Klin. dagegen erhobenen Einsprüche blieben erfolglos. Zu den Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 13.04.2007 in der Stundungs- und Erlassakte Bezug genommen.
Mit ihrer Klage vom 03.05.2007 verfolgt die Klin. ihr Begehren auf Erlass der Jahressteuerschulden 2005 und 2006 weiter. Sie meint, der Bekl. habe von dem ihm zustehenden Ermessen bei der Entscheidung über die Erlassanträge nicht fehlerfrei Gebrauch gemacht. So ergebe sich auf Grund der Tatsache, dass der Vermächtnisverpflichtete zahlungsunfähig geworden sei, eine Besteuerung, obwohl ein Vermögensanfall nicht vorliege. Dies widerspreche dem aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beachtenden Übermaßverbot. Auch sei die Klin. entgegen der Auffassung des Bekl. erlassbedürftig und -würdig. Die Klin. bezieht sich insoweit auf die Urteile des BFH vom 27.09.2001 (X R 134/98, BStBl. II 2002, 176) und des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 05.10.1995 (1 K 36/95, EFG 1995, 1092).
Die Klin. beantragt,
den Bekl. zu verpflichten, die aus den Erbschaftsteuerbescheiden vom 22.09.1982 und 12.10.1984 beruhende Jahressteuer 2005 und 2006 gemäß § 227 Abgabenordnung (AO) zu erlassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Unter Bezugn...