rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung einer Umsatzsteuernummer (USt-Nr.) und einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-Id Nr.) im Antragsverfahren
Leitsatz (amtlich)
- Die Löschung der bisher zugeteilten USt-Nr. und die Aberkennung der zugeteilten USt-Id Nr. können nicht als Rücknahme oder Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsaktes gesehen werden.
- Die Glaubhaftmachung einer festen Geschäftseinrichtung (§ 12 Satz 1 AO) kann einem subjektiv-öffentlichrechtlichen Anspruch auf die Zuteilung einer Steuernummer im Antragsverfahren genügen.
- Ein vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer, der steuerpflichtige Leistungen im Gemeinschaftsgebiet erbringt, kann im Antragsverfahren einen Anspruch auf Erteilung einer USt-Id Nr. geltend machen.
- Ohne die Erteilung einer USt-Nr. und einer der USt-Id Nr. kann die Existenz eines umsatzsteuerpflichtigen Unternehmers ernsthaft gefährdet sein
Normenkette
FGO § 114 Abs. 1 S. 2; UStG § 18 Abs. 9 S. 1, § 27a Abs. 1 S. 6
Tatbestand
I.
Im Hauptsacheverfahren ist streitig, ob das Finanzamt berechtigt war, den Antragsteller (Ast) nicht mehr als Steuerpflichtigen zu erfassen und ihm die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-Id Nr.) abzuerkennen.
Der Ast ist griechischer Staatsangehöriger. Seit dem Jahre 2002 ist er mit einem Wohnsitz in Xxx gemeldet. Am 22.05.2002 begann er in Xxx ein Gütertransportgewerbe, das er beim Ordnungsamt der Stadt Xxx und bei dem für seinen Wohnsitz zuständigen Finanzamt, dem Antragsgegner, anmeldete. Das Ordnungsamt der Stadt Xxx erteilte ihm am 22.04.2002 die Lizenz Nr. ........ für den grenzüberschreitenden gewerblichen Güterkraftverkehr im Gebiet der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 des Rates vom 26. März 1992. Die Lizenz wurde am 19.04.2007 bis 21.04.2012 verlängert.
Zur Leitung seines Gewerbes, das im örtlichen Telefonbuch bzw. dem Branchenverzeichnis nicht eingetragen ist, hat er seit 01.09.2005 ein Büro/Appartement in der A. Straße 46 in Xxx angemietet. Die Transporte führt der Ast mit zwei LKW mit Anhängern aus, die in Xxx zugelassen sind und für die er die Kfz-Steuern an das zuständige Finanzamt in Xxx zahlt. Er hat einen griechischen Fahrer angestellt, der in Deutschland lohnsteuerlich und sozialversicherungsrechtlich gemeldet ist. Seine etwa sechs Kunden befinden sich in Griechenland oder Italien; er hat keine deutschen Geschäftspartner. Der Geldverkehr wird ganz überwiegend in bar, ansonsten über ein Konto bei der Sparkasse Xxx abgewickelt. Die Buchführung erledigt eine selbständige Buchhalterin, die dem Ast auch als Dolmetscherin zur Verfügung steht, weil er der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Für die steuerlichen Angelegenheiten hat er eine Steuerberaterin beauftragt.
Das Finanzamt erfasste den Ast steuerlich, veranlasste die Zuteilung einer USt-Id Nr. und erteilte ihm am 03.09.2003, am 28.06.2004 und am 29.07.2004 jeweils Bescheinigung als im Inland ansässiger Unternehmer gemäß Abschnitt 245 UStR 2005 (USt 1 TN-Bescheinigungen) mit einer Gültigkeit bis 28.12.2006. Letztmals erteilte das Finanzamt auf den Antrag vom 20.11.2006 hin am 22.12.2006 USt 1 TN-Bescheinigungen mit einer Gültigkeit bis 31.01.2007.
Umsatzsteuervoranmeldungen gab der Ast nur vereinzelt zur Berichtigung der vom Finanzamt geschätzten Vorauszahlungen ab. Er reichte bisher nur die Umsatzsteuerjahreserklärung für 2002 am 10.09.2004 ein, nachdem das Finanzamt die Umsatzsteuer für 2002 im Wege der Schätzung in Höhe von 700 € ermittelt und mit dem Bescheid vom 12.08.2004 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) festgesetzt hatte. In der Umsatzsteuererklärung gab der Ast an, im Inland keine steuerpflichtigen Umsätze ausgeführt und in anderen EU-Mitgliedstaaten zu versteuernde Umsätze von 63.880 € getätigt zu haben; er machte aufgrund abziehbarer Vorsteuerbeträge einen Erstattungsbetrag von 2.814 € geltend. Das Finanzamt folgte der Erklärung nicht, sondern setzte nach den Feststellungen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (vgl. Bericht vom 08.04.2005), die u.a. wegen einer Mitteilung der griechischen Steuerbehörde veranlasst war, mit dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid vom 06.05.2005 die Umsatzsteuer für 2002 mit 0 € fest; ebenso setzte es die Umsatzsteuern für 2003 und 2004 mit 0 € fest. Die Festsetzungen blieben unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Über die Einsprüche hiergegen hat das Finanzamt noch nicht entschieden.
Das Finanzamt teilte dem Ast mit Schreiben vom 19.02.2007 seine Auffassung mit, er sei in der Bundesrepublik Deutschland nicht im Sinne von § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG ansässig, weil er hier weder einen Wohnsitz gem. § 8 AO, noch die Geschäftsleitung gem. § 10 AO, noch eine feste Niederlassung gem. § 12 AO habe. Es sei daher für seine Besteuerung nicht zuständig. Die ihm bisher zugeteilte Steuernummer werde zum 01.03.2007 gelöscht. Damit verlören auch die USt-Id Nr. und die erteilten USt 1 TN-Bescheinigungen ihre Gültigkeit. Über den Einspruch hiergegen vom 27.02.2007 hat das Finanzamt noch ni...