Entscheidungsstichwort (Thema)
Anzeigepflicht bei Erbfällen: Eintritt der Festsetzungsverjährung
Leitsatz (redaktionell)
Dem Erben obliegt die Pflicht, seinen Erwerb nach § 30 Abs. 1 ErbStG beim Finanzamt schriftlich anzuzeigen. Anzeigen des Standesamtes, der Banken und Versicherung sowie des Nachlassgerichts berühren die Anzeigepflicht des Erben als Erwerber nicht.
Normenkette
ErbStG § 30 Abs. 1; AO §§ 170, 169
Tatbestand
Streitig ist, ob im Erlasszeitpunkt des Erbschaftsteuerbescheides bereits Festsetzungsverjährung gegenüber dem Kläger eingetreten war.
Am 14.04.2006 verstarb D., der Vater des Klägers.
I.
Die Sterbefallmitteilung des Standesamtes A-Stadt wurde dem Finanzamt übermittelt. Sie wies Namen und Anschriften der Ehegattin des Erblassers sowie seiner Kinder – u.a. des Klägers – aus und enthielt unter der Rubrik Nachlass als Grundvermögen "1/2 Haus in A-Stadt, Weg 1". Die Sterbefallmitteilung wurde mit den Stempeln "Freibeleg" und "Vorprüffall" versehen, der Stempel "Freibeleg" ist mehrfach durchgestrichen.
Beim beklagten Finanzamt gingen Anzeigen nach § 33 ErbStG ein wie folgt:
20.04.2006 |
Bank 1 |
4.154 € zzgl. Zinsen |
20.04.2006 |
Bank A-Stadt |
54.568,09 € zzgl. Zinsen, (davon 50.747,81 € zzgl. Zinsen auf Gemeinschaftskonten) |
16.05.2006 |
E |
4.037,19 € (bezugsberechtigt im Todesfall: Ehefrau.) |
Am 23.01.2007 verfügte das Finanzamt C die Steuerfreiheit des Erbfalls gemäß § 16 Abs. 1 Ziff. 1+2 ErbStG sowie die Ablage der Anzeigen zu den Freibelegen.
In der Folgezeit ging noch folgende Meldung beim Finanzamt C ein:
15.02.2008 |
Bausparkasse |
98.395,99 € zzgl. Zinsen |
II.
Mit Schreiben vom 20.09.2010, eingegangen beim Finanzamt C am 30.09.2010, übermittelte das A-Stadt einen notariellen Erbscheinsantrag mit eidesstattlicher Versicherung vom 23.08.2006 (URNr. ….2006, Notar F, A-Stadt), einen Erbschein vom 30.10.2006 sowie das Nachlassverzeichnis vom 04.09.2006. Ausweislich des Erbscheinsantrags sowie des Erbscheins wurde der Erblasser aufgrund gesetzlicher Erbfolge von seiner Ehefrau zu ½ und seinen beiden Söhnen – dem Kläger und dessen Bruder I – zu jeweils ¼ beerbt. Das Nachlassverzeichnis weist ein Nachlassvermögen aus wie folgt:
Bargeld |
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2.500 € |
In- und ausländische Guthaben bei Sparkassen etc. |
131.856 € |
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Bank A-Stadt |
21.464,80 € |
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Mietkautionskonto |
3.909,11 € |
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Bank A-Stadt |
3.820,28 € |
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Bank 1 |
4.154,46 € |
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Bausparkasse |
98.323,90 € |
Darlehen an Firma G |
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10.000 € |
Grundstücke |
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2 |
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3 |
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Immobilien |
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Weg 1 (1/2-Anteil) |
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Str. 9 |
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Str. 11 |
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Str. 2. |
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Beerdigungskosten/Grabsteinkosten |
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7.500 € |
Als Wert der Grundstücke setzte das Nachlassgericht einen Betrag von insgesamt 1.162.766,80 € an und ermittelte hinsichtlich der Grundstücke u.a. wie folgt:
2 (Bauplatz zu 905 m²)
3 (Bauplatz zu 970 m²)
A-Stadt, Weg 1 (1/2-Anteil, EFH, Grund 896 m², BJ 1970)
A-Stadt, Str. 9 (EFH, BJ 1980, Grund 522 m²)
A-Stadt, Str. 11 (Drei-Familien-Haus mit 3 MEA, Grund 574 m², BJ 1992)
A-Stadt, Str. 2. (Wohnung Nr. 104 + 105, Tiefgarage Nr. 7,
insg. 124/10.000tel MEA, BJ 1970)
III.
Das Finanzamt forderte die Miterbin Ehefrau mit Schreiben vom 06.10.2010 zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung für den Erwerb aufgrund des Ablebens von D auf und verlängerte auf Antrag die Abgabefrist bis 30.11.2010. Außerdem bat es zur Ermittlung der Werte der Vorschenkungen des Erblassers u.a. an den Kläger vom 16.12.2004 (S-A.) die Ehefrau um Einreichung einer Feststellungserklärung mit Anlage Grundstück:
Mit notariellem Vertrag vom 16.12.2004 (URNr. F …./2004, Notar H, A-Stadt) hatte der Erblasser dem Kläger das vermietete Grundstück Str. 10b (Gebäude- und Freifläche zu 396 m²) unentgeltlich überlassen und sich auf Lebensdauer sowie zugunsten von Ehefrau aufschiebend bedingt den Nießbrauch vorbehalten. Der Kläger hatte sich den Wert dieser Überlassung auf seine Pflichtteilsansprüche nach dem Erblasser anrechnen zu lassen, jedoch ausdrücklich nicht zur Ausgleichung zu bringen. Der damaligen Kostenberechnung des Notars hatte ein Wert von 211.700 € zugrunde gelegen. Das Finanzamt hatte am 30.12.2004 die Steuerfreiheit dieses (Vor-)Erwerbs nach § 16 Abs. 1 Ziff. 2 ErbStG und dessen Ablage zu den Freibelegen verfügt. Mit Bescheid vom 20.01.2011 stellte das Finanzamt A-Stadt nach Aufforderung vom 02.12.2010 für dieses Grundstück einen Grundbesitzwert auf den 31.12.2004 "für Zwecke der Schenkungsteuer, Steuernummer: S. xxx, Anfrage vom 02.12.2010" in Höhe von 176.000 € fest und minderte diesen Wert im dortigen Einspruchsverfahren mit Bescheid vom 10.04.2012 auf 141.000 €; der Änderungsbescheid enthielt den Hinweis nach § 181 Abs. 5 AO.
Beim beklagten Finanzamt gingen in dem Verfahren wegen Erbschaftsteuer Anschreiben und Erklärungen ein wie folgt:
Eingang beim Finanzamt |
Schreiben vom |
Unterzeichnet von |
Anlagen |
Unterzeichnet von |
Telefax 29.11.2010 (16.14 Uhr) |
29.11.10 |
Ehefrau |
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Telefax 29.11.2010 (16.39 Uhr) |
29.11.10 |
Ehefrau |
2 Seiten Erklärung zur Feststellung des Bedarfswertes |
Ehefrau |
Telefax 29.11.2010 (16.56 Uhr) |
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3 Rückseiten Erklärung zur Feststellung des Bedarfswertes |
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Telefax 30.11.2010 (14.00 Uhr) |
30.11.2010 |
Ehe... |