Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldzinsen zur Finanzierung einer Rentenversicherung gegen Einmalzahlung sind keine vorweggenommenen Werbungskosten. Überschussprognose
Leitsatz (amtlich)
1. Schuldzinsen für die Finanzierung einer privaten Rentenversicherung gegen Einmalzahlung sind keine vorweggenommenen Werbungskosten, wenn nach einer Überschussprognose keine Totalüberschuss der später zu erwartenden Rente über die Finanzierungskosten erzielt werden kann.
2. Die im Rahmen der Überschussprognose zu berücksichtigenden voraussichtlichen Einnahmen aus der Rente sind anhand der voraussichtlichen Lebenserwartung des Steuerpflichtigen bei Abschluss der Versicherung gemäß der allgemeinen Sterbetafel zu berechnen.
Normenkette
EStG 1985 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 22 Nr. 1 Buchst. a
Tatbestand
Streitig ist, ob Schuldzinsen, die im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Darlehens zum Abschluß einer privaten Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag angefallen sind, als vorweggenommene Werbungskosten berücksichtigt werden können.
Die Kläger sind Ehegatten, die für das Streitjahr 1935 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Steuerfestsetzung ist mehrfach, zuletzt mit Bescheid vom 22. August 1989, dem die bestandkräftige Festsetzung vom 29. März 1989 vorangegangen war, geändert worden. Dabei entsprach das Finanzamt nicht dem Vorbringen der Kläger innerhalb ihrer Einkommensteuererklärung, die Finanzierungsaufwendungen des Einmalbetrags zur Rentenversicherung stellten Werbungskosten dar. Gegen den letztgenannten Bescheid legten die Kläger Einspruch ein. Sie tragen vor, als sonstige Einkünfte seien Werbungskosten von 10.137,70 DM zu berücksichtigen, die in dieser Höhe zu negativen Einkünften führten. Dabei handele es sich um Finanzierungskosten für eine Rentenversicherung der Kläger, bei der das Wahlrecht auf Kapital-Auszahlung ausgeschlossen sei, so daß Leistungen nur als Rente anfallen könnten. Zur Begründung verwiesen die Kläger auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Juli 1981 (VIII R 32/80, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 1982, 41). In dem Versicherungsvertrag mit der Nummer … zwischen dem Kläger und der „…”, der auf den 1. Dezember 1984 abgeschlossen worden ist, vereinbarte der Kläger eine Leibrente gegen Zahlung eines Einmalbeitrags von 142.183 DM. Den Einmalbetrag erbrachte der Kläger größtenteils, nämlich in Höhe von 130.809 DM durch ein sog. Policendarlehen, welches die Versicherungsgesellschaft ihm unter Bezugnahme auf die Leibrentenversicherung Nr. … und eine Lebensversicherung Nr. … gewährt hatte. Dazu teilte die Darlehensgeberin dem Kläger am 18. Februar 1985 folgendes mit:
„Sie haben ein Policendarlehen in Höhe von DM 130.809,– DM aus Ihrer Leibrentenversicherung beantragt. Wir sind bereit, dieses Darlehen gegen einen Zins von zur Zeit 7,75% zu gewähren. Sämtliche Zinsen sind jährlich im voraus zu entrichten. Für Ihre Zahlung zu Beginn des 1. Versicherungsjahres ergibt sich folgende Abrechnung:
Einmalbeitrag |
DM 142.183,– |
abzüglich Policendarlehen |
DM 130.809,– |
Differenz |
DM 11.374,– |
zuzüglich Zinsen auf das Policendarlehen für 1 Jahr |
DM 10.137,70 |
Geschäftsgebühr |
15,– |
zuzüglich Einlösungsbeitrag zur Lebensversicherung |
DM 6.605,90 |
zu zahlender Betrag |
DM 28.132,60 |
Bitte überweisen Sie diesen Betrag unter Angabe beider Versicherungsnummern umgehend … Erst danach können die Versicherungsverträge und die Vereinbarung über das Policendarlehen in Kraft treten.
Zum Nachweis der steuerlichen Abziehbarkeit der Darlehenszinsen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen in Form von Leibrenten i. S. vom § 22 EStG (BFH 21.07.1981, BStBl. II 1982 S. 41) bestätigen wir Ihnen, daß das Darlehen ausschließlich zur Finanzierung des Einmalbeitrages für Ihre Rentenversicherung verwendet wird und daß diese Rentenversicherung aufgrund des vertraglichen Ausschlusses des Kapitalwahlrechts und der vereinbarten Verrechnung sämtlicher Überschußanteile ausschließlich Leistungen in Gestalt von Rentenbezügen vorsieht.”
Daneben schloß der Kläger bei der gleichen Gesellschaft ebenfalls auf den 1. Dezember 1984 unter der Nr. … eine Lebensversicherung ab. Als besondere Vereinbarung ist folgendes aufgeführt:
„In Änderung von Paragraph 16 (4) der allgemeinen Versicherungsbedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung werden die jährlichen Überschußanteile zur Abkürzung der Versicherungsdauer verwendet. Die Überschußanteile erhöhen geschäftsplanmäßig das Deckungskapital der Versicherung und damit den Rückkaufswert und die beitragsfreie Summe, nicht hingegen die Leistung im Todesfall.”
Der Einspruch blieb hinsichtlich der Streitfrage erfolglos. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Schuldzinsen könnten nicht als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften abgezogen werden, weil bei der im Streitfalle vorliegenden privaten Versicherungsrente -anders als bei den der zitierten BFH – Entscheidung vom 27. Juli 1981 VIII R 32/80 (a.a.O.) zugrundeliegenden Sozialversicherungsrenten – ke...