Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzug für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als vorweggenommene Werbungskosten bei Ruhestandsversetzung einer Lehrerin wegen Dienstunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Versorgungsbezüge einer in den Ruhestand versetzten Lehrerin sind nachträgliches Entgelt für die vor der Ruhestandsversetzung geleisteten Dienste. Aufwendungen für die berufliche Fortbildung sind in diesem Fall regelmäßig nicht auf die Erzielung von Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit gerichtet.
Auch für den Fall der Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit und der damit abstrakt bestehenden Möglichkeit der Reaktivierung können Aufwendungen für die berufliche Fortbildung nur dann zu vorweggenommenen Werbungskosten führen, wenn mit einer Reaktivierung nach Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten zu rechnen ist.
Die in § 4 Abs. 5 Nr. 6b Sätze 2 und 3 EStG normierten Ausnahmen vom Abzugsverbot der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und damit die Berücksichtigung als Werbungskosten setzen in der Regel wohl ein aktives Beschäftigungsverhältnis voraus, weil die angestrebte berufliche Tätigkeit nicht durch die berufliche Weiterbildung während des (vorübergehenden) Ruhestands ersetzt wird bzw. bei Berücksichtigung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 5 EStG eine Berufsausbildung oder Weiterbildung voraus. Nur dann können die Ausnahmetatbestände vorliegen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für ein Arbeitszimmer auch bei einer wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzten Lehrerin als Werbungskosten anzuerkennen sind.
Die Klägerin wurde im Wege des Zwangspensionierungsverfahrens nach Art. 58 BayBG in den Ruhestand versetzt. Seit 01.09.1996 bezieht sie Versorgungsbezüge. Am xx.xx.1999 verstarb ihr Ehemann. In der Einkommensteuererklärung 1999, in der sie die Zusammenveranlagung wählte, machte sie Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 3.698 DM geltend. Mit Bescheid vom 08.11.2000 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 1999 auf 2.194 DM fest. Der Bescheid erging nach § 165 Abs. 2 AO teilweise vorläufig. Aus den Erläuterungen dazu ergibt sich folgendes:
„Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer einschließlich dessen Ausstattung sowie die sonstigen Werbungskosten konnten nicht mehr berücksichtigt werden, weil eine aktive berufliche Tätigkeit nicht mehr vorliegt. Die Werbungskosten der Ehefrau sind durch den Arbeitnehmerpauschbetrag abgegolten.“
Der eingelegte Einspruch, mit dem die Klägerin u.a. die Anerkennung der Aufwendungen für das Arbeitszimmer als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit beantragte, hatte nur insoweit Erfolg, als in der Einspruchsentscheidung vom 23.05.2001 die Einkommensteuer 1999 auf 2.108 DM herabgesetzt wurde. Die Herabsetzung beruhte auf der Anerkennung von 390 DM Steuerberatungskosten.
Mit ihrer Klage beantragt sie, den Bescheid vom 08.11.2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.05.2001 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer 1999 auf 1.286 DM herabgesetzt wird.
Zur Begründung trägt sie hierzu vor, sie sei wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden und könne grundsätzlich bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wieder in ihr früheres aktives Beamtenverhältnis berufen werden. Auch nach ihrer Ruhestandsversetzung nutze sie das vorhandene Arbeitszimmer fast ausschließlich für berufliche Zwecke, z. B. Studium der umfangreichen pädagogischen Fachliteratur einschl. der Lehrerfortbildung. Sie nutze das Arbeitszimmer, um ihr Wissen im bisher ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu halten und sich auf einen beruflichen Wiedereinstieg als Lehrerin, der bei Wiedererlangung der Dienstfähigkeit möglich sei, vorzubereiten.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 23.05.2001. Darin hat es ausgeführt, dass eine ausschließlich oder nahezu ausschließlich berufliche Nutzung des Arbeitszimmers im Streitfall nicht erkennbar sei. Die Klägerin, die sich im einstweiligen Ruhestand befinde, sei im Streitjahr mit laufenden, zeitintensiven Tätigkeiten, die üblicherweise von Lehrern im Arbeitszimmer verrichtet werden, nicht befasst gewesen. Auch der Hinweis, dass das Arbeitszimmer für die berufliche Weiterbildung genutzt werde, sei nicht geeignet, die ausschließliche oder nahezu ausschließlich berufliche Nutzung des Arbeitszimmers nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Bei einer nur geringen beruflichen Nutzung falle auch eine daneben bestehende geringe private Nutzung in einem Maß ins Gewicht, dass eine private Nutzung nicht mehr als untergeordnet angesehen werden könne und somit der Abzug der Aufwendungen ausgeschlossen sei.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung durch den zum Berichterstatter bestellten Richter anstelle des Senats und mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden, §§ 79a Abs. 3 und 4, 90 Abs. 2 FGO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegrün...