Revision eingelegt (BFH III R 63/11)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitwirkungspflicht des Anspruchstellers bei Auslandssachverhalten - Bescheinigung einer ausländischen Behörde mit dem für den deutschen Kindergeldanspruch erforderlichen Inhalt
Leitsatz (redaktionell)
Ausgeschlossen ist die Zahlung von Kindergeld nach § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, wenn im Ausland entsprechende Leistungen gezahlt werden oder bei entsprechender Antragstellung zu leisten wären. Allerdings entfaltet die Entscheidung einer ausländischen Behörde über die Auslegung von Gemeinschaftsrecht für deutsche Behörden und Gerichte keine Tatbestandswirkung; eine Bindung an die Entscheidung besteht nicht.
Normenkette
EStG § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; AO § 90 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Familienkasse verpflichtet ist, dem Kläger Kindergeld in voller gesetzlicher Höhe für seinen Sohn und seine Tochter im Zeitraum Januar 2005 bis September 2009 zu bewilligen.
Der Kläger ist polnischer Staatsangehöriger und hat seit 16.11.2004 einen Gewerbebetrieb (Transporte, gärtnerische Dienstleistungen, Winterdienst, Maschinenwartung) angemeldet. Laut Mietvertrag vom 01.01.2005 bewohnt er seit diesem Datum eine Zweizimmerwohnung mit Küche und Toilette (ca. 35m2 ) in A . Mit seiner in Polen lebenden und dort nicht berufstätigen Ehefrau hat er zwei Kinder, den am 23.09.1997 geborenen Sohn C und die am 31.07.2002 geborene Tochter B . Beide Kinder leben in Polen.
Mit Antrag vom 11.02.2007 (Eingang am 06.06.2007 bei der Familienkasse) beantragte der Kläger Kindergeld für seine beiden Kinder.
Im Laufe des Verwaltungsverfahrens reichte der Kläger unter anderem eine Bescheinigung der polnischen Sozialversicherungsanstalt ZUS vor, aus der hervorging, dass er dort nicht versichert sei. Er wies weiter darauf hin, dass seine Ehefrau in Polen zwar Leistungen bezogen habe, aber wegen Überschreitens der Einkunftsgrenze durch seine gewerblichen Einkünfte in Deutschland mit einer Rückforderung zu rechnen sei. Aus diesem Grund beziehe seine Frau keine Leistungen mehr, um einer Rückzahlung mit Strafzinsen vorzubeugen.
Nach den vom Kläger ebenfalls eingereichten Unterlagen hat der Kläger eine private Krankenversicherung und eine private fondsgebundene Rentenversicherung in Deutschland abgeschlossen.
Nach Eingang der von den polnischen Behörden ausgefüllten Vordrucke E 401 und E 411 gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 27.11. 2008 vorläufig Kindergeld für die Kinder des Klägers in hälftiger Höhe des gesetzlichen Anspruchs ab Januar 2005.
Nachdem aus dem teilweise übersetzten Vordruck E 411 vom 08.09.2008 zur Ziffer 6 nur hervorging, dass die Ehefrau des Klägers ab dem 16.11.2004 keinen Anspruch auf Familienleistungen habe, da sie in Polen nicht berufstätig gewesen sei, setzte die beklagte Familienkasse mit Bescheid vom 11.02.2009 für die Kinder des Klägers mit jeweils 77 € für den Zeitraum Januar 2005 bis Dezember 2008 und ab Januar 2009 mit jeweils 82 € fest.
Die Familienkasse ging bei ihrer Entscheidung davon aus, dass der Kläger nicht unter den Art. 2 der (EWG) VO Nr. 1408/71 falle und damit wegen des Kindergeldanspruchs in Polen ein Anspruch in Deutschland nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG eigentlich ausgeschlossen sei. Unter Rückgriff auf die allgemeine Konkurrenzvorschrift des Art. 12 Abs. 2 der VO Nr. 1408/ i.V.m. Art. 7 Abs.21 der DVO Nr. 574/72 sei in solchen Fällen deutsches Kindergeld in hälftiger Höhe auszuzahlen.
Nachfolgend reichte der Kläger den Bescheid des Gemeindesozialamts X vom 08.08.2008 mit Übersetzung ein, aus dem hervorgeht, dass der Bescheid vom 16.11.2004, mit dem der Ehefrau des Klägers polnische Familienleistungen für die zwei Kinder bewilligt wurden, aufgrund der Geltung von gesetzlichen Bestimmungen über die Koordinierung der Sozialleistungssysteme und der beruflichen Tätigkeit des Klägers seit 2004 in Deutschland aufgehoben wurde.
Unter Hinweis auf die bereits eingereichten Unterlagen legte der Kläger am 07.03.2009 gegen den Bescheid vom 11.02.2009 der Familienkasse Einspruch ein und teilte noch mit, dass seine Ehefrau die empfangenen Familienleistungen zurückzahlen müsste.
Mit Schreiben vom 13.05.2005 wies die Familienkasse die zuständige Behörde in Polen darauf hin, dass nach Auffassung der Familienkasse der Kläger nicht im Sinne des Anhangs 1 l Buchstabe D EG-VO 1408/71 in Deutschland selbständig beschäftigt sei, mit der Folge, dass volles deutsches Kindergeld in diesem Fall nur gewährt werden könne, wenn der polnische Anspruch nach nationalen Vorschriften ausgeschlossen sei. Die Familienkasse bat weiter darum, mitzuteilen, ob die Ehefrau des Klägers bei Antragstellung einen Anspruch auf polnische Familienleistungen gehabt hätte.
Aus der am 25.09.2009 bei der Familienkasse eingegangenen Antwort (Vordruck E 001 Ziff. 9., 10.) geht hervor, dass nach Auffassung der polnischen Behörde, Deutschland verpflichtet ist, Familienleistungen zu zahlen, weil die Ehefrau des Klägers in Polen nicht erwerbst...