Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung der Schenkung eines Anteils an einer amerikanischen Gesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Jede freigebige Zuwendung unter Lebenden unterliegt der Schenkungsteuer, soweit der Empfänger durch die Zuwendung bereichert ist. Die Steuer entsteht mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung, § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG. Bedarf ein Vertrag der behördlichen Genehmigung, wirkt diese gemäß § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück. Im Falle der Abtretung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft ist dies auch hinsichtlich der Ausführung der Zuwendung anzunehmen.
Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 ErbStG wird das Vermögen mit dem Wert im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer angesetzt, wenn der gemeine Wert von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu schätzen ist. § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG sieht vor, dass Anteile an Kapitalgesellschaften, welche nicht unter Absatz 1 der Vorschrift fallen, mit dem gemeinen Wert anzusetzen sind. Lässt sich der gemeine Wert dabei nicht aus Verkäufen ableiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen, ist er unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen .
Normenkette
ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2, §§ 11, 12 Abs. 2 S. 1; BewG § 11 Abs. 2 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Schenkung eines Anteils an einer amerikanischen Gesellschaft mit dem nach dem Stuttgarter Verfahren ermittelten Wert oder einem tatsächlich erzielten Veräußerungspreis zu bewerten ist.
Der Kläger und sein Vater A waren Beteiligte der A Gruppe. Zu dieser Firmengruppe gehörte das US-amerikanische Unternehmen USA1 Inc., an welchem der Vater A zu 50 v.H. beteiligt war. Der Geschäftsbetrieb der USA1 wurde in 1998 aufgenommen.
Mit notarieller Schenkungsvereinbarung vom 16.12.1998 (Notar..., URNr. M.../1998) übertrug der Vater A dem Kläger seinen Anteil an der USA1 Inc. schenkungsweise mit sofortiger Wirkung. Die Schenkung stand unter der Auflage, dass der Kläger im Falle einer Veräußerung seines Anteils an der USA1 bis zum 31.03.1999 den Veräußerungserlös in die A Familien-Vermögensverwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts mit beschränkter Haftung, deren Gesellschaftsvertrag ebenfalls am 16.12.1998 abgeschlossen wurde, einzubringen hat. Gesellschafter dieser Gesellschaft waren im Zeitpunkt der Gründung:
A (Vater des Klägers) |
36,4 v.H. |
B (Mutter des Klägers) |
31,8 v.H. |
C (minderjähriger Bruder des Klägers) |
31,8 v.H. |
Ein fragmentarischer Entwurf der Schenkungsvereinbarung war am 08.12.1998 beim Amtsgericht Z eingereicht und die Ergänzungspflegschaft für den minderjährigen Sohn C beantragt worden. Mit Beschluss vom 21.12.1998 genehmigte das Vormundschaftsgericht die notarielle Schenkungsvereinbarung einschließlich Anlage II (Gesellschaftsvertrag), die der Notar zur Vorlage beim Vormundschaftsgericht am 18.12.1998 ausgefertigt hatte.
Das Finanzamt forderte den Kläger zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf, welche dieser am 22.03.2000 einreichte. Er erklärte darin den Wert des erworbenen Anteils an der USA1 im Stuttgarter Verfahren mit 794.507 DM. Im Hinblick auf eine bevorstehende Betriebsprüfung bei der A Familien-Vermögensverwaltungsgesellschaft folgte das Finanzamt zunächst den Angaben der Erklärung und setzte mit Bescheid vom 20.04.2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung aus einem steuerpflichtigen Erwerb von 76.700 DM Schenkungsteuer in Höhe von 5.369 DM fest.
Die Betriebsprüfung teilte dem für die Schenkungsteuer zuständigen beklagten Finanzamt mit Schreiben vom 05.06.2002 mit, dass der Kläger seinen Anteil an der USA1 am 29./30.12.1998 weiterveräußert hat. Den Verkaufspreis für die USA1 (100 v.H.) ermittelte es mit 6.329.032,42 DM.
Der Veräußerungsvorgang stellt sich wie folgt dar:
Seit Frühjahr 1998 beabsichtigte die USA2 die Unternehmensgruppe A zu erwerben, und stand mit dieser in Verhandlungen. Das Schreiben der USA2 vom 14.05.1998 ("Letter of Intent") stellt einen Kaufpreis von 32.000.000 US$ für die gesamte Unternehmensgruppe in den Raum. Parallel zum Verkauf erwog die Unternehmensgruppe A einen Börsengang. Eine Unternehmensbewertung vom 23.07.1998 ermittelte für die Unternehmensgruppe A einen Wert von 91.586 TDM (konservatives Szenario) bzw. 115.562 TDM (Optimistisches Szenario). Mit nicht unterzeichnetem Entwurf vom 28.07.1998 bestätigte die USA2 im Anschluss an das gemeinsame Treffen am 25.07.1998 ihr Interesse, sämtliche Anteile an der Unternehmensgruppe A zu erwerben, und schlug einen angepassten Kaufpreis von 45.000.000 US$ vor. Am 27.08.1998 erklärte das Bundeskartellamt auf die Anmeldung der Veräußererseite vom 13.08.1998 hin, dass das Zusammenschlussvorhaben vollzogen werden kann. Im Oktober 1998 führten die amerikanischen Kaufinteressenten eine "Due Diligence" betreffend die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Unternehmen der A-Gruppe durch. Seitens der Käufer wurde in...