Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgelt für die Zurverfügungstellung von Sicherheiten als Sonstige Einkünfte. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VIII R 7/23)
Leitsatz (redaktionell)
Ein Entgelt für die Zurverfügungstellung von Sicherheiten führt nicht zu Kapitalerträgen sondern zu Sonstigen Einkünften aus Leistungen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3, § 20 Abs. 1 Nr. 7
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei der Vergütung für die Zurverfügungstellung von Sicherheiten um Einkünfte nach § 22 EStG oder um (dem Abgeltungsteuersatz unterliegende) Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG handelt.
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2017 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.
Im Jahr 2015 schlossen die Kläger mit der N-GmbH – zu deren Geschäftsführern oder Gesellschaftern sie keine persönlichen Beziehungen haben – einen mündlichen Vertrag, der laut späterer schriftlicher Fassung vom 07.12.2020 Folgendes zum Inhalt hatte:
Die Kläger stellen der N-GmBH […]
- Eigenkapitalersatz für ein näher bezeichnetes Bauvorhaben durch Verpfändung eines Guthabens der Kläger bei der W-Bank in Höhe von 200.000 EUR für ca. zwei Jahre zur Verfügung und
- einen Girokredit in Höhe von 250.000 EUR, der von der N-GmbH in beliebigen Teilbeträgen im Bewilligungszeitraum abgerufen werden kann.
Als Entgelt wurde ein Betrag von 50.000 EUR vereinbart. Dieser sollte nach Beendigung des Bauvorhabens und Vorlage einer Rechnung fällig sein.
Am 02.09.2015 hat die Klägerin ein zu ihren Gunsten bei der T-Bank bestehendes Guthaben an die X-Bank verpfändet […]. Die Verpfändung diente der Sicherung eines Darlehens der N-GmbH bei der X-Bank in Höhe von 2.000.000 EUR.
Am 08.02.2017 – nachdem die X-Bank den verpfändeten Betrag wieder freigegeben hatte – stellte der Kläger eine Rechnung über 50.000 EUR an die N-GmbH. Die Rechnung wurde am 24.02.2017 beglichen.
In ihrer Einkommensteuer erklärten sie diesbezüglich Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 50.000 EUR.
Mit Bescheid vom 30.04.2019 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2017 – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – fest und setzte den Betrag von 50.000 EUR nicht als Einnahme nach § 20 EStG, sondern als Einnahme nach § 22 EStG an. In den Erläuterungen hieß es: Die zugeflossene Vergütung für die Zurverfügungstellung von Sicherheiten in Höhe von 50.000 EUR stelle eine Einnahme nach § 22 EStG dar. Es handele sich nicht um Einnahmen im Sinne des § 20 EStG (Verweis auf BFH vom 16.01.1963, VI 242/61 U).
Im dagegen gerichteten Einspruch trugen die Kläger vor: Das in Bezug genommene Urteil verweise auf Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs. Diese sei durch Gesetzesänderungen überholt und insbesondere auf die aktuelle Fassung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht anwendbar. In der Kommentarliteratur werde diese Vorschrift als „Grund- und Auffangtatbestand bezeichnet”. Der Beklagte nahm dazu Stellung und verwies auf das Urteil des BFH vom 14.05.2015 (IX R 35/13, BStBl II 2015, 795). Die Kläger entgegneten darauf, dieses Urteil betreffe die Verpfändung eines GmbH-Anteils zur Sicherung eines Darlehens und nicht, wie im Streitfall, die Zurverfügungstellung einer Kapitalforderung.
Während des Einspruchsverfahrens erging – aus für den Streitfall unerheblichen Gründen – der Änderungsbescheid vom 12.06.2019.
Mit Einspruchsentscheidung vom 27.01.2020 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Der BFH habe mehrfach entschieden, dass laufende Bürgschaftsprovisionen, die mit einer gewissen Regelmäßigkeit zuflössen, beim Nichtgewerbetreibenden wiederkehrende Bezüge nach § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG darstellten (Verweis auf BFH, Urteil vom 11.01.1966, I 53/63, BStBl. III 1966, 218; BFH, Urteil vom 22.01.1965, VI 243/62 I, BStBl. III 1965, 313; BFH, Urteil vom 18.01.1963, VI 242/61 U, BStBI. III 1963, 141) und einmalige Leistungen solche nach § 22 Nr. 3 EStG (Verweis auf BFH, Urteil vom 09.12.1982, IV R 122/80, nicht amtlich veröffentlicht; BFH, Urteil vom 11.01.1966, I 53/63, BStBl. III 1966, 218; BFH, Urteil vom 22.01.1965, VI 243/62 I, BStBl. III 1965, 313).
Eine Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG sei jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im Privatbereich betreffe, Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein könne und eine Gegenleistung auslöse. Die Subsidiaritätsklausel des § 22 EStG greife nicht, weil die Kläger keine Bezüge nach § 20 Abs. Nr. 7 EStG erzielt hätten Es fehle an einer Kapitalforderung. Der Beklagte verwies dazu erneut auf das Urteil des BFH vom 14.05.2015 (IX R 35/13, BStBl II 2015, 795). Die Konstellation sei vergleichbar, weil es sich auch im Streitfall um ein Dreiecksverhältnis handele, in dem die Sicherheit nicht (wie in einem Zwei-Personen-Verhältnis) in den Darlehenszins eingepreist werde.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter und tragen vor:
- Die Einspruchsentscheidung liefere lediglich eine Scheinbegründung, da sie von Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG ausgehe, aber auf Urteile des BFH gestützt werde, die zu wied...