Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in die versäumte Antragsfrist auf mündliche Verhandlung nach Ergehen eines Gerichtsbescheids
Leitsatz (redaktionell)
Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen nicht ordnungsgemäßer Büroorganisation, wenn die Bürokraft dem sachbearbeitenden Berufsträger einen den Mandanten als Beigeladenen betreffenden Gerichtsbescheid nicht vorlegt.
Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn der Berufsträger die Sachbearbeitung ohne Vorlage und Sichtung der Gesamtakte vornimmt und hierbei einen Gerichtsbescheid nicht zur Kenntnis nimmt.
Normenkette
FGO §§ 90a, 56
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger die Einkünfte 1986 bis 1989 aus der Firma "Disco-Shop", 1 in 2 , einem Einzelhandelsgeschäft für Tonträger, zuzurechnen sind.
Die Tochter des Klägers, B , hatte vom 1.8.1986 bis zum 5.12.1986 das Einzelhandelsgeschäft auf sich angemeldet. Vom 6.12.1986 bis zum 31.12.1991 lief das Geschäft auf den Namen von A , den Sohn des Klägers. Ab 1.1.1992 meldete der Kläger das Geschäft an.
Für die Streitjahre Jahre 1986 bis 1989 wurden keine Feststellungserklärungen abgegeben. Der Beklagte schätzte deshalb für diese Jahre die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO und stellte mit Bescheiden vom 28.9.1998 den Gewinn des A für 1986 auf 15.000 DM, den Gewinn für 1987 auf 30.000 DM und den Gewinn für 1988 auf 40.000 DM fest, außerdem mit Bescheid vom 11.3.1991 den Gewinn für 1989 auf 40.000 DM. Nach einer Fahndungsprüfung erlies der Beklagte unter Berücksichtigung des Fahndungsberichts vom 3.12.1996 am 5.3.1997 geänderte Bescheide für die Jahre 1986 bis 1989 sowie erstmals einen Bescheid für 1990 und stellte den Gewinn des A für 1986 auf 16.988 DM, den Gewinn für 1987 auf 60.569 DM, den Gewinn für 1988 auf 84.581 DM, den Gewinn für 1989 auf 48.412 DM und den Gewinn für 1990 auf 12.359 DM fest.
Hiergegen legte A am 17.3.1997 Einspruch ein. Er teilte mit, die Gewerbeanmeldung sei nur zum Schein auf seinen Namen erfolgt. In Wahrheit sei sein Vater, der Kläger, Eigentümer und Geschäftsinhaber des "Disco-Shops" gewesen. Er, A , er sei lediglich angestellter Verkäufer seines Vaters gewesen und habe ca. 400 DM/Woche erhalten.
Mit Verwaltungsakt vom 11.08.1997 zog der Beklagte gemäß § 174 Abs. 5 AO den Kläger zum Einspruchsverfahren des A hinzu.
Mit Einspruchsentscheidung vom 19.10.1999 hob der Beklagte die an A adressierten Feststellungsbescheide für 1986 bis 1989 auf, da er nun, abweichend von den Feststellungen der Fahndungsprüfung, davon ausging, der Kläger sei in den Streitjahren Geschäftsinhaber des "Disco-Shops" gewesen.
Am 15.11.1999 hat der Kläger Klage erhoben.
Er trägt vor, er habe den "Disco Shop" in den Streitjahren nicht betrieben. Sein Sohn A sei als Einzelunternehmer tätig gewesen. Er, der Kläger, habe lediglich versucht, ihn mit Rat und Tat zu unterstützen.
Der Kläger beantragt, die Einspruchsentscheidung vom 19.10.1999 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist weiterhin der Auffassung, nicht A , sondern der Kläger habe in den Streitjahren den "Disco-Shop" betrieben. Ihm seien deshalb die Einkünfte 1986 bis 1989 aus der Firma "Disco-Shop", 1 in 2 , zuzurechnen.
Das Verfahren ruhte im Hinblick auf das BFH-Verfahren V B 12/02 zum Verfahren des FG Nürnberg II 420/1999. Das FG Nürnberg war in diesem Verfahren ebenso wie die Fahndungsprüfung des Finanzamtes 3 zu der Auffassung gekommen, A habe in den streitgegenständlichen Jahren den "Disco-Shop" betrieben. Das Gericht hat deshalb der Klage des Klägers in Sachen Umsatzsteuer 1986 bis 1991 stattgegeben und die Einspruchsentscheidung vom 19.10.1999 aufgehoben. Der Bundesfinanzhof hat die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Beigeladenen A als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 2.5.2007 wurde Herr A zum vorliegenden Verfahren beigeladen.
Entscheidungsgründe
Die Einspruchsentscheidung vom 19.10.1999 ist aufzuheben, da nach Aktenlage davon auszugehen ist, dass dem Kläger die Einkünfte 1986 bis 1989 aus der Firma "Disco-Shop", 1 in 2 nicht zuzurechnen sind.
Nach den Feststellungen der Steuerfahndung 3 und des Finanzgerichts Nürnberg im Verfahren II 420/1999 wurde das Geschäft in den Jahren 1986 bis 1991 von A , dem Sohn des Klägers, betrieben. Nach Aktenlage erscheinen diese Feststellungen zutreffend. Die Einspruchsentscheidung, in der das beklagte Finanzamt dem Kläger die Einkünfte zugeordnet hat, überzeugt demgegenüber nicht.
Klarstellend ist anzumerken, dass Gegenstand des Gerichtsbescheids lediglich die Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 19.10.1999 ist, da das beklagte Finanzamt die gesondert festzustellenden Einkünfte zu Unrecht dem Kläger und nicht dem Beigeladenen zugerechnet hat. Nicht Gegenstand des Gerichtsbescheids ist die Frage, in welcher Höhe gegenüber dem Beigeladenen Einkünfte festzustellen sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Da der Beigeladene bisher keinen Antrag gestellt hat, werden ihm keine Kosten auferlegt. Soweit dem Beigeladenen in Bezug auf das streitge...